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Das Hohelied des Todes

Das Hohelied des Todes

Titel: Das Hohelied des Todes
Autoren: Faye Kellerman
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Vermißtenanzeigen durch, legst den Fall zu den Akten, und die beiden unbekannten Toten gehen als die nächsten John Does in die Polizeigeschichte ein.«
    »Als Jane Does«, sagte Decker. »Sehen mir eher wie Frauen aus.«
    »John Does, Jane Does, wen juckt das schon? Man wird sowieso nie mehr was von ihnen hören.« Fordebrand gab ihm einen Klaps auf den Rücken. »Ich erledige die Vorarbeiten. Mach du dir noch ein paar schöne Tage, und paß auf die Jungs auf.«
    »Tut mir leid, daß ich dich Heiligabend raustrommeln mußte.«
    »Ach, geht schon in Ordnung«, sagte Fordebrand großzügig. »Ich bin noch rechtzeitig zum Schinkenbraten und zur Pute wieder zurück. Der Schinken ist schon im Ofen, und die Pute kommt extra aus Cleveland angeflogen.«
    Decker schmunzelte. »Deine Schwiegermutter?«
    »Wer sonst?«
    »Viel Spaß.«
    »Falls du dich heute abend einsam fühlst, Deck …«
    »Ich bleibe mit den Jungen noch hier, aber trotzdem, danke.«
    Fordebrand nickte.
    »Aber du hast ja wohl sowieso nicht mehr sonderlich viel mit Weihnachten am Hut, was, Rabbi?«
    Decker zuckte mit den Schultern.
    »Macht es dir Spaß, den Daddy zu spielen, Deck?«
    »Es sind nette Jungen.«
    »Wie steht’s denn nun eigentlich mit dir und ihrer Mama?«
    »Frag mich was Leichteres, Ed.« Decker rief nach Jake, ging zu Sammy hinüber und setzte sich neben ihn. Jake kam angelaufen und sprang Decker auf den Schoß.
    »Die Polizei hat jetzt alles im Griff, Jungs, wir können also wieder zum Lagerplatz zurück. Beeilen wir uns lieber. Wir müssen noch das Zelt aufschlagen …«
    »Peter, ich möchte nach Hause«, sagte Sammy.
    Decker atmete tief aus. »Gut. Einverstanden, Jakey?«
    »Ja, ich will auch nach Hause. Ich kann Erdnußbutter nicht mehr sehen.«
    Decker nahm die Jungen in die Arme. »Es tut mir sehr leid, Kinder.«
    Sammy lehnte den Kopf an Deckers Schulter. »Du kannst doch nichts dafür.«
    »Ist es euch ein bißchen unheimlich hier?«
    »Vielleicht ein bißchen«, antwortete Sammy.
    »Und dir, Jake?«
    Jacob zuckte mit den Schultern.
    »Es ist ganz normal, wenn es euch gruselt. Aber ihr habt euch tapfer gehalten.« Decker half ihnen hoch. »Gehen wir packen. Ich hoffe bloß, ihr hattet trotzdem ein paar schöne Tage.«
    »Doch, es war schön«, sagte Sammy. Es war schwer zu sagen, ob er Decker oder sich selbst überzeugen wollte.
     
    Decker brachte die Jungen im Jeep nach Hause. Sie schwiegen, während sie, an mehr als hundert Meter tiefen Schluchten entlang, die einspurigen, holprigen Schotterwege hinunterkurvten. Als der Geländewagen die Berge schließlich hinter sich gelassen hatte und auf den Freeway eingebogen war, stieß Sammy einen lauten Seufzer aus.
    »Hast du manchmal Angst, daß dich einer umbringt?« fragte er Decker.
    »Früher schon, als ich noch Streife gefahren bin, aber heute nicht mehr, Sammy. Eigentlich kann mir bei meinem Beruf nicht viel passieren. Ich muß fast immer nur Papierkram erledigen und mit Leuten reden.«
    »Bist du schon mal angeschossen worden?« wollte Sammy wissen.
    »Nein.«
    Nach einer kurzen Pause sagte der Junge: »Ich weiß noch nicht, was ich werden will, wenn ich groß bin, aber Polizist werde ich bestimmt nicht.«
    Decker nickte. »Es kann manchmal ganz schön schlimm sein.«
    »Weißt du, was ich werden will?« fragte Jake.
    »Was denn?« fragte Decker.
    »Pilot bei der israelischen Luftwaffe.«
    »Ich nicht«, sagte Sammy. »Ich will doch nicht umgebracht werden.«
    »Die werden ja gar nicht umgebracht«, widersprach Jake.
    »Natürlich können sie sterben, Yonkie. Sie werden von den Arabern beschossen. Die haben bestimmt auch mal Glück und treffen.«
    »Aber ich werde nicht getötet!« sagte Jake bestimmt.
    »Ach, nein?«
    Schweigen.
    »Ich weiß noch nicht, was ich machen will«, sagte Sammy nachdenklich. »Ich würde gerne die Smicha erhalten, aber ich will nicht ewig lang nur studieren wie mein Abba oder meine Onkel.«
    »Sind eure Onkel alle Rabbiner?« fragte Decker.
    »Alle außer einem«, antwortete Sammy. »Ein Bruder von meiner Ima wohnt in Jerusalem. Er ist ein Sofer. Das muß auch ziemlich interessant sein.«
    »Was ist das denn?« fragte Decker.
    »Ach, du weißt doch, das ist der, der die Tora und die Mesusa schreibt«, erklärte Sammy. »Ein Schreiber«, sagte Decker.
    »Ja, ich glaube, so heißt das«, sagte Sammy. »Meine anderen Onkel, die mit den Schwestern von meinem Abba verheiratet sind, haben früher in der Jeschiwa unterrichtet, aber heute sind sie
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