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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe
Autoren: Dagmar Clemens
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sagte nur, ich habe nur noch Platz für die Stute, weil ich sie nicht entmutigen wollte. Sie konnten den Wallach dann an einen Mann verkaufen. Er wird nicht viel Freude an ihm haben.«
    »Wieso? Was ist denn mit ihm?«
    Er schilderte die Probleme des Tieres, aber sie hörte nicht zu. Sie genoss die Wärme, die der Rum in ihrem Magen bewirkte, freute sich aufs Bett und darauf, dass sie drei Wochen nicht zur Arbeit musste.
    »Dabei ist er auch noch total überbaut.«
    Gerechte Empörung schwang in Tims Stimme mit.
    »Überbaut?«
    »Ein Pferd ist überbaut, wenn bei ihm der höchste Punkt der Kruppe höher als der höchste Punkt des Widerristes liegt.«
    Sie musste zugeben, dass er sich professionell anhörte und fragte sich gleichzeitig, wieso sie so wenig von seiner Welt wusste.
    Ein entferntes Wiehern war zu hören. Tim stand sofort auf.
    »Sicher Cora. Ich sehe schnell nach ihr, willst du mitkommen?«
    »Nein, jetzt nicht mehr.«
    Sie wollte jetzt auf keinen Fall in einen dunklen, zugigen Stall gehen. Tim verschwand und sie nahm noch einen Schluck. Neben dem Fenster hingen drei Fotos untereinander. Eines zeigte Tim und Nina und ein braunes Pferd mit lustiger Zeichnung auf der Stirn. Auf einem anderen Foto saß Nina auf einem dunklen Pferd, das gerade über ein Hindernis setzte. Auf dem dritten Foto stand Tim zwischen zwei Pferden und grinste in die Kamera.
    Die beiden waren immer noch Kindsköpfe. Was mochte nur vorgefallen sein? Sie nahm sich noch eine Tasse Tee und den dazugehörenden Schuss Rum. Die Küche war wirklich gemütlich, so ganz anders als Viktors supermoderne Küche mit den hellen glänzenden Schränken und der optimalen Beleuchtung.
    Sie umfasste die Tasse mit beiden Händen, obwohl sie nicht mehr fror.
    Viktor. Was würde er sagen, wenn er sie hier sehen könnte? Sie hatte ihn vor ihrer Abfahrt tatsächlich nicht mehr gesehen. Und angerufen hatte er auch nicht. Er wusste nicht, wo sie war. Recht so. Ihr Verschwinden würde er natürlich mit ihrem Streit in Verbindung bringen, wie er immer alles mit seiner Person in Verbindung brachte. Sollte er doch ruhig schmoren.
    Sie trank den Rest aus. Viktor war anstrengend mit seinen dauernden Planungen. Ihm fehlte so jegliche Leichtigkeit. Ein Schluckauf meldete sich.
    Viktor würde sie sicher für betrunken halten. Sollte er doch.
    Tim kam zurück, rieb sich die Hände und sagte: »Kann nicht mehr lange dauern. Ich habe Alex schon informiert.«
    »Alex?«
    »Der Tierarzt, übrigens auch ein Deutscher.«
    »Wie verständigst du dich hier eigentlich?«, fragte sie und merkte, dass ihr das Artikulieren zunehmend schwerfiel.
    »Oh, ich habe ein wenig Irisch gelernt, ansonsten spreche ich englisch. Die meisten Leute hier sprechen etwas Englisch.«
    Sie war beruhigt.
    »Einige meiner Bekannten oder Geschäftspartner sind Deutsche. Und du weißt ja, wenn man im Land lebt, lernt man auch schnell die Sprache. Wenn du dich ein wenig bemühst, wirst du schnell Irisch lernen.«
    Das bezweifelte sie, so lange würde sie kaum bleiben.
    »Ich bin gespannt auf das Fohlen«, sagte er nun. »Der Hengst ist einfach spitze. Hat jede Menge toller Springer hervorgebracht.«
    Springpferde meinte er sicher.
    »Und Cora hat auch Talent. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich nicht ein Superfohlen bekommen würde. Ich habe sie übrigens für die nächste Deckstation schon angemeldet.«
    Deckstation. Da, wo der Hengst stand? Auch etwas, was sie nicht wusste. Als Tim damals Reitunterricht nehmen durfte, wollte sie nicht mit. Die großen Tiere machten ihr Angst. Und sie befürchtete, herunterzufallen und unter die Hufe zu geraten. Sie hatte einmal einen Film gesehen, einen Western, in dem eine Frau beim Sturz vom Pferd mit einem Fuß im Steigbügel hängen blieb und zu Tode geschleift wurde. Eine schreckliche Vorstellung. Sie versuchte gar nicht erst, reiten zu lernen.
    »Das meint Piet übrigens auch.«
    Sie hatte wieder nicht zugehört.
    »Piet?«
    »Ja, morgen lernst du ihn kennen. Er hilft mir im Stall, spricht aber nur Irisch. Ich brenne schon darauf, dir alles zu zeigen. Wir haben hier in unmittelbarer Nähe sogar einen kleinen See.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Seltsamerweise denken viele Leute, hier in Irland sei es einsam. Aber das stimmt nicht. Obwohl der Hof etwas abgelegen liegt, ist man hier nicht alleine. Außerdem grenzt das Land des nächsten Nachbarn an meines.«
    Schlagartig fielen ihr die Augen zu.
    »Tim, ich muss ins Bett. Morgen können wir reden, aber jetzt
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