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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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weiß und aufgedunsen vom Wasser und kein Zweifel, dass seine Seele lang schon entfleucht.
    Andere Hirten, die sich dort umgetan, erzählten, sie hätten zuvor das Mädchen aus der Ferne gesehen, wie auf dem südlichenUfer sie wandelte, das von Schilfrohr und vielen anderen grünenden Sumpfpflanzen bewachsen, und dort habe ihre glänzenden Schuhe sie abgestreift und den Ast einer Eiche ergriffen, der zum Wasser sich neigte, alldieweil traurige Lieder von ihren Lippen erklangen, bis in den Fluten des Flusses sie sich ertränkte, einen ganzen Strauß Blumen an ihre Brust gedrückt.
    Die arabischen Hirten wussten all dies zu berichten, doch der Leiche des Jungen bin ich noch nicht ansichtig geworden, da im Dorf sie sich befindet und noch nicht zum Gut gebracht ward. Auch hat noch niemand Afifa die schreckliche Kunde überbracht, doch ist ihr anzumerken, dass ihr Herz, das Herz einer Mutter, ihr bereits alles verraten. In den letzten Tagen irrte immerzu von einem Raum zum nächsten sie, ihr Haar wirr, eine gelbe Blume im Knopfloch, und murmelte sinnlose Worte vor sich hin. Auch ohne Doktor Al-Bittar einzubestellen, ist offensichtlich mir, dass dieses unglückliche Geschöpf den Verstand verloren hat.
    Wäre ich doch bloß ein Poet oder Schriftsteller, so könnt auf diesen Seiten ich all meine Trauer anfachen oder wenigstens das Übermaß der Qualen, das zurzeit ich empfinde, darein entleeren. Doch ich vermag es nicht, und diese Seiten sind Seiten nur, und alles, was mir bleibt, ist, auf ihnen diese Geschichte abermals zu lesen, von Anfang bis zu ihrem Ende, und über ihre Begehr höchst verwundert zu sinnen.
    Die Chowewim hörten die Neuigkeit und kamen zu fragen, welches Schicksal der Kolonie beschieden wäre, welche als die schönste bei allen Kolonisten gilt und über immenses Potential gebietet, dem gesamten Kolonisierungswerke im Lande Israel Muster und Vorbild zu sein.
    Ich erwiderte matt, alle meine Seelenkräfte seien mir genommen, mein Blut sei schwach und Niedergeschlagenheit vergifte meine Eingeweide.
    Tief in meinem Inneren indes ist schon der Entschluss gereift, von hier fortzugehen und meine Hände auf immer von diesem Anwesen zu lassen.

    Wie schön und tief sind die Wasser des Tigris, über seine Ufer neigen Palmen sich, deren Wedel in den smaragdgrünen Wellen sich spiegeln, und ich sammle Blumen auf meinem Weg zu ihm, die berühmten roten Blumen, die in Bagdad erblühen, solange die Stadt besteht, und gelbe Blumen von gezackter Form und orangenfarbene mit der Staubgefäße viele, und sie alle binde zu einem Strauß ich und flechte Kränze daraus um mein Haupt, und die, denen ich begegne, schauen beunruhigt und mit Sorge auf mich, die Liebeskranke, die an den Ufern des Tigris spaziert und mit klarer und hoher Stimme Lieder singt, und vor ihren erstaunten Augen beginne zu tanzen ich, drehe im Kreis mich, winde meine Hände und lasse meine Schenkel und meinen Bauch kreisen, denn ein Verführungstanz ist dies, verwoben in einen Trauertanz, zu beweinen meine enttäuschte Liebe zu dem Gatten, der von Jugend an mir zugedacht, zu dem Händler der Magie, der von Stadt zu Stadt zieht, und mit jedem Schwung meines Fußes und mit jeder Note des Liedes schäumt und quillt meine Liebe in mir, und wohin sollten all ihre Fontänen und sprudelnden Quellen mich geleiten, wenn nicht zu dem guten Fluss und der Palme, die über sein Ufer sich neigt, und ich umfasse ihren Stamm und hänge an ihre Wedel mich, ihre fleischigen Blätter, und Hochzeitslieder trällern von meiner Zunge, da in einem Rausch der Gefühle die Wasser des Flusses unter meinen nackten Füßen strömen, mein weißes Gewand im Winde flattert und die Blütenblätter der vielen Blumen von seinen Stößen hinweggetragen werden, und in meinem Herzen wünschte ich, dieserAugenblick würde niemals vergehen, denn so will zwischen Himmel und Erde ich hängen, über dem Fluss, und singen zur Erinnerung an eine Liebe, die vergangen ist und niemals wieder wird kehren, untergegangen ist sie wie das Wasser des Flusses, das hinab in die Tiefen sinkt, und bei meinem Lied, das mit Inbrunst ich singe, brechen die Palmwedel vom Stamm, und ich stürze in den Abgrund des Wassers, in die gurgelnden Strudel, und seine Berührung ist kalt, jedoch belebend auch, da das Lied noch immer aus meiner Kehle erklingt, denn wenn auch diese Liebe untergeht, wird ihr Lied für immer leben, doch der Stoff meines Kleides ist so schwer, und das Wasser macht begierig sich darüber her, füllt
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