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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sichtbarem Dauererfolg! Meine Herren!« Latungo hob die Stimme, sie wurde hell und durchdringend. »Ich beschwöre Sie: Hellen Sie das Dunkel um dieses Herz auf!«
    Es klang dramatisch, bühnenreif deklamiert. Das verfehlte bei Italienern seine Wirkung nicht.
    »Wie steht es überhaupt mit den Herzverpflanzungen?« fragte der Generalstaatsanwalt.
    »Mies! Bis heute sind einhundertdreiundvierzig Herztransplantationen nach der bekannten konservativen Methode gemacht worden. Die meisten in den USA, von Professor Norman Shumway und Professor Dr. DeBakey. Aber die immer tödlichen Abstoßreaktionen haben zu einer Resignation bei den Chirurgen geführt. Man ist jetzt schon soweit, Herzverpflanzungen als medizinische Kuriositäten zu betrachten, die immer seltener werden, weil wir Ärzte immer verpflichtet sind, dann zu helfen, wenn es einen Sinn hat! Selbst DeBakey, Star aller Herztransplantatoren, hat neulich geäußert: ›Wenn sich auf diesem Gebiet nicht etwas Neues tut, hat es einfach keinen Zweck!‹ Das sagt der Mann, der bisher die meisten Herzen verpflanzt hat! Meine Herren – in der ganzen Welt gibt es heute etwa fünfzehn Forschungsinstitute, die sich mit Herztransplantationen und der Konstruktion eines Kunstherzens beschäftigen. Ich nenne nur einige Namen: Professor Yukihito Nose in Cleveland oder Professor Valery I. Shumakov vom Zentralinstitut für Herzchirurgie in Moskau. Auch er arbeitet an einem Totalersatz des Herzens durch eine künstliche Blutpumpe! Da ist Professor Bücherl in Deutschland oder Professor Kolff und Professor Cooley in den USA. Wie auch immer die einzelnen Methoden aussehen – es gibt ein großes Problem: Neben der Immunschranke die Verhinderung von Blutgerinnseln, den Thromben, die entstehen, wenn das Blut in Kontakt mit dem Kunststoffherzen oder Kunststoffgroßgefäßen kommt! Das reibungslose Fließen des Blutes ist die Vorbedingung für einen normalen Herzschlag zwischen 80 und 100 Schlägen pro Minute. 10.000 bis 15.000 Liter Blut pro Tag, meine Herren – das ist in 24 Stunden ein riesiger Tankwagen voll. Und den füllt das kleine Herz, zwölf Zentimeter lang und neun Zentimeter dick, mit seiner Saug- und Pumpleistung!« Professor Latungo holte tief Atem: »Was sagte DeBakey? ›Solange es auf diesem Gebiet nicht etwas Neues gibt … ‹ Wir haben etwas Neues! Hier sehen Sie es alle, meine Herren …« Er tippte mit dem Zeigefinger gegen die Röntgenbilder. »Der vollkommene Herzaustausch – die Sehnsucht aller Chirurgen! Es gibt ihn! In aller Heimlichkeit wird er ausgeführt. Und nur durch Zufall wurde er entdeckt! Und das sollen wir einfach hinnehmen?! Nein!«
    »Sie müssen es!« sagte der andere Anwalt von Leone Tortalla ruhig.
    »Wir müssen nicht!« Der Generalstaatsanwalt stand auf und blickte sich im Kreise der Mediziner und Juristen hoheitsvoll um. »Ihre Proteste, meine Herren Anwälte, nehme ich zur Kenntnis. Der Staat wird dennoch eingehende Untersuchungen anstellen und vorerst anordnen, daß Signore Tortalla in der Klinik verbleibt.«
    »Protest!« rief der erste Anwalt.
    »Zur Kenntnis genommen!« Der Generalstaatsanwalt lächelte mokant. »Ich sagte es schon. Wie wollen Sie protestieren? In aller Öffentlichkeit? Damit kämen Sie unserem Bestreben, Klarheit in diese mysteriöse Geschichte zu bringen, sehr entgegen! Es sei denn, Sie könnten erklären …«
    »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß wir nicht wissen, wo unser Mandant operiert worden ist. Er ist damals weggefahren, mit unbekanntem Ziel, und kam nach drei Monaten mit einem neuen Herzen zurück. Gesund und wie verwandelt.«
    »Dann kann uns nur noch Signore Tortalla selbst helfen.«
    »Völlig sinnlos, darauf zu warten.«
    »Wir werden es versuchen. Im Interesse Hunderttausender Herzkranker, die vielleicht gerettet werden könnten.«
    »Wohl kaum!« warf Professor Latungo ein und schaltete die Lichtwand aus. Wie dunkle, abstrakte Bilder hingen die Röntgenfotos an ihren Chromklammern. »So viele Spenderherzen kann es niemals geben …«
    Wer dachte in diesem Kreis schon an etwas so Grauenhaftes wie Dr. Sorianos lebende Herzbank?
    Sieben Tage lang wurde der arme Bankier Leone Tortalla von den Staatsanwälten und Ärzten bearbeitet. Seine Anwälte reichten schriftliche Proteste ein, die man zunächst unbearbeitet zur Seite legte. Das ist die Stärke der Behörden in allen Ländern, nicht nur in Italien: Man kann ihnen selten nachweisen, daß sie nichts tun! Es heißt immer: Die Akte ist im Vorgang. Vorgang
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