Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
Muslime und Juden verglich. Auch einige Leute in unserem Dorf
glaubten, dass ich vom Himmel herabgestiegen wäre.
    Ich zwang mich, nicht zurückzuweichen, als die Finger des Jungen
meine Wange berührten. In seinen Augen flammte eine seltsame Regung auf, eine
Mischung aus Ehrfurcht und Unglauben.
    »Möglicherweise ist sie einer«, sagte Sayd hinter mir und
zerstörte die merkwürdige Spannung, die sich zwischen uns aufgebaut hatte. »Doch
jetzt sollten wir uns beeilen, denn ein einzelner Engel wird die Heerscharen
dort draußen wohl kaum aufhalten können.«
    »Ihr habt recht!«, pflichtete ihm der Leibwächter bei, dem der
Anblick des in meinem Bann stehenden Prinzen kurz die Sprache verschlagen hatte.
»Majestät, auch wenn Euer Vater und der Kronrat diese Anweisung nicht erteilt
haben, bitte ich Euch, mit uns die Stadt zu verlassen. Zu Eurer Sicherheit.«
    Noch immer lag der Blick des Dauphin auf mir. Ich nickte ihm
lächelnd zu. »Es ist richtig, Majestät«, sagte ich leise. »Wenn Ihr uns folgt,
werdet Ihr eines Tages den Thron besteigen und König dieses Reiches sein. Ihr
werdet der König sein, der Eurem Volk den Frieden bringt.«
    Das genügte, ich sah es an seinen Augen.
    »Also gut, bringt mich fort«, sagte der Bursche. »Wenn es Euch
gelingt, dass ich unbeschadet die Tore von Paris passieren kann, sollt ihr alle
reich belohnt werden.«
    Als ich zur Seite blickte, sah ich, dass Sayd mir anerkennend
zunickte.
    Viel aus seinem alten Leben konnte der Prinz nicht mitnehmen.
Angesichts des Tumultes auf dem Schlosshof – und wie dieser enden würde, konnte
ich mir denken – war höchste Eile geboten. An Davids Kopfschütteln erkannte ich,
dass er der Meinung war, die Hetzerei wäre zu vermeiden gewesen, hätte man den
Prinzen nur gepackt und mit sich geschleppt. Doch der Dauphin war kein kleines
Kind mehr, sondern ein junger Mann, und würde die Art und Weise, wie er
behandelt wurde, nicht vergessen.
    Mit leichtem Gepäck, das der Leibwächter trug, und einer Decke
über den Schultern führten wir den Prinzen schließlich aus seinen Gemächern.
Helle Aufregung herrschte bei den Bediensteten, als wir, sämtliche Geheimwege
des Schlosses ausnutzend, schließlich in der Küche herauskamen, in der viele der
Mägde schliefen. Oder besser gesagt, nicht mehr schliefen, denn der Gefechtslärm
hatte auch sie von den Strohsäcken heruntergeholt, weshalb sie uns zwischen den
Füßen herumstolperten wie aufgescheuchte Hühner.
    Durch eine Luke, die in den Küchenboden eingelassen war, ging es
weiter durch unterirdische Gänge, bis wir irgendwo in der Stadt neben einer
kleinen Kapelle herauskamen.
    »Warum haben sie den Weg nicht gleich bis vor die Stadtmauer
gegraben?«, murmelte Vincenzo ärgerlich, während er lange graue Spinnweben von
seinen Schultern sammelte.
    »Vermutlich haben sie es noch nicht ganz so weit geschafft«, war
Davids ganz einfache Erklärung dafür. »Außerdem haben Könige Wichtigeres zu tun,
als an die eigene Flucht zu denken.«
    Glücklicherweise sprachen sie so leise, dass der Dauphin nichts
von dem Wortwechsel mitbekam. Was hätte er wohl dazu gesagt, dass die
Sicherheitsvorkehrungen seiner Ahnen in Zweifel gezogen wurden von einem
Burschen, der kaum älter als er selbst erschien?
    Ganz in der Nähe ertönte Geschrei, offenbar waren die Burgunder
noch nicht fertig mit den Anhängern des alten Königs. Wir hielten uns im
Schatten, denn auch wenn wir die Söldner nicht fürchteten, wollten wir eine
Auseinandersetzung vermeiden. Kampflärm zog Kämpfer an, das war ein altes Gesetz
des Krieges.
    Nachdem wir eine Baustelle passiert hatten, bogen wir in eine enge
Gasse ein. Noch immer begegneten wir keiner Menschenseele, was mir allmählich
seltsam vorkam, mein Instinkt sagte mir deutlich, dass hier irgendetwas nicht
stimmte.
    »He, ihr!«, hallte eine Stimme hinter uns, als wir vielleicht die
Hälfte der Gasse durchschritten hatten. Ich wandte mich um und erblickte vier
Männer, die zwischen zwei Häusern hervortraten. »Seid ihr für die Bourguignons
oder die Armanacs?«
    »Es wäre auch zu schön gewesen«, murmelte Sayd auf Arabisch, dann
blickte er zu uns.
    »Lauft!«, rief er uns zu, während er mit einer eleganten Bewegung
seine Dolche zog. Wie selbstverständlich zog ich mein Schwert Fenrir aus dem
Futteral und stellte mich neben ihn. »Laurina, du solltest ihn begleiten«,
brummte Sayd, während die Männer mit bösartigem Lachen näherkamen.
    »Wenn ich dir helfe, sind wir schneller
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher