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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen
Autoren: Evelyn Sanders
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aus diesen 198 Schreibmaschinenseiten ein Buch entstehen sollte, das man demnächst im Laden kaufen konnte. Demnächst? Vom Erscheinungsdatum stand nichts im Vertrag, es wurde lediglich angegeben, daß es im Laufe von 24 Monaten herauskommen würde.
    Das also war der erste Gummiparagraph. Der zweite betraf die Höhe der Auflage. Darüber stand auch nichts drin. Es wurde nur aufgelistet, wieviel Prozent ich bei soundso viel verkauften Exemplaren bekommen würde. Da ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie viele Bücher man überhaupt verkaufen konnte, blieb der finanzielle Aspekt vorläufig im dunkeln.
    Wesentlich realistischer war die Ankündigung, daß ich bei Abschluß des Vertrags dreitausend Mark Vorschuß bekommen sollte. So etwas hatte man mir freiwillig noch nie angeboten! Als ich meine Brötchen noch selber verdienen mußte, hatte ich immer kurz vor Ultimo um einen Vorschuß bitten müssen, der mir zwar zusammen mit einem Vortrag über sparsame Lebensweise und übertriebenes Modebewußtsein meistens bewilligt worden war, aber im nächsten Monat hatte es hinten wieder nicht gereicht, worauf ich erneut den Gang nach Canossa hatte antreten müssen. Und plötzlich warf man mir den Vorschuß sogar hinterher! Ich fühlte mich bereits der Elite freischaffender Künstler zugehörig.
    »Na, wirst du denn unterschreiben?« Mit zwei gefüllten Gläsern kam Rolf in die Küche. »Nun wollen wir erst einmal auf die neue Bestseller-Autorin anstoßen!«
    »Warum mußt du bloß immer so übertreiben?« Auf einen Zug leerte ich das Glas und stellte es auf das Spülbecken. Es rutschte ab. Jetzt hatten wir noch vier.
    »Du wirst deinen Vorschuß in Gläsern anlegen müssen.«
    »Das könnte dir so passen! Dafür kaufe ich mir endlich eine neue Waschmaschine und einen Trockner.«
    »Und ich dachte, wir kriegen jetzt einen Farbfernseher.« Die Enttäuschung stand Sascha förmlich ins Gesicht geschrieben.
    »Jetzt, wo ich endlich den Führerschein habe, brauchen wir wirklich einen Zweitwagen«, forderte Sven. »Paps läßt mich doch so gut wie nie ans Steuer. Und dich auch nicht«, fügte er schnell hinzu. »Für zweieinhalbtausend Mark gibt es schon sehr anständige Gebrauchtwagen.«
    Die Zwillinge meldeten ebenfalls Wünsche an. »Aus den Kindermöbeln sind wir längst rausgewachsen«, moserte Nicki, während Katja auftrumpfte: »Unsere Lehrerin hat gesagt, wir müssen für die Hausaufgaben einen richtigen Arbeitsplatz haben. Als wir neulich den Dielenschrank gekauft haben, habe ich ganz tolle Schreibtische gesehen. Ich will einen roten.«
    »Den will ich schon! Du nimmst doch sonst auch immer blau«, protestierte der andere Zwilling.
    Nur Stefanie übte sich in edler Bescheidenheit. »Das ist Mamis selbstverdientes Geld, und damit kann sie auch machen, was sie will.« Später, als sich der Trubel etwas gelegt hatte, flüsterte sie mir leise zu: »Neue Turnschuhe brauche ich doch sowieso, kriege ich denn diesmal die neuen ›Allround‹?«
    »Und was bleibt für mich übrig?«
    »Ruhm und Anerkennung«, sagte Sven sofort. »Was ist dagegen schon schnöder Mammon?«
    »Eins schließt ja das andere nicht aus.« Ich erbat mir seinen Schulfüller, weil man Verträge nicht mit einem profanen Kugelschreiber unterzeichnet, setzte meine Unterschrift unter das gewichtige Dokument und mußte mir von meinem Sohn sagen lassen, daß sie ausgesprochen popelig aussehe. »Viel schwungvoller muß das werden! Du solltest mal üben! Für künftige Autogrammstunden.«
    Beim Gutenachtkuß umhalste mich Katja und fragte ehrfürchtig: »Bist du jetzt eine richtige berühmte Schriftstellerin?«
    »Ich bin keine Schriftstellerin, und berühmt bin ich schon gar nicht. Ich bleibe weiterhin eure Mutter, die gleich noch die Rouladen fürs Mittagessen anbraten und hinterher deine Latzhose bügeln muß, weil alle anderen schon wieder dreckig sind.« Dabei fragte ich mich im stillen, ob Herr Konsalik wohl auch eigenhändig die Bügelfalten in seine maßgeschneiderten Anzüge plätten mußte.

2
    Was ich nun eigentlich erwartet hatte, weiß ich nicht, auf keinen Fall jedoch die ernüchternde Feststellung, daß der Alltagstrott genauso weiterlief wie bisher. Kein Reporter wollte ein Interview, kein Filmproduzent rief an und wünschte ein Drehbuch für eine zehnteilige Familienserie, nur Tante Käte erkundigte sich, wo sie denn das Buch kaufen könne, ihr Buchhändler hätte es nämlich nicht.
    Auch mein Anhang, der mich wenigstens ein paar Tage lang mit
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