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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept
Autoren: Roger Fisher
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Komitees um sich haben, mit denen er auskommen muss. Je mehr Leute an einer Verhandlung beteiligt sind, um so mehr erschwert das Feilschen um Positionen eine Einigung.
    Wenn, wie bei vielen Konferenzen der Vereinten Nationen, gar 150 und mehr Delegationen verhandeln, ist das Gerangel um Positionen nahezu unmöglich. Da können alle »ja« sagen – nur einer sagt nein, und das reicht. Gegenseitige Konzessionen sind schwierig: wem gegenüber macht man sie denn? Tausende von bilateralen Absprachen kommen bei einer multilateralen Übereinkunft zu kurz. In solchen Situationen treibt Positionsgerangel lediglich zur Bildung von Koalitionen zwischen Parteien mit partiell gemeinsamen Interessen, die aber wiederum oft eher symbolischer als substanzieller Art sind. In den Vereinten Nationen kommen dann Verhandlungen zwischen »dem« Norden und »dem« Süden oder »dem« Osten und »dem« Westen dabei heraus. Jede dieser Gruppen besteht aus vielen Mitgliedern, und da ist die Entwicklung einer gemeinsamen Position besonders schwer. Schlimmer noch: wenn in schmerzlichen Prozessen endlich eine gemeinsame Politik erarbeitet und abgesegnet wurde, kommt man noch schwerer davon wieder herunter. Die Änderung einer einmal eingenommenen Position wird noch problematischer, wenn die im Hintergrund Beteiligten die eigentlich Entscheidenden sind, die trotz ihrer Abwesenheit vom Verhandlungsort ihre Zustimmung geben müssen.
    Nett sein ist auch keine Lösung
    Vielen Menschen ist der hohe Preis bewusst, den hartes Streiten um Positionen erfordert. Die Konsequenzen, die es für die Parteien und ihre Beziehungen hat, hoffen sie durch einen freundlicheren Verhandlungsstil vermeiden zu können. Sie sehen in der Gegenseite nicht ihre Widersacher, sondern betrachten sie als Freunde. Statt Siegestore zu |31| bejubeln, betonen sie die Notwendigkeit, Übereinkünfte zu erzielen. Solch weiche Verhandlungsart besteht darin, schrittweise Angebote und Zugeständnisse zu unterbreiten, der anderen Seite zu trauen, nett zu sein und Konfrontationen zu vermeiden.
    Die folgende Übersicht illustriert zwei Stilarten im Feilschen um Positionen, die weiche und die harte. Die meisten Menschen meinen, dass sie in ihrer Verhandlungsstrategie nur zwischen diesen beiden Stilarten wählen können. Wenn Sie die Übersicht ansehen, können Sie bestimmen, ob Sie eher zur harten oder weichen Art neigen, oder ob Sie vielleicht irgendwo einen Mittelweg suchen.
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    Der weiche Verhandlungsstil betont die Wichtigkeit des Aufbaus und der Pflege von Beziehungen. Das geschieht vor allem bei Verhandlungen innerhalb von Familien und zwischen Freunden. Oft zeitigt das auch tatsächlich schnelle und wirkungsvolle Ergebnisse. Wenn jeder mit dem anderen freundlich und zuvorkommend umgeht, wird eine Übereinkunft wahrscheinlicher, jedoch muss dies nicht unbedingt auch eine vernünftige Übereinkunft sein. Allerdings muss es auch nicht immer so tragisch ausgehen wie in der Geschichte eines armen Ehepaares, in der die liebende Frau ihr Haar verkauft, um für ihren Mann eine schöne Uhrkette zu besorgen, während der uneingeweihte Mann seine Uhr verkauft, um einen wunderbaren Kamm für die Haare seiner Frau zu erstehen. Dennoch droht jede Verhandlung, bei der den gegenseitigen Beziehungen ein hoher Rang eingeräumt wird, eine recht verschwommene Übereinkunft hervorzubringen.
    Ernster noch ist eine andere Gefahr: durch weiches und freundliches Verhandeln werden Sie leichte Beute für jeden, der seinerseits hart um Positionen kämpft. Beim Streit um Positionen ist die harte Linie der weichen überlegen. Wenn der eine hart feilscht und auf Konzessionen besteht, gar zu Drohungen greift, und der weiche Verhandlungspartner Konfrontationen vermeiden will und auf Übereinkünfte hofft, entscheidet sich das Spiel zugunsten des harten Partners. Eine Übereinkunft wird dabei herauskommen, es wird jedoch keine vernünftige sein. Sie wird mit Sicherheit für den harten |33| Positionskämpfer vorteilhafter sein als für den weichen. Wenn Sie anhaltendem Positionsfeilschen mit sanftem Verhalten antworten, werden Sie wahrscheinlich auch noch Ihr letztes Hemd verlieren.
    Es gibt eine Alternative
    Wenn Ihnen die Wahl zwischen Hart und Weich beim Streit um Positionen nicht zusagt, können Sie den ganzen Vorgang verändern.
    Verhandeln spielt sich auf zwei Ebenen ab. Einerseits bezieht es sich auf die Substanz, den Verhandlungsgegenstand. Auf der anderen Ebene rückt
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