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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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ein berühmter Doktor unter den Juden sein, und Hospitäler werden nach ihm benannt sein. All eure Tage wirst glücklich du mit ihm sein.»
    Sie umarmte mich, und Tränen traten in ihre Augen. Ich küsste ihre Hand und empfahl mich.

    Heute haben unser Hab und Gut wir auf eine Kutsche verladen, die gen Norden uns wird bringen und deren Sitze wir mit vielen Kissen gepolstert, es der gnädigen Frau und ihrem Fötus leidlich bequem zu machen. Die arabischen Träger schleppten alles vom Haus zum Wagen, eilten hin und her, und ich staunte und nahm wunder, denn in der kurzen Zeit, die wir uns im Lande Zion erst befanden, hatten unsere Körbe schon mit so viel Gutem sich gefüllt – der gnädigen Frau Gerätschaften für ihre Zahnmedizin,meine Bücher und Tagebücher, die Kleider der Gnädigen, welche arabische Näherinnen ihr geschneidert, und dazu alle möglichen Kleinode und Pretiosen, die auf den Märkten der Araber wir erstanden. Und als endlich wir den Wagen bestiegen und aus Jaffa herausgefahren, füllte mein Herz sich mit Hoffnung und dem Wunsch, ich möge auf viele Jahre nicht mehr genötigt sein, in diese Stadt zu kommen und ihre Gassen zu besuchen, denn die Erinnerungen dieser sonderbaren Tage, die sich auf den Seiten dieses Tagebuches festgehalten finden, würden meine Seele verätzen und Überspanntheit und Verstörung ihr bescheren.
    Und dennoch, als wir die Kolonie Sarona auf Höhe des Wadi Musrara passierten und alsbald unweit des Tores zum Anwesen der Rajanis uns befanden, konnte ich nicht an mich halten und befahl, dem Unmut der gnädigen Frau zum Trotze, dem Kutscher, er möge haltmachen, und nahm einen verborgen gelegenen Pfad, der zum Gute führte.
    Das Schild, das einstmals dort angebracht, war zu Boden gefallen und entzweigebrochen, der Zaun stand wacklig und schadhaft, und alles kündete von Vernachlässigung und Verwilderung. Seit dem Tage, an dem Salach gestorben, hatte niemand mehr auf dem Gut gearbeitet, da die Kolonisten von ihrer Arbeit entbunden waren, einige von ihnen zu Mütterchen Russland zurückgekehrt, andere nach Amerika emigriert waren, ein jeder und sein eigen absonderliches Schicksal.
    Ich schritt langsam aus, wanderte über den morastigen Boden, auf dem Unkraut und Nesselbüsche zu allen Seiten wucherten, und mit einem Mal zeigte das Haus sich meinem Blick, die Fenster zerbrochen, die Veranda von Ziegenkot und Eselhaufen bedeckt und die Räume rußgeschwärzt vom Qualm der Feuer, welche Wandersleut entfacht, die dort pausiert und sich einen Kaffee oder ein Mahl bereitet.
    Eines fernen Tages wird vielleicht irgendein Mann – Jude oder Araber – die Schönheit dieses Anwesens entdecken und es in prächtige Gewänder hüllen, doch für jetzt ist es nicht mehr als ein Domizil den Insekten und Schlangen und ein Paradies den Fruchtfliegen, die an den faulenden Früchten sich laben.

    Auf unserer Fahrt über sich gen Norden windende Wege, die gnädige Frau schlummernd, den Kopf auf meinem Schoß, schaute ich aus dem Fenster auf dieses sonderbare Land, in dem Araber in Blechschuppen, in Hütten und großen Städten wohnen und hier und da als winzige Flecken jüdische Kolonien die Erde sprenkeln, und ich fragte mich, ob es wirklich möglich, dass gute Nachbarn zu Feinden werden konnten, dass eine angenehme Abendbrise in einen glühend heißen Ostwind sich wandelte, doch schon sah ich Flüsse und Ströme, die mit Schmutz und Unrat sich füllten, bis ihr Wasser vergiftet und todbringend für jede Seele, sah die Erde versengt und verbrannt und erbärmliche Lager, in denen viel Volk sich drängte, und die Prophezeiung des Jungen, die in seinem Abschiedsbrief er beschrieben, hallte in meinen Ohren wider, und jenes wunderbare und zugleich furchtbare Ende, das er geweissagt, schien vor meinen Augen Gestalt anzunehmen, und ich wiederholte die wenigen Sätze, die der Junge über die Zukunft zu Papier gebracht, hörte seine ernste Stimme, die in einer Mischung aus Segnungen und Verwünschungen sich erging, und meine Gedanken trugen zu dem Kind unter Esthers Herzen mich, und ehe die Tränen meine Augen füllten, drückte ich die Finger der gnädigen Frau, denn nichts als eine infame falsche Prophezeiung war all dies, ersonnen von einer gequälten Seele, die sich selbst das Leben genommen, und doch wusste ich, dass jede Nacht, bis ans Ende meines Lebens, zu der Stunde, da ich ins Bett sinken und von des SchlafesSchoß aufgenommen würde, seine Gestalt mir erscheinen sollte.
    Just in diesem Augenblick
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