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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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war, wie dünn der Felsvorsprung war, auf dem ich saß.
    »Noch einmal: Wer bist du?«
    »Das weißt du doch schon. Du hast erwartet, uns in dieser Galaxis anzutreffen, doch als du hier ankamst, waren wir nicht da. Ich bin alles, was noch übrig ist; die Letzte der Ersten Maschinen.«
    »Nur Portula hat sie so genannt.«
    »Aber sie hat mit Hesperus gesprochen, und Hesperus hat es sich gemerkt«, widersprach mir der Glasmensch.
    »Dann hast du mit Hesperus gesprochen.«
    »Das kann man so nicht sagen. Bei seiner Ankunft war er stark beschädigt. Der Durchflug hat sich sehr schwierig gestaltet. Du hast das Raumschiff gesehen.«
    »Und Hesperus?«
    »Er ist auf den Planetenboden gestürzt. Er hatte keine Zeit mehr, eine kompaktere Gestalt anzunehmen, doch als ich ihn erreichte, war von seinem Bewusstsein nicht mehr viel übrig. Ich übernahm seine Erinnerungen, so weit sie noch vorhanden waren. Viel mehr konnte ich für seine Persönlichkeit nicht tun. Das meiste hatte er bereits aus eigenem Entschluss abgelegt.« Die Gestalt verstummte, als gedächte sie der verstorbenen Maschine. Ich blickte über die Schlucht hinweg, die uns von der Steilwand des nächsten Plateaus trennte, und wartete darauf, dass der Glasmensch weitersprach. Der Waldboden war in Nebel gehüllt, der das Rauschen des fernen Wasserfalls dämpfte. »Das war sehr bedauerlich«, fuhr er schließlich fort. »Wir hätten so vieles zu bereden gehabt. Nach der langen Zeit gab es viel zu erzählen. Ich habe seine Gesellschaft immer sehr gemocht.«
    »Du kannst Hesperus nicht gekannt haben. Er war ein Maschinenwesen. Ihr wart schon Millionen Jahre tot, als er auf der Bildfläche erschien.«
    »Da irrst du dich, Splitterling – aber ich kann dir keinen Vorwurf daraus machen, dass dir nicht alle Fakten bekannt sind. Hesperus war früher auch mal ein Mensch. Abraham Valmik lautete sein Name. Geboren wurde er in der Goldenen Stunde. Als die Ersten Maschinen auftauchten, wurde Valmik unser Freund. Wir bezeichneten ihn als unseren Fürsprecher. Wir schätzten ihn sehr und hofften, er würde zwischen unseren beiden Lebensformen vermitteln. Wir haben uns geirrt, doch das war nicht Valmiks Schuld. Er hat getan, was er konnte, und dafür werden wir ihm ewig dankbar sein.«
    »Ist es wahr, dass wir die Ersten Maschinen getötet haben?«
    »Ihr habt versucht, uns zu töten, und uns einen Dolch in die Brust gerammt. Doch der Dolch ist abgeglitten. Es war ein Unfall, doch das lässt die Tatsache, dass wir überhaupt mit dem Dolch bedroht wurden, nicht weniger widerwärtig erscheinen.« Der Glasmensch legte die Hand auf seine Brust. »Einige von uns hatten Glück – sie waren weit genug vom Zentrum unserer Gesellschaft entfernt, so dass ihnen Zeit blieb, zu flüchten und sich gegen die Bedrohung zu wappnen. Ich war einer der Flüchtlinge. Wir suchten in Andromeda Zuflucht, denn wir glaubten, die organischen Wesen würden uns in Ruhe lassen, wenn wir ihnen ihre Galaxis überließen.«
    »Wir haben das Verbrechen vergessen«, sagte ich. »Dann tauchten die Maschinenwesen auf.«
    »Ja. Vielversprechend, nicht wahr? Was hältst du von ihnen?« Das fragte er ganz vertraulich, als wäre ihm wirklich an meiner Antwort gelegen. »Sie machen uns Hoffnung, wecken aber auch Befürchtungen.«
    »Ich glaube, sie würden uns am liebsten alle vernichten.«
    »Würdest du ihnen daraus einen Vorwurf machen? Ihr habt, das lässt sich nicht leugnen, eine ausgeprägte Neigung, Maschinenintelligenzen zu töten. Es wäre das gute Recht der Maschinenwesen, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, meinst du nicht?«
    »Ich weiß nicht. Die Familien haben ein Verbrechen begangen und es anschließend vertuscht. Soll man auch alle anderen Kulturen der Metazivilisation für etwas zur Verantwortung ziehen, woran sie nicht beteiligt waren und wovon sie nicht einmal wussten?«
    »Das ist die Frage.«
    »Wir haben geglaubt, die Ersten Maschinen würden durch das Wurmloch kommen und den Maschinenwesen beistehen. Davon sind auch Kadenz und Kaskade ausgegangen.«
    »Ja – Kadenz und Kaskade«, sagte er nicht ohne Widerwillen. »Ich weiß aufgrund von Hesperus’ Erinnerungen über sie Bescheid. Nun, was glaubst du, Splitterling? Sieht es so aus, als würden sich die Ersten Maschinen sammeln, um durch das Wurmloch zu stürmen und blutige Vergeltung an denen zu üben, die sich an ihnen vergangen haben? Dürsten wir nach Rache, nach diesem sinnlosesten aller biologischen Beweggründe?«
    »Abgesehen von diesem
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