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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen
Autoren: Evelyn Sanders
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unter dem Getrappel herunterstürmender Clogs. War denn überhaupt keiner da? Ich kramte die Schlüssel heraus und öffnete selber. Totenstille. Offenbar war seit Stunden niemand mehr im Haus gewesen, denn die Post lag noch vor dem Briefschlitz auf dem Boden. Flüchtig blätterte ich sie durch. Telefonrechnung, Wasserrechnung, die Rechnung vom Glaser für das demolierte Kellerfenster (Sascha würde nie einen Elfmeter ins Tor kriegen, der traf immer meilenweit daneben), ein Brief von Tante Elfi, unwichtig, denn seitdem sie in Amerika lebte, zählte sie doch bloß immer die monatliche Verbrechensquote von Los Angeles auf, Reklame von einem Buchclub… hoppla, was sollte denn das? Quer über das Kuvert hatte jemand mit rotem Filzstift geschmiert: Brauchen wir nicht, wir schreiben selber!
    Taktloses Volk! Müssen sie mir das immer wieder unter die Nase reiben?
    Ich schleppte meine Tüten in die Küche und fing an auszupacken. Plötzlich öffnete sich die Wohnzimmertür, und ein sechsstimmiger Chor intonierte in voller Lautstärke »Hoch soll sie leben«. Heiliger Himmel, was hatte ich denn jetzt wieder für ein Familienfest vergessen? Hochzeitstag? War schon vorbei. Tag der ersten Begegnung? Nee, kommt erst. Tag der ersten… nein, das war ein Geheimdatum, von dem die Kinder nichts wußten.
    Was also in drei Teufels Namen wurde hier gefeiert, und weshalb ließ man mich hochleben? »Euer Kalender geht falsch!«
    »Nun komm doch endlich rein!« drängte Stefanie, nachdem das unmelodische Gebrüll mit einer dreifachen Kadenz geendet hatte.
    Auf dem Tisch stand ein Rosenstrauß, daneben der Sektkühler, aus dem der Hals einer echten Champagnerflasche ragte, davor fünf Kelch- und zwei Weingläser.
    »Wer hat denn jetzt schon wieder eins von den Sektgläsern runtergeschmissen? Silvester waren es noch sechs.«
    »Du kannst dir ja neue kaufen, wenn du willst, sogar handgeschliffene«, sagte Rolf beziehungsvoll.
    »Das Stück zu dreißig Mark? Hast du im Lotto gewonnen?«
    »Ich nicht.«
    »Wer denn sonst?«
    »Na, du!!!«
    »Quatsch! Schon als Kind habe ich nicht an den Weihnachtsmann geglaubt, deshalb habe ich auch nie einen Lottoschein ausgefüllt.« Langsam wurde mir die Geheimniskrämerei zu blöd. »Würde mir vielleicht mal jemand sagen, was hier eigentlich los ist?«
    »Dann guck doch richtig hin!« Sascha tippte auf einen mittelgroßen Briefumschlag, den ich bisher noch gar nicht gesehen hatte. Er war mit Lorbeerblättern aus dem Gewürzregal bekränzt und trug als Absender jenen Bayreuther Verlag, an den ich schon gar nicht mehr gedacht hatte. Ich hatte mich lediglich geärgert, daß mein Manuskript in Bayern Wurzeln schlug, ohne Blüten zu treiben.
    »Die haben dein Buch angenommen. und das nächste wollen sie auch haben«, sprudelte Steffi heraus. »Steht alles im Vertrag drin.«
    »Welches nächste?«
    »Na das, was du jetzt schreibst«, erklärte Sascha.
    »Aber ich schreibe doch gar keins.«
    »Dann mußt du eben damit anfangen! Wir helfen auch alle mit, das haben wir schon besprochen.«
    »Beim Schreiben?«
    »Natürlich nicht, aber im Haushalt und so«, versicherte Sven. »Ich mähe ab jetzt freiwillig den Rasen, Sascha spült Geschirr, und Stefanie wischt auf.«
    »Immer soll ich die Dreckarbeit machen! Rasen mähen kann ich genausogut. Und überhaupt sollte Määm eine Putzfrau anheuern, sie kann es sich doch jetzt leisten.«
    Während die Kinder temperamentvoll die künftige Arbeitsteilung debattierten und jeden Vorschlag ablehnten, kämpfte Rolf mit der Champagnerflasche. So verzog ich mich samt Brief in die Küche – erfahrungsgemäß der einzige Platz im Haus, wo ich ungestört war.
    Der Vertrag umfaßte vier Seiten und hatte achtzehn Paragraphen, von denen mich zunächst nur ein einziger interessierte: Was konnte man bei dieser Sache eigentlich verdienen? Erst kürzlich hatte ich beim Friseur einen Artikel über Konsalik gelesen, der irgendwo in einer Nobelgegend am Rhein eine Art Schloß bewohnte, ein Ferienhaus unbestimmbarer Größe auf den Kanaren besaß, sicher auch über ein ansehnliches Bankkonto verfügte und das alles nur mit seinen Büchern geschafft hatte. Allerdings hatte er schon mehr als ein halbes Hundert geschrieben, mußte also im frühen Schulalter damit angefangen und folglich einen unerreichbaren Vorsprung haben. Ich hatte fast anderthalb Jahre für ein einziges Manuskript gebraucht!
    Aber nun wollte es tatsächlich jemand haben! Ich konnte mir noch gar nicht richtig vorstellen, daß
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