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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens
Autoren: Gretchen Craig
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wollten. Stattdessen gab sie die Bücher heimlich an Cleo weiter, die ihr vorlas.
    Maman schüttelte den Kopf. »Josephine, du gibst dir einfach keine Mühe. Die Stiche in den Schwanzfedern der Singdrossel musst du noch einmal aufmachen, Liebes.«
    Es hatte keinen Sinn, sich zu beklagen. Es war auch egal, ob sie stickte oder wieder auftrennte und wieder stickte, den Vormittag musste sie mit dieser Arbeit verbringen. Als sie Cleo sah, die vom Haus auf sie zukam, frei von der Tyrannei der Nadeln, war sie voller Neid. Cleo machte einen Knicks vor Celine. »Madame schickt mich nach Mamsell Josephine«, sagte sie.
    Josie unterdrückte ein Stöhnen. Vom Regen in die Traufe – kein Zweifel, jetzt wollte Grand-mère mit ihr die Buchhaltung durchgehen. Da Josie die einzige Erbin war, wurde selbstverständlich von ihr erwartet, dass sie dem Familienunternehmen eines Tages vorstehen würde, dass sie Toulouse ebenso selbstständig führen würde, wie es ihre Großmutter jetzt tat. Ihr Vater hatte sich schon vor langer Zeit unfähig oder unwillig gezeigt – was auch immer –, die Plantage zu leiten. Und selbst wenn das Baby, das sich jetzt angekündigt hatte, ein Junge war, so würde es noch viele Jahre dauern, bis er die Plantage übernehmen könnte.
    Irgendwann würde Grand-mère zu alt dafür sein, und dann musste Josie die Verantwortung übernehmen, bis ihr Bruder volljährig war.
    Aber die Hauptbücher langweilten Josie noch mehr als die Stickerei. Außerdem würde sie doch wohl irgendwann einen Ehemann haben, der sich um die geschäftlichen Dinge kümmerte.
    Doch Cleos vergnügter Blick über Mamans Kopf hinweg ließ Josie hoffen, dass es nicht um die Buchhaltung ging. Sie faltete ihre Stickarbeit zusammen, legte sie in den Nähkasten und entschuldigte sich bei ihrer Mutter.
    Sobald sie außer Hörweite waren, fragte Josie: »Was will sie denn?«
    »Kennst du den alten Cajun, Monsieur DeBlieux?«
    »Der Mann, der die Alligatorenschwänze bringt.«
    »Heute geht es nicht um Alligatorenschwänze, sondern um Palmherzen. Aber hör mal, er ist heute nicht selbst gekommen, sondern er hat seinen Sohn geschickt. Deine Großmutter hat zu tun, und sie meint, es wird Zeit, dass du lernst, einzukaufen und zu verkaufen.«
    Josie, die jetzt weit genug von ihrer Mutter entfernt war, um sich undamenhaftes Benehmen erlauben zu können, schnaubte vor Abscheu. Josie wollte gern eine feine Dame sein, sich hübsch anziehen, große Partys geben und von einem schönen Mann wie Papa geliebt und verwöhnt werden. Kaufen und Verkaufen gehörten nicht zu dieser Zukunftsvision.
    Als die beiden Mädchen das kühle Souterrain betraten, wo ein Großteil der Geschäfte der Plantage abgewickelt wurde, stand der junge Akadier an eine Säule gelehnt da, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Er machte einen so entspannten Eindruck, dass Josie sich fragte, ob er womöglich im Stehen schlief. Sie sah seine abgewetzten Arbeitshosen und die nackten Füße, aber sein Hemd war sauber, und die schadhafte Stelle am Ellbogen war sorgfältig geflickt.
    »Monsieur?«, sprach sie ihn an.
    Der junge Mann atmete tief durch und hob die Hutkrempe an. Er hatte tatsächlich geschlafen. Augenblicklich stieß er sich von der Säule ab und nahm den Hut vom Kopf. »Mademoiselle«, sagte er.
    Josie starrte in seine braunen Augen mit den dichten schwarzen Wimpern, bis er ein wenig den Mund verzog und sie merkte, dass sie sich lächerlich machte.
    »Sie haben etwas zu verkaufen, Monsieur?«
    »Ja, ich habe Palmherzen. Einen ganzen Korb voll.«
    »Wie viel wollen Sie dafür?«
    »Mein Vater sagt … zwanzig Picayunes für den ganzen Korb.«
    Josie merkte, dass sie kein Geld hatte. Sie nahm ihre Sinne zusammen und drehte sich zu Cleo um, die ihr die Haushalts-Geldbörse holen sollte. Aber ohne den Blick von der hochgewachsenen, schlanken Gestalt von Monsieur DeBlieux’ Sohn abzuwenden, griff Cleo in ihre Schürzentasche und streckte ihr die Geldbörse entgegen.
    »Zwanzig Picayunes?«, sagte Josie. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Palmherzen wert waren, aber Grand-mère hatte ihr oft genug eingeschärft, niemals den verlangten Preis zu bezahlen. Niemals. Sie blickte dem jungen Mann in die Augen und verlor fast den Verstand, als er ihren Blick erwiderte.
    »Ich denke«, fing sie an und räusperte sich, »ich denke, fünfzehn wäre vernünftiger.« Sie warf Cleo einen kurzen Blick zu, aber Cleo war offensichtlich nicht bei der Sache.
    Der junge Mann lächelte. »Dann sagen wir fünfzehn,
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