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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Horatio es mit einem lodernden Dornbusch verglichen hatte, ließ die Mistgabel sinken und betrachtete ihren Liebsten, der ungefähr zwanzig Meter vor ihr arbeitete und ganz und gar versunken schien. Nur manchmal hob er den Kopf, sah zu ihr und lächelte ebenfalls, und dann vollführte Ruths Herz kleine, glückliche Hüpfer.
    Ruth sah an sich herab, und ihr Lächeln wurde breiter. Noch vor ein paar Monaten hatte sie sich pummelig und ungefähr so attraktiv wie ein trächtiges Angusrind gefühlt. Aber dann hatte Horatio sie mit seinen großen, dunklen Augen angesehen, und Ruth hatte sich zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich schön gefühlt. Und schlank, jedenfalls seitdem Horatio ihr eine Diät ausgeredet hatte: Iss bloß nicht weniger, Liebes. Dann habe ich nicht mehr so viel, das ich lieben kann. Sie hatte den Diätratgeber in die Ecke geworfen, ihr Haar gelöst, die Schultern gestrafft und war schön geworden. Einfach so. Nur wegen der Liebe.
    Aber nicht nur ihr Körpergefühl hatte sich verändert. Anders als früher sang Ruth nun häufig während der Arbeit. Auch jetzt stieß sie die Gabel im Takt von Chris Howlands Hit Das hab ich in Paris gelernt in den Mist. Danach sang sie lauthals Heidi Brühls Chico Chico Charlie und Wir wollen niemals auseinandergehn . Erst als ihr die Puste ausging – lange nachdem sich Horatio verabschiedet hatte, um in der Gerätehalle nach dem Rechten zu sehen –, richtete sie sich auf und sah zum Herrenhaus hinüber. Durch das geöffnete Fenster erblickte sie ihre Mutter und ihre Schwester Corinne. Sie saßen am Tisch im Salon und unterhielten sich angeregt. Jetzt stand Corinne auf und schaute hinüber zur Halle, wo Horatio gemeinsam mit dem Vorarbeiter Santo einen Traktor reparierte. Rose folgte ihrem Blick.
    »Aha, so ist das also«, murmelte Ruth. »Dachte ich es mir doch!«
    Sie wusste natürlich, wie ihre Mutter zu Horatio stand. Und sie wusste genauso selbstverständlich, dass Corinne und Rose etwas ausheckten, wenn sie zusammensaßen. Ruth nickte dennoch zufrieden. Sollten sie reden, was und wie sie wollten. Je länger, desto besser. Denn solange die beiden da drinnen mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten beschäftigt waren, konnten sie ihr wenigstens bei der Farmarbeit nicht in die Quere kommen.
    Ruth lehnte die Mistgabel an einen Weidezaunpfosten, streichelte beiläufig einem Lamm über den Rücken und begab sich anschließend zu einem bisher ungenutzten Teil des Nebentraktes. Er enthielt seit Kurzem alles, was man für eine kleine, einfache Käserei benötigte: einen guten Herd, mehrere Quarktöpfe, ein Käsegitter, Leinentücher, Siebe in verschiedenen Größen, Rührgeräte, jede Menge Gewürze, eine Pipettenflasche mit Lab und natürlich Behältnisse, um den Käse abzufüllen.
    Mama Elo, gesund und drall wie eh und je, stand am gescheuerten Arbeitstisch und rührte mit Hingabe in frischer Quarkmasse.
    »Was wird das?«, fragte Ruth neugierig. »Probierst du einen neuen Käse aus?«
    Die Schwarze wischte sich mit dem Unterarm eine Haarsträhne aus ihrer verschwitzten Stirn. »Das, Meisie, wird der berühmte Nama-Ziegenfrischkäse. Mama Isa hatte das Rezept noch im Kopf.«
    Ruth wandte sich zu Mama Isa um, die neben dem Arbeitstisch auf einem Schemel hockte, die Ellbogen auf die Knie gestützt, den Kopf in den Händen vergraben. »Was ist drin?« Sie hielt erstaunt inne. Durch das Licht, das durch die frisch geputzten Stallfenster drang, wirkte Mama Isa wie ein angestrahltes Denkmal.
    »Stör sie nicht. Sie denkt an die Vergangenheit.«
    »Aha.« Ruth ging um den Schemel herum und betrachtete Mama Isa von oben, um die Wirkung des Lichts aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten. Die schwarze Frau seufzte auf.
    »Stör sie nicht, hab ich gesagt!« Mama Elos Ton war eine Spur schärfer geworden.
    Ruth wich zwei Schritte zurück und beugte sich zu Mama Elo. »Sitzt sie da und denkt, dass es aus ihren Ohren qualmt, weil sie eine Zutat des Rezepts vergessen hat?«, flüsterte sie.
    »Natürlich nicht!« Mama Elo zog empört die Augenbrauen nach oben und stöhnte so, wie sie es sich bei Rose abgeguckt hatte. »Sie nimmt Kontakt zu den Ahnen auf.«
    »Wegen Pfeffer und Salz?« Ruth schüttelte den Kopf.
    Als Mama Elo wieder aufstöhnte, zog Ruth schicksalsergeben die Schultern hoch. Irgendwie ertönte dieses Stöhnen hier auf der Farm mittlerweile öfter als Schafblöken.
    »Jede einzelne Zutat muss stimmen, verstehst du? Das wird nicht irgendein Käse, sondern ein
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