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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott
Autoren: Eric Ambler
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Nachrichtenwesens angemessen. Als die Entwicklung der North Atlantic Treaty Organization die Schaffung der von ihnen nun eingenommenen Posten notwendig machte, hielt man sie für die geeignetsten Bewerber. Da sie keine Vorgänger hatten, waren sie nicht an fest eingefahrene Geleise gebunden. Vom ersten Augenblick an waren sie so selbständig, wie man nur sein kann.
    Mit ihrer Ernennung wurden sie automatisch gleichberechtigte Mitglieder innerhalb eines ständigen Nachrichtenkomitees der NATO, in dem ihre Länder zuvor nur durch ihre Militärattachés vertreten gewesen waren. Zu dieser Zeit wurden die vierteljährlichen, drei Tage dauernden Konferenzen in einer amerikanischen Army Base zwanzig Kilometer außerhalb von Paris abgehalten. Die Sicherheitsvorkehrungen für diese unter strengster Geheimhaltung stattfindenden Treffen lagen in den Händen der Amerikaner.
    Als Jost und Brand zum erstenmal an einer solchen Konferenz teilnahmen, wurden sie von ihren Pariser Botschaften betreut. Beide hatten schon die Sicherheitsprüfung der höchsten Geheimhaltungsstufe innerhalb der NATO, den »Cosmic-Test« { * } , hinter sich gebracht. Um aber Zutritt zur Militärbasis und zu den hermetisch abgeriegelten Konferenzräumen innerhalb des Sperrbezirks zu bekommen, mußten ihnen ihre Botschaften bei den Amerikanern die hierzu notwendigen Sonderausweise besorgen. Sie wurden ihnen persönlich von einem amerikanischen Verbindungsoffizier ausgehändigt.
    Am Vormittag des ersten Konferenztages wurden Jost und Brand um acht Uhr dreißig von Dienstwagen der amerikanischen Armee in ihren Botschaftsgebäuden abgeholt und zur Army Base gefahren. Beide trugen Uniform. Im Abstand von zwei Minuten trafen sie gegen neun Uhr fünfzehn am Tor ein; um neun Uhr dreißig waren beide verhaftet – jedenfalls standen sie unter bewaffneter Aufsicht, wurden in einem Wachraum festgehalten und von einem amerikanischen MP-Leutnant verhört, der ihnen in höchst beleidigenden Worten vorwarf, Pressereporter zu sein.
     
    Allem Anschein nach hatte der Leutnant in jüngster Zeit üble Erfahrungen mit allzu unternehmungslustigen ausländischen Reportern machen müssen, was offenbar einen strengen Verweis seines Vorgesetzten zur Folge gehabt hatte. Aber er hatte seine Lehre daraus gezogen. Jetzt, so behauptete er, könne er einen Zeitungsmann eine Meile gegen den Wind riechen. Um seine Meinung über die beiden verdutzten Obersten auszudrücken, verwendete er einen Schwall unflätiger Worte; er schrie ihre Proteste nieder und machte ihnen klar, was er mit eigenen Händen aus ihnen machen wollte. Fast zehn Minuten verstrichen, bis ein Hauptmann der Sicherheitsabteilung erschien, um die Ermittlungen selbst fortzuführen.
    Der Hauptmann, im zivilen Leben Polizeioffizier, befahl dem Leutnant zu schweigen, stellte eine Reihe detaillierter Fragen, erhielt ebenso viele detaillierte Antworten, und nun wurde die Ursache des Mißverständnisses klar. Für die für Jost und Brand ausgestellten Sonderausweise waren Formulare verwendet worden, die einen Monat zuvor durch neue ersetzt worden waren. Offensichtlich sei eine Panne passiert, meinte der Hauptmann.
    Zweifellos war es nur eine Panne gewesen, aber zwei Stunden vergingen, bis man den Fehler korrigiert hatte. Die Ausweise der beiden Obersten waren im inneren Sicherheitsbereich jedenfalls nicht gültig. Jost und Brand mußten sich die Fingerabdrücke abnehmen lassen, die mit den in ihren Unterlagen enthaltenen verglichen wurden. So war es ganz natürlich, daß sie viel zu spät im Konferenzraum erschienen, und da der an diesem Tag amtierende Vorsitzende über die Ereignisse nicht informiert war, wurde ihnen ein kühler Empfang zuteil.
    Während der Mittagspause freilich klärte sich alles auf, und ein amerikanischer Major der Security Section kam mit den beiden ins Gespräch. Er suchte weder nach Ausflüchten noch nach Entschuldigungen, sondern gab unumwunden zu, daß die Ursache des Mißverständnisses in einer Schlamperei seiner Dienststelle lag; ihre jeweiligen Botschaften, so versicherte er, seien dafür nicht verantwortlich. Ohne jede Einschränkung entschuldigte er sich für die ärgerliche Situation und die Unannehmlichkeiten, die dieses Mißverständnis mit sich gebracht hatte.
    Wie er das tat, wirkte zuvorkommend, und Jost wie Brand waren vernünftige Männer. Schlampereien, gab Jost jovial zu, kämen auch in seinem Land vor, und Brand gratulierte dem Major zu seinem Hauptmann, der mit seiner Höflichkeit und
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