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Das Hexenkraut

Das Hexenkraut

Titel: Das Hexenkraut
Autoren: Franziska Gehm
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zwei Eimer bei sich. Sollte sie jemand aufhalten, würde sie behaupten, sie wolle Wasser holen. Der See lag verlassen in der Abenddämmerung. Der Scharfrichter, der Landherr und alle Schaulustigen waren längst verschwunden. Nichts erinnerte mehr an das grausige Geschehen vor ein paar Stunden.
    In der Nähe des Stegs blieb Marthe einen Moment stehen. Sie wollte ganz sicher sein, dass sich kein Mensch mehr am See befand und keiner sie beobachtete. Alles blieb ruhig. Nichts rührte sich, bis auf ein paar Mücken, die im Abendlicht tanzten. Schließlich ging Marthe zur Brücke. Je näher sie kam, desto schneller klopfte ihr Herz. Hatte Jakobs Plan funktioniert? Würde sie ihn und ihre Mutter gleich wiedersehen? Oder   … Weiter wollte Marthe nicht denken.
    Mit wackeligen Beinen betrat Marthe die Brücke. Sie rief leise: »Jakob? Mutter?« Marthe lauschte, doch niemand antwortete ihr. Sie ging zum anderen Brückenende. Wieder rief sie nach ihrer Mutter und Jakob.
    »Marthe? Wir sind hier!«, kam dieses Mal eine Antwort.
    Marthe erkannte die Stimme sofort. Jakob! Sie eilte über die Brücke. Auf einem kleinen Rasenstück neben der Brücke lagen Jakob und Marthes Mutter. Marthe ließ die Eimer fallen, sank zwischen Jakob und ihrer Mutter auf die Knie und umarmte beide gleichzeitig. »Ihr lebt! Dem Herrn sei Dank! Ihr habt es geschafft!«
    Die Schwarzleiberin nahm das Gesicht ihrer Tochter in beide Hände und sah sie eine Weile an. Dann zog sie sie an sich und umarmte sie.
    »Also ist alles gut gegangen?«, fragte Marthe. Sie sah mit vor Freude glänzenden Augen zwischen Jakob und ihrer Mutter hin und her.
    »Ich wusste erst nicht, wie mir geschah, als mich etwas am Fuß nach unten in die Tiefe des Sees zog. Einen Moment dachte ich, es wäre Gevatter Tod persönlich«, sagte die Schwarzleiberin. »Dann wurde mir etwas an den Mund gepresst. Zunächst verstandich nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Doch dann habe ich die Luft aus der Tierblase dankbar eingesogen und bin Jakob gefolgt.«
    »Wir erreichten die Brücke in letzter Sekunde«, fuhr Jakob fort. »Den Rest kennst du ja.«
    »Nicht ganz«, wandte Marthe ein. »Wo kam das Kreuz her? Hat es wirklich Gott geschickt?«
    Jakob kratzte sich am Knie. »Nicht ganz. Es kam eher aus der Truhe meiner Mutter. Und geschickt habe ich es.«
    Marthe grinste.
    »Und keiner von all den Menschen am See hat etwas bemerkt?«, fragte Marthes Mutter.
    Marthe zögerte. »Keiner, über den wir uns Sorgen machen müssten.« Sie hob die beiden Eimer auf und holte mehrere Kleidungsstücke hervor. »Hier, zieht euch etwas Trockenes an. Und bedeckt eure Köpfe zur Tarnung.«
    Die Schwarzleiberin und Jakob schlüpften schnell in die warmen, trockenen Sachen und setzten sich die Hüte auf, die Marthe mitgebracht hatte. Dann machten sie sich auf den Weg zu Jakob nach Hause. Sie nahmen nur dunkle Gassen und Umwege, damit sie kein Bewohner von Harzenstein sah. Die ganze Zeit über redeten sie kein Wort. Sie gingen leise undso schnell es mit Marthes Mutter ging. Sie war von der Haft im Hexenturm und der Wasserprobe sehr erschöpft.
    Erst als sich die Tür von Jakobs Haus hinter ihnen schloss, atmeten sie auf. Die Schwarzleiberin ging in die Kammer und sah kurz nach Jakobs Mutter. Sie schlief. Dann kam sie zurück und ließ sich auf einen Schemel sinken. Marthe stellte ihr und Jakob einen Becher süße Milch hin. »Trinkt, das wird euch stärken.«
    Hastig tranken Jakob und Marthes Mutter die Milch.
    »Ich habe auch noch etwas Hirsebrei«, sagte Marthe und wollte bereits in die Küche gehen.
    Ihre Mutter hob die Hand. »Der wird uns später schmecken. Etwas anderes ist jetzt wichtiger. Uns bleibt vielleicht nicht viel Zeit. Habt ihr das Blutkraut?«
    Jakob nickte und Marthe holte das Kraut aus der Kammer, in der Jakobs Mutter ruhte. Dann stellte sie ein paar Tongefäße vor ihre Mutter, die sie in ihrem alten Haus noch gefunden hatte. »Das waren die einzigen, die sie dagelassen haben und die nicht zerbrochen waren.«
    Marthes Mutter studierte die Gefäße, nickte undbegann eine Tinktur für Jakobs Mutter anzurühren. Als sie fertig war, reichte sie die Tinktur Jakob. »Du musst sie bei deiner Mutter auf der Brust auftragen. Mehrmals am Tag, und vor allem vor der Nachtruhe. Komm, ich zeige es dir.«
    Während die Schwarzleiberin seiner Mutter die Tinktur auftrug, passte Jakob genau auf.
    Seine Mutter wachte auf und griff nach der Hand der Schwarzleiberin. »Danke«, sagte sie leise.
    »Ich habe zu
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