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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett
Autoren: Jerome Charyn
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abknallen sollte, würden sie ihm nicht nachtrauern. Sie schätzten den Wunderknaben in ihren Reihen nicht besonders. Der First Deputy hatte ihnen Coen auf den Schoß gesetzt. Ein Team ohne Coen wäre ihnen lieber gewesen. Wenn es um Ohrfeigen und schmutzige Detektivarbeit ging, konnten sie sich auf Brown verlassen. Coen hatte in der Abteilung des First Deputy seinen Rabbi verloren, und seine neuen Chefs konnten ihn gar nicht schnell genug wieder loswerden. Sie schubsten ihn von einem Revier zum anderen. Trotzdem musste man in seiner Gegenwart aufpassen, was man sagte. Vielleicht hielten die Chefs sich Coen warm. Nur ein Geistesgestörter würde sich bei einem ehemaligen Schleimer gehenlassen.
    Daher richteten sich ihre Hoffnungen auf Chino. Der Chinese hatte gelobt, Coens Hirn gegrillt zu servieren. Als Sohn eines kreolischen Vaters und einer chinesischen Mami war er eigen, und es war nicht drin, dass ein blonder Polizeibeamter sein Gesicht berührte. Coen hatte ihn vor seinen Kunden gedemütigt. Die Spieler aus Chinatown hatten ihn engagiert, um ihre verbotenen Glücksspiele betreiben zu können. Ganz vorn rangierte das Spiel mit den Kugeln unter den Muscheln. Chino stand auf gutem Fuß mit dem zuständigen Revier. Keiner der Spieler, denen er Schutz zugesichert hatte, wurde je bei einer Razzia erwischt. Doch dann war ein Schnüffler vom Büro des District Attorney gekommen. Ein chinesischer Gentleman, der unter Chinos Aufsicht spielte, wurde in Port Jervis, New York, wegen Mordes gesucht und daher hatten DeFalco, Coen und drei Uniformierte das Spiel mit einem Vorschlaghammer, zwei goldenen Dienstabzeichen und Coens Einkaufstasche beendet. Sie waren durch eine Hintertür in die Wäscherei eingedrungen, in der das Spiel gerade im Gange war, hatten alle Chinesen durchsucht und die Kugeln des Spiels im ganzen Raum verstreut. Sie beschlagnahmten zwölftausendundacht Dollar in bar. Chino kochte vor Wut, als er die Arme hinter dem Kopf verschränken musste. Als Coen seine Taschen durchsuchte, warf er sich auf ihn. Coens Schlag mit einem Knöchel hinterließ eine Platzwunde auf Chinos Backe. Im Revier weigerte er sich, Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Coen ließ Chinos Handgelenk auf das Stempelkissen plumpsen und lochte ihn eigenhändig ein, während DeFalco die Spieler in den Verhörraum brachte. Chino spuckte durch die Stäbe. Arnold der Spanier, der vor seinem Rausschmiss die Zelle bewacht hatte, bot Chino an, ihm ein Kopfkissen und einen Stuhl zu verkaufen. Chino spuckte etwas höher. Der Spanier lief um den Käfig herum und wedelte Chino mit seinen Eiern zu. Ein Assistent des District Attorney warf einen Blick durch den einseitigen Spiegel, der an der Außenseite des Verhörraums angebracht war. Er riet DeFalco, so zu tun, als ob die Mordkommission das falsche Schlitzauge eingebuchtet hätte. Vom Telefon in der ersten Etage aus riefen die Chinesen ihre »Leibeigenen« an.
    Fünf Stunden später war Chino wieder auf freiem Fuß, aber die Razzia hatte seiner Glaubwürdigkeit Abbruch getan. Die Spieler fühlten sich nicht länger immun, solange Chino sich in ihren Räumlichkeiten aufhielt. Einmal wöchentlich rief er beim Revier an. Er wollte Coen sprechen. »Sagt Blue Eyes, dass Chino Reyes ihn nicht vergessen hat.« Er fing an, Zeitungsstände und Taxis in Coens Bezirk auseinanderzunehmen. Er hoffte, auf die Weise das ganze Revier in Verlegenheit zu bringen. In seiner Rage und seinem Übereifer beulte er einigen Taxifahrern die Köpfe ein. Coen trug sein Schießeisen seither in einer Einkaufstasche zur Arbeit.
    Sie hielten in der Clinton Street und ließen Arnold im Wagen sitzen. Rosenheim rüttelte an Arnolds Handschellen. »Das wird gefährlich, Spanier. Du willst doch nicht, dass Chino erfährt, wer ihn verpfiffen hat.«
    Coen griff in seine Einkaufstasche. Arnold konnte seinen Blick nicht einfangen. Trübsinnig ließ er den Kopf hängen und ahmte das Rauschen und Piepsen des Polizeifunks nach. »Sektion neun, Henry. Gehen sie sieben null fünf Delancey nach. Kind liegt in Krämpfen. Nachricht an Zentrale, ob Krankenwagen benötigt wird … Sektor sieben, George. Verdächtige Frau streift durch Battery Park.«
    Rosenheim begab sich zum Seiteneingang der Bar und reinigte sich müßig die Nägel. Coen, Brown und DeFalco stürmten den vorderen Eingang. Sie zogen keine Waffen, aber Coen hatte eine Hand in der Einkaufstasche. Bummy Gilman stand vor dem Waschbecken, als er sie sah. Er seifte sich die Hände ein und
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