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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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ungeschriebene Chronik kommender Tage, welche ebenso Taten von glorreichem Heldenmut wie auch jene des Unrechts und der Sünde enthält, angeführt von ebendemKrieg, den ich wieder und wieder vorhergesagt, indes, keiner der Bewohner meiner Stadt schenkte Beachtung meinen Worten.
    Und die Seiten dieses absenten, entrückten Tagebuches, die nur das Auge eines Propheten zu lesen vermag, offenbaren mir alle Taten deines Volkes, der Juden, die einer nach dem anderen in dieses Land kommen werden, wie ich es gesagt, die Araber zu verdrängen, zunächst aus ihrem Broterwerb und hernach von ihrem Land, und wir und unsere Nachfahren werden unsere Hand zum Frieden ausstrecken, doch die ausgestreckte Hand wird so bald nicht ergriffen werden, denn an ihre Stelle werden Streit und Hader treten, die alsbald schon abgelöst von Mord und Totschlag, und wie bitterlich musste weinen ich, als dieses Tagebuch mir die Ströme von Blut dartat, welche das Land überfluten werden, die süße Erde, die von den Leichen der Ermordeten und Entwurzelten entweiht ward.
    Zwölf Kriege werden über euch und über uns kommen, der erste ein Krieg des Feuers, in dem ihr obsiegen werdet und die Söhne unseres Volkes über das Meer vertreiben. Diesem werden folgen der Krieg der trockenen Vögel und der Krieg der bitteren Seen, der Krieg des Unrechts und der Krieg des Ostens, der Krieg derer, die auf dem Berg sitzen, und der Krieg jener, die an den Hörnern des Altars sich festhalten, der Krieg der belagerten Stadt und der Krieg des zerbrochenen Schilfrohrs, der Krieg der Elfenbeinelefanten und der Krieg derer, die unterirdische Höhlen graben, bis zu dem allerletzten Krieg, nach dem …

    Ich legte den Brief zur Seite und brach in bittere Tränen aus, denn was er beschrieben, mochte wohl in noch fernen Tagen sich ereignen, in einhundert Jahren oder deren zweihundert, doch alle diese Ereignisse wirkten auf den Leser wie eine Geschichte, über deren Windungen er sich zwar wundern mochte, die nichtsdestotrotzaber durchaus möglich schien. Seinen Brief beschloss der Junge mit der Zeile eines Gedichtes, welche unentgeltlich er mir zum Geschenk gemacht.

14. Mai 1896, Neve Shalom
    Einen ganzen Monat oder gar deren zweie habe ich nicht mehr in meinem Tagebuch geschrieben, aus Furcht, ich könnte, wenn an seine Seiten ich rührte, abermals einen Fluch über mein Haupt bringen.
    Doch heut ist ein besonderer Tag, da wir in Begriff, Jaffa zu verlassen und nach dem Norden des Landes zu fahren, zu der Kolonie Rosh Pina. Die in Amerika beheimatete Jewish Colonisation Association ist an mich herangetreten und hat mir offeriert, dort den Kolonisten vorzustehen und neue Kolonien zu errichten. Ich habe akzeptiert.
    Die gnädige Frau zeigte höchst verständnisvoll und entgegenkommend sich und stimmte unserem Weggange zu. Ihren Augen waren gewisslich die Trauer und der Gram nicht verborgen geblieben, in die ich mich in jenen Tagen beschied, und die Niedergedrücktheit meines Empfindens, sodass ihre noble Seele gewillt war, ihre florierende Zahnheilklinik zu schließen und fort, weit fort von hier zu reisen. Für dieses zolle ich großen Dank ihr.
    Hätte allein ich zu entscheiden gehabt, wären bereits vor einem Monat wir von hier aufgebrochen, indes, wir hatten noch die Hochzeit der gnädigsten Schwester, Rivka, geborene Blumstein, mit David Kumar abzuwarten, fürwahr ein schönes Paar. Die Hochzeit ward vollzogen in der Synagoge von Neve Zedek, im Beisein der crème de la crème des ganzen Landes, da Daviddas Oberhaupt der Chowewei Zion und die Braut eines jeden Herz erobert mit ihrer Schönheit und ihrer Anmut. Schon hatte unter den in Jaffa Ansässigen das Gerücht die Runde gemacht, wir seien in Begriff, von hier wegzugehen, sodass die große Freude über die Hochzeit und die Jauchzer des Bräutigams unter dem Traubaldachin sich trübten durch die Trauer über unseren baldigen Abschied. Viele der Herren ergingen sich in Erinnerungen, welche ergötzliche Stunden sie mit der gnädigen im Café gesessen, während die Damen sich die Freiheit nahmen, das Bäuchlein der gnädigen Frau zu betasten, ihr die besten Wünsche mit auf den Weg gaben und sie mit mannigfaltigen Ratschlägen versahen, was unter der Geburt sie zu tun habe, um ihre Schmerzen zu mildern.
    Die Braut indes gewahrte meine Gemütsverfassung und sagte: «Deine Miene ist säuerlich und eingefallen. Ist dies dein Hochzeitsgeschenk für uns?»
    «Nein», sagte ich, «sondern diese Weissagung: Dein Gatte wird
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