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Das Höllenbild

Das Höllenbild

Titel: Das Höllenbild
Autoren: Jason Dark
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befürchtete, er könnte sein Tuch verlieren, aber es blieb haften. Es war dünn, nur wurde der Körper des Götterboten mit jeder vergehenden Sekunde dünner.
    Suko hielt den Atem an.
    Auch wenn es so aussah, als wäre die Gestalt dabei sich aufzulösen, sie tat es nicht. Sie zog sich nur zurück. Sie verschwand in der Welt, in der sie sich wohl fühlte.
    Suko hatte das Nachsehen. Er schaute zu, und er schaute dabei auf ein Gemälde ohne Menschen…
    Die Hüterin der Riesen! Myrna hatte die Worte mit leiser, aber unmißverständlicher Stimme gesagt. Deshalb sah ich keinen Grund, ihr nicht zu glauben. So schmächtig und blaß sie auch auf mich wirkte, sie hatte eine innere Stärke, die schon beeindruckend war. Da steckte ein Brunnen, aus dem die Kraft sprudelte, die sie für eine derartige Aufgabe brauchte.
    Ich blickte sie an. Es war nicht nur ein normales Anschauen, dieser Blick glitt tiefer, er war auch forschender, als sollte er den Grund ihrer Seele ertasten. Aber wie schaffte sie es, diese Riesen zu hüten und auf sie achtzugeben, daß ihnen nichts passierte?
    Die Frau hielt meinem Blick stand. Sie entdeckte dabei wohl Skepsis und Unglauben in meinen Augen und fragte deshalb mit leiser Stimme: »Du glaubst mir nicht?«
    Ich überlegte mir die Antwort genau. »Das hat mit Glauben nichts zu tun, Myrna. Ich kann es nur nicht begreifen. Ich kann so vieles nicht begreifen.«
    Sie hob die Schultern. »Was stört dich?«
    »Tja«, murmelte ich. »Das ist nicht mal einfach zu sagen. Ich habe dich gesehen als eine Person, die inmitten eines Gemäldes sitzt. Eine einfache Frau, von der für den Betrachter etwas ausging, das schlecht zu beschreiben ist.« Ich hob die Schultern. »Vielleicht war es eine gewisse Stärke, auch eine Sicherheit, möglicherweise auch ein bestimmtes Wissen, das sich in deinem Kopf verbirgt. Da kommt so einiges zusammen, aber mir ist es nicht gelungen, ein Resultat zu bilden. Ich weiß einfach zu wenig. Ich habe es nur hingenommen und mich von der Faszination eines alten Gemäldes leiten lassen.«
    »Du hast nichts gespürt, John?«
    Im ersten Augenblick wußte ich nicht, was sie damit meinte. »Denkst du an die Aura?«
    »Ja.«
    Ich stimmte ihr zu. »Sie ist schon etwas Besonderes gewesen, da gebe ich dir recht. Aber ich habe trotzdem nicht gedacht, daß dieses Bild plötzlich lebt. Es hat gegen mich gestrahlt. Es war sehr stark und mächtig, denn es hat dafür gesorgt, daß ich hineintreiben konnte. Auf einmal war der Sog da. Ich glitt in das Bild, aber ich schwebte auch hindurch, denn ich sehe um mich herum etwas anderes. Es ist nicht mehr die Umgebung, die ich als Außenstehender kenne.«
    »Das stimmt. Du bist mit mir.«
    »In Avalon«, sagte ich.
    Sie nickte.
    »Und ich bin nicht zum erstenmal auf dieser Insel«, erklärte ich ihr. »Das solltest du auch wissen.«
    Für einen Moment war sie durcheinander. In ihren Augen zuckte es. Das kam wohl nicht oft vor, daß ihr ein Mensch erklärte, die geheimnisvolle Nebelinsel zu kennen. Aber sie stellte mir keine Frage und erklärte mir, daß sie mir glaubte.
    »Willst du nicht wissen, wie ich auf die Insel kam? Soll ich dich nach dem Dunklen Gral fragen, nach dem Gräbern von Avalon, in denen die Ritter zur letzten Ruhe gebettet worden sind?«
    »Nein, das brauchst du nicht. Ich glaube dir. Es gibt Tore, es gibt Zugänge, die nicht immer geöffnet sind, aber davon möchte ich nicht reden. Ich habe hier meine Aufgabe zu erledigen.«
    »Als Hüterin der Riesen.«
    »So ist es.«
    »Darf ich dich fragen, weshalb man gerade dich ausgesucht hat? Du mußt dann etwas Besonderes gewesen sein, denke ich mir.« Das Lob machte sie etwas verlegen, wie ich ihrem Lächeln entnehmen konnte.
    »Nein, so ist das nicht. Ich bin eine einfache, eine schlichte Frau.«
    »Die schon immer hier gelebt hat?«
    »Sicherlich nicht.«
    »Es ist viel Zeit vergangen«, erklärte ich.
    Myrna winkte ab. »Was ist schon Zeit, John? Ich habe vergessen, was es damit auf sich hat. Die Zeit ist für mich nicht mehr wichtig Ich weiß auch nicht, wie lange ich noch existieren werde und…«
    »Entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Würdest du mir zustimmen, daß ich aus einer anderen Zeit komme?«
    »Ja, das würde ich.«
    »Und ich bin jetzt um Jahrtausende zurückversetzt. Als es noch den mir bekannten Kontinent Atlantis gab…«
    Da zeigte sie plötzlich ein Lächeln. »Es ist schön, daß du es sagst. Du hast das Tor durchschritten, du bist in der Zeit weit zurück, mein Freund.
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