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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel
Autoren: Heyne
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überlebensgroßen Statue von George Washington, der ein Schild in die Höhe hielt, auf dem » Willkommen im Rushmore Inn« stand, oder sogar auf der Wendeltreppe.
    Mit dem Rücken zur Wand schlich Maria langsam nach rechts – höllisch darauf achtend, ob sie irgendwo eine Bewegung wahrnahm. Am liebsten wäre sie einfach davongerannt, um sich zu verstecken, aber sie konnte nirgendwohin. Hinter sich bemerkte sie Vorhänge. Sie drehte sich rasch um, zog die Vorhänge beiseite und wollte das Fenster öffnen.
    Doch wie im Lincoln-Zimmer war auch hier hinter dem Vorhang kein Fenster, sondern eine Ziegelwand. Bereits bei ihrer Anreise hatte sie es als merkwürdig empfunden, dass sämtliche Fensterläden geschlossen waren. Jetzt kannte sie den Grund.
    Das Haus war wie ein Gefängnis.
    Dieser Gedanke machte einem schlimmeren Platz.
    Ich bin nicht das erste Opfer.
    Maria umklammerte das Pfefferspray mit beiden Händen und zitterte am ganzen Leib. Sie kicherte nervös, aber es klang eher wie ein Piepsen. Also holte sie tief Luft und schrie verzweifelt: » Hilfe!«
    Das Haus nahm ihren Hilferuf auf, ließ ihn kurz als Echo widerhallen und verschluckte ihn dann.
    Kurz darauf hörte sie: » Hilfe!«
    Doch es war kein Echo, sondern eine männliche Fistelstimme, die sie gehässig nachäffte.
    Der Ruf kam von der Treppe.
    » Hilfe!« Eine andere Stimme – diesmal aus dem Aufenthaltsraum.
    » Hilfe!« Diesmal noch näher, aus Richtung einer keine drei Meter von ihr entfernten Schranktür.
    » Hilfe. « Eine tiefe Stimme. Kein Schrei, sondern leise und verhalten.
    Und sie ertönte ganz in ihrer Nähe, fast neben ihr.
    Die Washington-Statue.
    Sie lächelte Maria an, und ihre schiefen Zähne sahen so gar nicht nach Statue aus.
    Der riesige Mann ließ das Willkommensschild fallen und stürzte sich mit ausgestreckten Armen auf sie.
    Maria drückte auf den Auslöser des Pfeffersprays.
    Der Strahl zischte weit an dem Kerl vorbei, und seine Hand fasste nach ihrer Bluse.
    Sie wich ihr aus und rannte auf die Treppe zu, als plötzlich die Schranktür aufging und jemand herausstürzte. Dieser Kerl war groß und fett und …
    Gütiger Himmel, was war bloß mit seinem Körper los?
    Maria wandte den Blick ab und stürmte weiter Richtung Treppe. Die unzähligen Trainingsstunden, die sie hinter sich gebracht hatte, waren nicht umsonst gewesen. Sie rauschte so schnell an dem Mann mit seinem Bloß-nicht-in-die-grässliche-Fratze-schauen- Gesicht im ersten Stock vorbei, dass ihr seine Reaktion wie zeitlupenverzögert vorkam. Sie wich seiner Attacke duckend aus und atmete dabei einen grauenvollen Verwesungsgestank ein. Jetzt blieb ihr nur noch eins übrig: sich in Richtung des einzigen anderen bewohnten Zimmers zu schlagen – zumindest soweit sie das wusste. Und das war das mit den zwei streitenden Männern.
    Sie zankten sich immer noch. Ihre Stimmen drangen hinter einer Tür hervor, auf der Theodore Roosevelt stand. Ohne anzuklopfen, stürzte Maria in das Zimmer, warf die Tür hinter sich ins Schloss und schob den Riegel vor.
    » Sie müssen mir helf…«
    Das Licht erhellte ein leeres Zimmer. Die Stimmen stritten weiter, aber es waren nirgendwo Männer zu sehen. Ihr Blick richtete sich auf den Nachttisch neben dem Bett, und sie entdeckte ein altes Tonbandgerät. Die Stimmen der Männer dröhnten in einer Endlosschleife aus dem Lautsprecher.
    Plötzlich erlosch das Licht, und das Tonband verstummte.
    Maria rührte sich nicht vom Fleck. Sie hörte jemanden weinen. Als sie merkte, dass das Geräusch von ihr selbst stammte, erschrak sie noch mehr und sank verzweifelt zu Boden. Dann kroch sie zum Bett. Das Zimmer glich vom Grundriss und der Anordnung der Möbel her ihrem, und es dauerte nicht lange, ehe sie die Tagesdecke ertastet hatte. Sie zog die Beine an und robbte dann mit den Füßen zuerst auf dem Bauch unter das Bett. Den Kopf streckte sie unter der Tagesdecke hervor, damit sie besser hören konnte.
    Zuerst nahm sie lediglich ihr wild hämmerndes Herz und ihr panisches Ringen nach Luft wahr. Sie konzentrierte sich. Allmählich atmete sie ruhiger, holte durch die Nase Luft und stieß sie durch die aufgeblasenen Wangen aus.
    Dann hörte sie Schritte. Vom Flur. Sie kamen näher. Erst eine Person. Sie ging langsam und bedacht, aber jeder Schritt glich einem Donnerschlag. Dann andere Schritte, genauso schwer, die sich rasch näherten. Beide hielten vor der Tür an.
    » Ich glaube, die Kleine ist hier drin. «
    » Das ist doch Teddys Zimmer. Da können
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