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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel
Autoren: Heyne
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wir nicht rein.«
    » Aber sie ist da drin. Es wird langsam Zeit.«
    Maria hörte, wie sich der Türknauf drehte. Rasch zog sie den Kopf zurück, sodass die Tagesdecke bis zum Boden hing.
    » Das darfst du nicht. Das darfst du wirklich nicht.«
    Die Tür knarzte und öffnete sich dann langsam. Maria sah den breiter werdenden Lichtstrahl, bis sie zwei gewaltige Silhouetten unter der Tür ausmachen konnte. In den Händen hielten sie Taschenlampen.
    » Du kennst die Regeln: Der, der sie zuerst findet, darf sie anzapfen.«
    » Ich geh da nicht rein. Und du solltest es auch nicht.«
    » Halt’s Maul. Die Kleine gehört mir.«
    » Aber das ist Teddys Zimmer.«
    » Halt’s Maul!«
    Der Mann, der sich als George-Washington-Statue getarnt hatte, richtete dem anderen Mann den Strahl der Taschenlampe ins Gesicht, und Maria musste die Hand auf den Mund pressen, um nicht laut aufzuschreien. Sein Gesicht war … Um Gottes Willen … Sein Gesicht war …
    » Pass bloß auf!«
    » Ich hab’ gesagt, du sollst das Maul halten!«
    » Ich sag es ihm!«
    » He! Wehe!«
    Dann schloss sich die Tür, und die beiden gingen den Flur entlang zur Treppe zurück.
    Maria schlotterte am ganzen Körper, als ob sie jeden Moment erfrieren würde. Der Schrecken saß ihr derart in den Knochen, dass sie sich nicht zu bewegen vermochte. Aber ihr blieb keine andere Wahl. Sie musste sich zusammenreißen und versuchen, von hier wegzukommen.
    Waren alle Fenster zugemauert? Vielleicht nicht. Vielleicht könnte sie sich aus einem Fenster stehlen und irgendwie an der Hauswand hinunterklettern. Oder auf das Dach flüchten. Lieber das Dach als dieses Zimmer und die lauernden Missgeburten davor.
    Maria hörte ein Geräusch. Ganz leise. Ganz nah.
    Ein kratzendes Geräusch.
    Sie schloss die Augen und lauschte, vernahm aber nichts als ihr eigenes Atmen. Also holte sie tief Luft und lauschte erneut.
    Aber das Atmen hörte nicht auf.
    Ein kratzendes, feuchtes Atmen.
    Direkt neben ihr.
    Da lag jemand direkt neben ihr.
    » Ich bin Teddy.«
    Seine Stimme war tief und rau, und als Maria sie so nahe neben sich hörte, machte sie sich vor Angst in die Hose.
    » Ich werde dich anzapfen, Kleines. Schön langsam werd’ ich dich anzapfen.«
    Etwas fasste nach ihren Beinen, und sie schrie lauter als je zuvor in ihrem Leben, lauter, als sie es je für möglich gehalten hatte. Sie trat und kratzte, während sie durch eine Falltür im Boden nach unten gerissen wurde.

Ein Jahr später
    » Warum begleitest du nicht deine Großmutter?«, schlug Mom vor und wischte sich Schweiß von der Stirn, den ein Schmutzstreifen ersetzte. » Und nehmt JD mit. Der Hund braucht Auslauf.«
    Kelly Pillsbury runzelte die Stirn. Ihre Mutter hatte die letzten zehn Minuten damit verbracht, den platten Reifen zu wechseln, aber die letzte Schraube wollte sich partout nicht drehen lassen. Jede der Frauen hatte es mit dem Schraubenschlüssel versucht, aber die Schraube war festgerostet. Grandma hatte vorgeschlagen, es mit Schmiermittel zu versuchen, und jetzt warteten sie darauf, dass es einzog und sie endlich den Reifen wechseln und wieder losfahren konnten.
    » Ne, geht schon«, antwortete Kelly.
    Sie warf einen verstohlenen Blick auf die Wildnis um sie herum. Bäume, so weit das Auge reichte – mehr Bäume, als sie je zuvor gesehen hatte. Es war atemberaubend. Hier draußen in der Natur fiel Kelly sogar aus ihrer gewohnten Rolle als mürrische Teenagerin. In drei Tagen würde sie dreizehn werden.
    Plötzlich bemerkte sie eine Bewegung in der Nähe der Baumgrenze. War das ein Mann?
    Ein Mann, der sich hinter den Sträuchern versteckte.
    Nein, das war viel zu groß für einen Mann. Vielleicht ein Bär?
    Nein. Bären trugen keine Overalls.
    Kelly spähte in den Wald hinein, aber die Gestalt war verschwunden. Sie lauschte, hörte aber lediglich das Klicken der drehenden Hinterreifen ihrer Fahrräder, die auf dem Dach des Autos montiert waren. Vermutlich hatte sie sich das Ganze nur eingebildet – ihre Augen hatten sich wohl einen Scherz mit ihr erlaubt. Kein Wunder nach einer so langen Autofahrt.
    Wer sollte sich schon hier herumtreiben, am Ende der Welt? Wir haben die Zivilisation vor gut zwei Stunden hinter uns gelassen.
    Sie wandte sich wieder ihrem iPod zu und konzentrierte sich auf ihr Spiel, Zombie Apocalypse . Sie hatte Level 64 erreicht, aber nur ein Viertel Lebenskraft übrig. Kelly hatte es noch nie bis Level 65 geschafft, obwohl sie das Spiel bereits seit über einem Monat besaß.
    »
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