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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Käse, in dem die Geister wohnen. Wenn auch nur eine Zutat falsch ist, macht er die Menschen nicht glücklich, sondern melancholisch. Alles muss stimmen, alles.«
    Im gleichen Augenblick tauchte Mama Isa aus der Ahnenwelt auf. Auf ihrem Gesicht prangte ein breites Lächeln, die immer noch weißen Zähne blitzten. »Ich hab’s«, verkündete sie stolz. »Ein bisschen Kalaharitrüffel muss rein.«
    Mama Elo nickte, als hätte sie es gewusst, nahm eine Hand voll der pulverisierten Trüffel, roch daran, rieb das Gewürz zwischen den Fingern und ließ es großzügig in die Schüssel mit der Käsemasse rinnen. Leise singend rührte sie mit dem Holzlöffel zehn Mal linksherum, dann zehn Mal rechtsherum.
    »Ich glaube, Meisie, es ist besser, wenn du jetzt gehst.« Mama Isa komplimentierte Ruth mit heftigem Handwedeln zur Tür.
    Ruth riss erstaunt die Augen auf. Dann lächelte sie, breitete die Arme aus und sagte amüsiert: »Klar. Ich gehe. Ihr seid hier die Chefs.« Sie wandte sich um, verließ die Käserei und schüttelte den Kopf. Kalaharitrüffel! Wenn Mama Elo und Mama Isa die Käserei auf diese Weise führten, wären sie pleite, bevor der erste Käse gereift sein würde. Und Abnehmer hatten sie auch noch nicht gefunden.
    Die Sonne brannte heiß über dem Wendekreis des Steinbocks. Ruth schob die Ärmel ihres Overalls bis über die Ellbogen zurück und lief über den Wirtschaftshof hinüber zum Herrenhaus. Schon im Morgengrauen war sie bei der neuen Herde gewesen, hatte das Fell der Schafe untersucht, die Euter befühlt, die Tränken aufgefüllt und ein wenig Kraftfutter für die Tiere gestreut. Jetzt war eine gute Zeit gekommen, um endlich ein zweites Frühstück einzunehmen und einen Kaffee zu trinken.
    In der Küche war es still. Kein Wunder, denn Mama Isa und Mama Elo werkelten nach wie vor in der Käserei herum. Die Kaffeekanne war leer, nicht einmal ein abgedeckter Teller mit Sandwichs stand auf dem Tisch, von selbst gemachter Limonade ganz zu schweigen. Nur ein leerer Teller und eine gebrauchte Tasse warteten im Spülbecken darauf, dass sich jemand ihrer annähme.
    Ruth seufzte, drehte den Wasserhahn auf und trank gleich aus dem Kran.
    »Ruth!«
    Sie fuhr herum. Hinter ihr stand Rose, die Augen geschlossen, die Hände anklagend erhoben.
    »Was ist?«
    »Du benimmst dich wie eine Farmerin!«
    »Ich bin eine Farmerin.«
    »Ja«, musste Rose zugeben. »Aber ich hoffe doch, dass du zu denen gehörst, die wissen, dass man aus Gläsern trinkt.«
    »Aber sicher, Mutter.« Ergeben nahm Ruth ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser und stellte es auf den Tisch. Dann öffnete sie den Kühlschrank, holte Brot, Butter und getrocknetes Fleisch hervor und machte sich ein Sandwich.
    »Nimm einen Teller, Kind. Ich kann gar nicht zusehen.«
    »Musst du auch nicht. Komm einfach wieder, wenn ich hier fertig bin, oder möchtest du etwas von mir? Hast du in Corinnes Illustrierten ein neues Geschirr entdeckt, oder sind die neuen Vorhänge unvorteilhaft für Corinnes Teint?«
    Rose überhörte die Ironie. »Nichts dergleichen. Ich bin gekommen, um mit dir zu reden. Ein Gespräch von Frau zu Frau.« Seufzend ließ sie sich auf einen Stuhl fallen.
    Ruth biss kräftig vom Sandwich ab, kaute einmal und fragte dann mit vollem Mund: »Worüber willst du mit mir reden?«
    Rose sah angewidert zur Seite. »Man spricht nicht mit vollem Mund.«
    Ruth schluckte herunter und lächelte. »Dann solltest du bei Familienzusammenkünften ab sofort pausenlos Sandwichs verteilen.«
    »Es geht um deine Zukunft«, verkündete Rose ernst und zog Ruth den Teller mit den verbliebenen Broten weg. »Es geht mich vielleicht nichts an, aber ich wüsste gern, wie das hier mit diesem ... ähm ... Horatio weitergehen soll. Sieh, Ruth, er ist ein Schwarzer, und Schwarze und Weiße gehören nicht zusammen.«
    Ruth angelte sich ihren Teller zurück, biss geräuschvoll von ihrem Sandwich ab, kaute, nickte und sagte: »Du hast recht, Mutter.«
    »Na, siehst du, Kind. Ich wusste doch, dass du vernünftig bist.«
    »Du hast recht: Es geht dich nichts an.«
    Ruth machte Anstalten aufzustehen, doch Rose befahl: »Bleib sitzen!«
    »Mutter, ich habe eine Farm zu führen. Es gibt jede Menge zu tun heute.«
    »Bleib sitzen, habe ich gesagt. Na los doch, mach schon.«
    Seufzend ließ sich Ruth wieder auf den Stuhl fallen, legte die Hände ordentlich vor sich auf die Tischplatte und zog ein Gesicht, das sie sich eigentlich für die Sonntagspredigt in der Kirche aufsparte.
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