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Das Herz des Drachen

Das Herz des Drachen

Titel: Das Herz des Drachen
Autoren: Keith R. A. DeCandido
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Geburtstag geschenkt hatte, bevor sie Schluss gemacht hatten. Er hatte mal eine Jeansjacke gehabt, aber die war irgendwann verschwunden. Vielleicht hatte er sie sogar für etwas Gras verkauft. Er konnte sich nicht erinnern.
    Die Wohnung, auf die er aufpasste, war im Inner Mission District, an der Guerrero, nahe der 22nd. Es war nur ein Spaziergang von zehn Minuten nach Dolores Park, hätte aber auch auf einem anderen Planeten sein können. Es waren kaum Leute auf der Straße und die wenigen, die er traf, gingen direkt von ihren schicken Sportwagen zur Haustür. Andere beobachteten ihn hinter ihren Spitzengardinen.
    Keiner von ihnen wagte sich in die Kälte. Wetter war etwas, an dem sich Bauern störten.
    Jede Minute, das wusste er einfach, würde jetzt einer die Bullen rufen.
    Seine knubbeligen Knie wurden weich. Er ging auf die viktorianische Haustür zu, die jemand kotzgrün angestrichen hatte.
    Als er an die Tür klopfte, fühlte er einen eisigen Hauch, der nichts mit dem Wind zu tun hatte, der von der Bucht her blies. Die Tür klang beim Klopfen hohl, als ob er an einen Sarg klopfte.
    Mehrere Sekunden antwortete niemand. Das wurde Moondoggy jetzt langsam alles zu heavy.
    Als er gerade aufgeben, zu seiner Bude zurückkehren und überlegen wollte, was er Albert sagen sollte, öffnete jemand die Tür einen Spalt. Sie quietschte schneidend laut und er zuckte zusammen.
    Jemand stand auf der anderen Seite, aber es war dort dunkel, und Moondoggy konnte kein Gesicht erkennen.
    „Hey, Mann, was geht ab?“, sagte er zögernd. „Sunflower schickt mich.“
    „Bist du Moondoggy?“, antwortete eine Stimme, die wie zerknittertes Papier klang.
    „Äh, ja, Mann, das bin ich. Ich bin nur hier, um das Zauberspruchfragment abzuholen.“
    „Dir ist klar, dass das, was ich dir aushändige, nicht vollständig ist?“
    Jetzt, da er seinen Mut wiedergefunden hatte, wurde er langsam ungeduldig.
    „Schau mal, Mann, ich bin ja nicht zum College gegangen oder so, aber ich weiß, was das Wort ‚Fragment‘ bedeutet, okay? Ich bin nur hier, um das Teil abzuholen, weißt du, was ich meine?“
    Einen Moment schwiegen beide.
    „Warte hier“, sagte die zerknitterte Papierstimme und schloss die Tür mit einem lauten Knall, der die Haare in Moondoggys Bart erbeben ließ.
    „Hätte mich ja wenigstens mal reinlassen können“, murmelte er und rieb sich erneut die Arme. „Hätte Albert im Voraus bezahlen lassen sollen.“
    Er war nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war – Moondoggy hatte nie eine Uhr besessen, was ein weiterer Grund dafür war, dass seine Karriere als Roadie nicht von langer Dauer gewesen war. Dann öffnete sich endlich wieder quietschend die grüne Tür.
    Diesmal öffnete sich die Tür weiter, sodass Moondoggy einen Blick auf den Kerl auf der anderen Seite erhaschen konnte. Er hatte eine Haut, die faltiger war als die eines Zirkuselefanten und dürre weiße Haarbüschel auf dem großteils kahlen Kopf. Leberflecken bedeckten seinen Scheitel.
    An der Wand waren Konzertposter, was Moondoggy überraschte. Er hatte nicht gedacht, dass Kerle, die mit Zaubersprüchen handelten, gute Musik mochten, aber da war ein Poster von Dead, als sie im Februar und März im Filmore gespielt hatten.
    War es dieses oder letztes Jahr gewesen? Er war noch nie gut mit Jahreszahlen gewesen. Eine knorrige Hand streckte sich ihm entgegen und hielt ein Stück Papier, das ebenso zerknittert war, wie die Stimme des Mannes klang.
    „Geh umsichtig damit um“, sagte der Mann. „Das ist ein Teil eines Spruchs, der einen bösen Geist aus den tiefsten Tiefen der Hölle heraufbeschwören kann.“
    „Oh, ja. Heftig.“ Moondoggy nahm den hingehaltenen Schnipsel und sah ihn sich an. Das sah aus wie ein Haufen Nonsens. Er konnte keine anderen Sprachen sprechen außer Englisch und Spanisch, und das sah wie keine von beiden aus. Mit einem Schulterzucken schob er das Papierstück in die Tasche seiner Schlaghosen.
    „Danke, Mann. Hey, warst du bei der Show von Dead im Filmore? Weil die …“
    Die Tür schlug wieder zu.
    „Wohl nicht.“ Er drehte sich um und ging die Treppe hinunter. Mit jedem Schritt wuchs sein Bedürfnis, so weit weg wie nur möglich von diesem düsteren viktorianischen Haus zu kommen.
    Also ging er so schnell er konnte in den Inner Mission District. Hier fühlte Moondoggy sich zu Hause. Hier waren Leute auf der Straße und keiner sah ihn komisch an. Und das Beste von allem: Hier gab es keine unheimlichen alten Kerle mit fiesen Stimmen
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