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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht
Autoren: Ulrike Schweikert
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Plan auszuführen und ihm alles zu nehmen, was ihm die Einsamkeit seiner Ewigkeit vertrieb. Denn wie viel Hoffnung durfte er hegen, dass das blinde Kind allein aus dem Toben der Flammen entkommen könnte?
    Ileana riss den Mund auf und bleckte ihre Reißzähne. Das Licht der Flammen tanzte über die Kraterlandschaft ihrer zerstörten Gesichtshälfte. András schlug ihr mit einer raschen Bewegung gegen die Schläfe. Ihr Griff lockerte sich für einen Augenblick. Er duckte sich in einer Drehung unter ihr weg, griff zu und schleuderte sie gegen einen der brennenden Stützbalken. Doch Ileana war von anderem Kaliber als ihr junger Vasall in Wien. Sie drehte sich noch im Fallen wie eine Katze und stieß sich mit den Füßen an der Kante ab. Nur eine Strähne ihres langen Haares fing Feuer und zerfiel mit einem Zischen zu Asche. Sie brüllte wie ein Raubtier und stürzte sich wieder auf András. Ein Stück seines Fleisches musste er ihrem Rachen opfern, dafür bekam er ihr Handgelenk zu fassen und zerbrach es unter seinem Griff. Sie lachte nur schrill, biss ihm in den Arm und befreite sich. Beim nächsten Angriff riss András ihr eine Wunde in den Oberschenkel. Er bekam nur einen langen Kratzer über die Wange ab, aber dann sprang sie ihm in den Rücken und quetschte seine gebrochenen Rippen, dass sie ihm die Lunge zerstachen. Er kostete ihn alle Mühe, ihren Klammergriff zu lösen und sie wieder von sich zu schleudern. András spuckte blutigen Schaum. Geduckt erwartete er ihren nächsten Angriff.
    Ein weiterer Teil des Daches stürzte in Donnergetöse herab, doch die beiden Vampire kämpften verbissen weiter. Es ging darum, die ewige Existenz des anderen für immer auszulöschen. Eine andere Lösung konnte es nicht mehr geben. András holte rasselnd Atem. Er fühlte, wie seine Bewegungen langsamer wurden und seine Beine schwerer. Aber diese Schwäche traf ihn nicht allein. Die Sonne war nah! Nun gelang es ihm, Ileanas Bewegungen mit den Augen zu folgen. Allerdings machte es ihm seine eigene Schwäche nicht leichter, ihre Angriffe zu parieren. Zweimal ließ er sie ins Leere laufen, dann packte er sie und hielt sie umschlungen. Sie wehrte sich und wand sich. Biss nach ihm und riss ihm ein Stück Stoff und ein wenig Fleisch aus der Brust, während er ihren Arm an der Schulter auskugelte. Dennoch gelang es ihm wieder nicht, ihr so nachhaltig zu schaden, dass sie zu einer leichten Beute wurde. Sie riss sich los, rannte zur anderen Seite, sprang über einen brennenden Balken hinweg und schlug ihren Arm hart gegen die Wand, bis die Gelenkkugel wieder in die Pfanne rutschte. Es war der Schrei eines wilden Tieres, der über den Dachboden hallte. Sie stierte ihn aus blutunterlaufenen Augen an.
    »Es wird Zeit, es zu beenden!«, keuchte sie und zog etwas Langes, Dünnes unter ihrem weiten Rock hervor, das ein Stilett sein mochte. András sah es silbern aufblitzen. Da kam sie in langen Sätzen auf ihn zu, die Klinge zum tödlichen Stoß erhoben. András machte sich bereit, ihm auszuweichen. Was für eine Sprungkraft! Er hätte sie für ihre Eleganz bewundern können, wenn sie nicht allein seiner Vernichtung dienen würde.
    Er sah, wie Ileana ausbalanciert landete, um sich für den entscheidenden letzten Sprung abzudrücken. Doch das Feuer hatte die Planken ausgezehrt, und sie gaben unvermittelt unter ihren Füßen nach. Ileana stieß einen Schrei aus und warf die Arme in die Luft, konnte es aber nicht verhindern, dass die Schwerkraft sie mitsamt der ausgekohlten Bohlen nach unten riss.
    Vor András tat sich ein mehrere Schritte großes Loch auf. Er wich zurück, als die Flammen, die sich im Stockwerk darunter gütlich getan hatten, fauchend durch das Loch schlugen. András wartete, bis sie sich für einen Moment zu sammeln schienen, dann sprang er hinterher.
    Hier unten war die Hitze noch unerträglicher. Der Rauch so dicht, dass er kaum etwas erkennen konnte. Doch er spürte Ileana, die sich gerade wieder aufrappelte. Was war mit ihr? Der Sturz konnte ihr nicht so sehr geschadet haben. Hatte sie sich gar mit der silbernen Klinge ihres eigenen Stiletts verletzt?
    András nahm sich nicht die Zeit, das zu überprüfen. Er stürzte sich auf sie und entwand ihr die schmale, spitze Waffe. Er stieß zu. Sie wich aus. Er packte sie und hielt sie fest, während er auf ihre Brust zielte. Sie wand sich und biss ihn, aber er ließ sie nicht los.
    Das Knacken war ohrenbetäubend und setzte sich in Schwingungen durch das ganze Haus fort. Die Böden
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