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Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp
Autoren: Martina Steinkuehler
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»Wir mussten uns zusammenraufen«, sagte Andi. »Und haben Freunde gefunden«, ergänzte Judith.
    »Wir klagen dich an, Hans«, sagte Rebekka mit untypisch dunkler Stimme. »Du hast alles durcheinandergebracht. In uns und um uns. Das wollten wir nicht.«
    »Wir klagen dich an, Jott«, sagte auch die unsichtbare Stimme von hinten. »Du hast uns übel mitgespielt. Du hast uns ins Leere laufen lassen. Du hast uns sehr enttäuscht.«
    Auf einmal stand die kleine Elli auf und trat in die Mitte. Zwischen Jott und ihrem Bruder blieb sie stehen. »Was redet ihr für einen Quatsch?«, fragte sie.
    Ihr Bruder hob die Schultern. »Wir können uns nicht entscheiden, ob uns Böses oder Gutes geschehen ist«, sagte er.
    Elli stand auf und drehte sich langsam im Kreis. Sie sah von einem zum andern. »Ihr mogelt«, sagte sie. »Ihr mogelt alle.« Ihr klarer Blick wanderte durch das Zelt und bis in die letzte Reihe. Ihr Wort vom Mogeln auch. So mancher fühlte sich ertappt. So mancher zuckte zusammen. Und einige erröteten:
    Simone, die sich nur hatte sonnen wollen. Die vier vom Berg, die nur zum Surfen hergekommen waren. Johanna und Gabriel. Jacques dachte an Wodka und Andi an Judith.
    »Mama und Papa haben sich wieder vertragen!«, rief Maria von irgendwoher. Wieder wanderten Blicke. Zwischen Andi und Pitt, zwischen Judith und ihrer Mutter. »Matti!«, rief Mattis Vater plötzlich. »Junge, du bist hier?« Matti stand langsam auf. »Ich wollte zu dir, Vater«, sagte er quer durch die Mitte. Sein Vater war auch aufgestanden. Er hatte gegeltes Haar und eine Sonnenbrille. »Und jetzt?«, fragte er zögernd. »Jetzt nicht mehr?«
    Matti betrachtete seine Sandalen. Dann Tom und Philip, die neben ihm saßen. »Doch«, sagte er entschieden. »Doch, Vater, natürlich, warum auch nicht?« Er fühlte, wie jemand an seinem Gewandsaum zupfte. Er wusste, es war Judith. Und sie nickte ihm zu.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Das Urteil
    »Ich habe etwas verstanden«, sagte Spinne mit ihrer rauen Stimme. »Fünf vor zwölf.« »Ja«, sagte plötzlich Jott. »Ja, ich auch!« Er kam ins Stottern. Langsam kam er aus dem niedrigen Sessel hoch. Das Gummimöbel quietschte wie ein Badeentchen. Jottwar dicker geworden in den zwei Wochen. Er hatte einfach zu wenig zu tun gehabt.
    Alle Augen richteten sich auf ihn, eine traurige Gestalt, barfüßig, langhaarig, mit bloßen Füßen. Die kleine Elli trat zurück und setzte sich auf den freien Stuhl zwischen Gabriel und Rebekka.
    »Ich hab euch gehasst«, sagte Jott mit seiner langweiligen Stimme. »Euch, alle zwölf: Britt und Pitt, Judith und Tamara. Simone und Johanna. Jacques und Andi und die vier vom Berg. Ja, gehasst hab ich euch. Weil ihr so gleichgültig wart. Wie alle vor euch, so habt auch ihr mit Füßen getreten, was mir wichtig war. Und darum … darum sind wir hier. Und alles, was ihr mir vorwerft, ist wahr.«
    Bleischwer sank er zurück auf sein quietschendes Luftkissen. »Aber … aber … aber«, sagte Edwin. »Wir haben dich auch gehasst, Jott«, riefen die zwölf Angesprochenen im Chor. »Aber … aber … aber«, sagte Edwin. »Du hast uns nichts mehr zu sagen!«, rief Britts Stimme aus dem Dunkel. »Es ist vorbei.«
    »Das macht nichts«, sagte Jott. Und plötzlich grinste er breit. »Denn jetzt liebst du Jesus!« Die anderen elf murmelten. »Es ist viel mehr dabei herausgekommen, als ihr alle plantet«, sagte Martin vom Eingang des Zeltes her. »Ihr meintet es böse, aber Gott machte es gut«, sagte Rebekka plötzlich. »1. Mose 50«, sagte Tamara.
    »Ich verkünde das Urteil«, sagte Elli. Alle schauten zu ihr, und dann sahen sie es: Das Kind saß auf dem Stuhl der Richterin. »Ihr dürft abreisen. Morgen früh dürft ihr abreisen und müsst nie wiederkommen. Wenn ihr das wollt. Ihr müsst nie wieder so etwas machen. Wenn ihr das nicht wollt. Aber vorher … vorher werde ich euch … wie heißt das, weswegen ihr hier seid? Vorher werde ich euch kon-fi-mieren.«

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    An Gottes Segen ist alles gelegen
    Die Gemeinde nahm das Urteil mit Unruhe auf. »Ein Kind?« Allgemeines Gemurmel setzte ein. »Aber das ist doch nicht ihr Ernst!« Teils ablehnend, teils freundlich. »Wie rührend …«
    Edwin vergaß sein »Aber, aber, aber« und rief laut: »Ja, hurra!« »Nun warte mal«, dämpfte ihn Gerald. »Da kommt noch was.« Die zwölf schauten zu Martin, der immer noch in der Öffnung des Zeltes stand, die Arme übereinandergeschlagen.
    »Nun, junges Fräulein«,
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