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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott
Autoren: Eric Ambler
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seinem Geschick die peinliche Situation des Vormittags bereinigt hatte.
    Wenn nun alles dabei geblieben wäre – bei einer ohne jede Reserve gegebenen Entschuldigung und deren vorbehaltloser Akzeptierung –, hätte sich das Verhältnis zwischen Jost und Brand wahrscheinlich nicht so entwickelt, wie es dann tatsächlich kam. Vielleicht hätten sie sich noch eine Weile schmunzelnd daran erinnert, aber sonst hätte es keine Folgen gehabt.
    Aber es blieb nicht dabei, denn der Vorgesetzte des Majors hielt es für klug und angebracht, sich seinerseits persönlich bei den beiden Ausländern zu entschuldigen. »Denn schließlich«, so erklärte er dem Major, »wissen wir nicht, ob sie nicht den Dolch im Gewande tragen, ob sie nicht doch noch etwas im Schilde führen. Auch wenn sie so tun, als hätten sie alles vergeben und vergessen, haben sie doch nicht erkennen lassen, daß sie sich nicht in aller Form beschweren wollen. Nein, wir dürfen nichts dem Zufall überlassen. Ich will die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.« Am Abend ließ er sie nach dem Ende der Sitzung in sein Büro bitten, damit sie ihre Ausweise in Empfang nähmen und quittierten.
    Er war ein hochdekorierter Oberst; auf der Brust trug er zwei Ordensspangen, die damals im Landserjargon der Army schlicht ›Spinat‹ genannt wurden. Nachdem er ihnen die neuen Pässe ausgehändigt hatte, lud er sie zu einem Glas Whisky ein. Sie nahmen an. Dann setzte er zu einer Entschuldigungsrede an, die damit begann, daß er mit wenigen, aber verwirrenden Worten die Prozedur beschrieb, die mit der Ausstellung eines Passes verbunden ist, und damit endete, daß er ihnen einen weitschweifigen Überblick über die Sicherheitsprobleme gab, denen er hier gegenübergestellt war; er habe, so meinte er, in der Tat eine schwierige, verantwortungsvolle und undankbare Aufgabe zu erfüllen. Zum Schluß hatte er schließlich klargemacht, daß er sich als das wirkliche Opfer der Schlamperei betrachtete, und durchblicken lassen, daß seiner Ansicht nach sie selbst sich einen Großteil der Unannehmlichkeiten des Vormittags zuzuschreiben hatten.
    »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln, »aber man sagte mir, Ihre fremden Uniformen hätten den Posten am äußeren Tor veranlaßt, Ihre Ausweise mit größter Genauigkeit zu überprüfen. Damit möchte ich nicht sagen, daß Sie ohne strenge Prüfung Einlaß gefunden hätten – dann wären bestimmt ein paar Köpfe hier gerollt, das können Sie mir glauben –, aber dann hätten Sie es nicht mit diesen Tölpeln von der MP zu tun gehabt, sondern mit meinen Leuten.«
    »Aber sicherlich haben doch auch unsere Attachés diesen Konferenzen in Uniform beigewohnt«, antwortete Jost so gelassen wie möglich.
    »Natürlich, das haben sie. Aber Ihr Attaché ist Marineoffizier, und Ihrer« – dabei sah er Brand an – »hat einen Erlaubnisschein für unsere PX-Läden; er trägt eine amerikanische Khaki-Uniform. Natürlich hat er seine eigenen Spiegel und Rangabzeichen darangenäht, aber wenn man ihn nicht genau und aus der Nähe betrachtet, könnte man ihn ohne weiteres für einen GI halten.«
    »Wahrscheinlich sind unsere Uniformen nur dort bekannt, wo tatsächlich gekämpft wird«, erwiderte Brand kalt.
    Ihr Gastgeber freilich ließ sich damit nicht aus der Fassung bringen. »Daran will ich nicht zweifeln, Herr Oberst. Ich möchte nur, daß Sie mich nicht falsch verstehen. Wir haben hier nun einmal das Problem mit all diesen ausländischen Uniformen. Wir wissen es, und wir versuchen, es aus der Welt zu schaffen. Sie haben sicher die NATO-Wandtafeln gesehen – Uniformen, Rangabzeichen, Orden, Flaggen in Massen. Aber es ist schwierig. Im letzten Monat kam einer in der verrücktesten Phantasieuniform an, die man sich nur vorstellen kann. Er hätte alles mögliche sein können, peruanischer Feldmarschall, Rausschmeißer in einem Striptease-Lokal – einfach alles. Tatsächlich war es ein italienischer Hauptmann; sie tragen da unten so bombastische Klamotten. Es ist wirklich ein Problem – aber eines kann ich Ihnen versprechen: Es ist ein Problem, das sich auf Sie, meine Herren, nicht wieder auswirken wird. Auf Ihr Wohl, meine Herren!«
    So rasch sie konnten, verabschiedeten sie sich, um gemeinsam mit einem Dienstwagen in die Stadt zurückzufahren.
    Eine Weile schwiegen sie verärgert. Endlich räusperte sich Jost.
    »Eine Behauptung mit doppeltem Boden.«
    Brand sah ihn an.
    Jost räusperte sich noch
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