Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat
Autoren: Suzanne Forster
Vom Netzwerk:
schockierender für Mattie als Tansys Hass.
    Bei der Erkenntnis, wie sehr sie allein seine Unterstützung und seine Freundschaft brauchte, schmerzte Mattie das Herz. Bis zu diesem Punkt in ihrem Leben hatte sie jede Katastrophe allein bewältigen können, manchmal gemeinsam mit ihren Freundinnen, aber immer mit dem Gefühl, dass sie verantwortlich für ihre Sicherheit war. Mattie, der Pitbull, Mattie, die Amazone. Sie hatte Ivy beschützt, Jane, sogar Breeze. Jameson, Ronald Langston und natürlich Jaydee. Jeden in ihrem Leben hatte Mattie beschützt.
    Diese Katastrophe hingegen war anders, in einer Hinsicht, die Mattie noch nicht begriffen hatte. Der innere Aufruhr hatte den Panzer um ihren berühmten eisernen Willen eingerissen und sie verändert. Sie war jetzt abhängig von Menschen, sie brauchte sie. In den Tiefen ihres Seins spürte sie dieses Bedürfnis, und Jameson gehörte zu den Menschen, ohne die Mattie es nicht schaffte.
    Die Augenbinde funktionierte nicht mehr. Mattie war erwachsen geworden.
    Auch sie hatte mit Jameson gelitten, als er die Tortur vor Gericht durchstand. Sie waren beide als Zeugen in der Anhörung aufgetreten, aber ihre Aussagen hatten die Geschworenen nicht davon überzeugt, dass Tansy wegen Entführung angeklagt werden sollte. Gott sei Dank stand Tansy wegen Mordversuchs unter Anklage. Den hatte sie begangen, als Jameson aus dem Kofferraum von Matties Auto geflüchtet war. Für die Qualen allerdings, die Tansy Jameson während der Entführung zugefügt hatte, würde sie nicht bestraft werden.
    Es machte Mattie traurig. Ausgerechnet der Mann, der sich so stark dafür einsetzte, dass anderen Gerechtigkeit widerfuhr, hatte selbst kein Recht bekommen.
    Die Stimme des Anwalts holte Mattie zurück ins Geschehen. "Ist es nicht so gewesen, Richterin Smith", sagte er und griff sie von einer anderen Seite an, "dass ihr Knie nachgegeben hat? Sie sind vor Schmerzen zu Boden gefallen und konnten nichts mehr sehen, nicht wahr? Ja oder nein, Richterin Smith?"
    Mattie saß in der Falle. Jede Antwort würde seine Annahme bestätigen, dass sie nichts gesehen hatte. Nach kurzem Zögern warf Mattie einen Blick zu dem Tisch der Anklage und wartete auf einen Einspruch, der nicht kam. Der Assistent des Staatsanwalts und sein Berater waren in ein Gespräch verstrickt.
    "Ja oder nein, Richterin Smith. Was denn nun?"
    "Ich bin früher gefallen", antwortete Mattie. "Ich lag am Boden und habe gesehen …"
    Er schnitt Mattie mit einer Handbewegung das Wort ab. "Danke, Euer Ehren. Das ist alles."
    Trotzdem sprach Mattie weiter, nur nicht zu ihm. Sie richtete sich direkt an die Geschworenen. "David Grace bat Tansy Black um die Waffe, und sie hat ihn kaltblütig erschossen, ihren eigenen Vater. Ich habe
alles
gesehen. Ich sah, wie er stürzte, ich sah, wie er blutete und ich sah, wie er starb."
    Der Anwalt wirbelte zu Mattie herum und schoss ihr einen Blick zu, der fast so furchterregend wie der von Tansy war. Beiden hätte Mattie nicht in einer dunklen Gasse begegnen wollen.
    "Euer Ehren, ich möchte das streichen lassen", rief er.
    Während sich der Verteidiger über Matties unerhörte Tricks im Gerichtssaal ausließ, warf sie noch einen Blick zu Jameson. Sie konnte einfach nicht anders. Diesmal lächelte er und hob den Daumen.
    Das bedeutete ihr mehr, als er ahnen konnte.
    * * *
    Zwei Monate später
    "Ruhe im Gericht!" Der Hammer fiel mehrere Male, als der Richter versuchte, den beinah überfüllten Gerichtssaal zum Schweigen zu bringen. "Das Urteil wird nicht verlesen, bis ich hier eine Stecknadel fallen und dreimal auf dem Boden aufschlagen hören kann. Nehmen Sie bitte Platz."
    Hinten in der Galerie saß Jameson und warf einen Blick auf die Uhr. Nur vier Stunden hatten die Geschworenen gebraucht, um sich zu beraten. Sie waren schnell zu einer Entscheidung gekommen, Jameson wusste nicht, ob das gut oder schlecht war. Er konnte aus der Entfernung sehen, wie Mattie Smith ebenfalls einen Blick auf die Uhr warf.
    Sie wirkte zerbrechlich auf ihn, so als hätte sie Gewicht verloren und wahrscheinlich sogar noch etwas Essentielleres als das, einen Orientierungssinn oder Lebensinhalt. Wahrscheinlich war es nur Einbildung. Seit geraumer Zeit hatte Jameson nicht mehr mit ihr gesprochen. Sie rief nicht mehr an, und die Distanz zwischen ihnen erschien ihm allmählich unüberwindbar. Er hatte nicht aufgehört, an sie zu denken, wollte sich aber nicht aufdrängen und war beschäftigt gewesen.
    Das Buch über Billy zu beenden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher