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Das große Wawuschel-Buch

Das große Wawuschel-Buch

Titel: Das große Wawuschel-Buch
Autoren: dtv
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staunte nur. Und sie dachte: »Das müsste lange dauern.«
    Aber es dauerte nicht lange. Im Nu waren sie auf dem Jahrmarkt und Wischel verschwand wieder in der Einkaufstasche. Mit festen Schritten machte sich Polizeichef Stockmeier, gefolgt von dem Hilfspolizisten und dem Menschenmädchen, auf den Weg zum Zirkus Löwenherz.
    Zacharias Löwenherz war gerade dabei, Geld einzusammeln.
    »Eine Mark, Kinder die Hälfte«, schrie er heiser und sein Herz hüpfte dabei vor Vergnügen. Doch plötzlich hörte es auf zu hüpfen. Vor ihm stand der Polizeichef persönlich!
    »Sind Sie Zacharias Löwenherz?«, schnarrte er.
    Zacharias Löwenherz nickte. Sagen konnte er nichts, denn der Anblick eines Polizisten verschlug ihm jedes Mal die Sprache. Keine einzige blöde Redensart fiel ihm ein.
    »Sie haben«, schnarrte der Polizeichef, »Sie haben diesen Menschen da   – vielmehr, ich meine, dieses Wesenda, Wawuschel genannt, gegen seinen Willen in einen Käfig gesperrt. Das ist Freiheitsberaubung. Sofort freilassen.«
    Als Zacharias Löwenherz hörte, dass er seinen wertvollen Wawuschel hergeben sollte, fand er die Sprache wieder.
    »Kommt ja gar nicht infrage!«, schrie er. »Den Wawuschel habe ich gefunden, der ist mein Eigentum! Ein Wawuschel ist kein Mensch, folglich kann man ihn auch nicht der Freiheit berauben.«
    »Schreien Sie nicht, Mann!«, schrie der Polizeichef. »Der Wawuschel kann sprechen. Wer spricht, ist kein Tier. Deshalb handelt es sich um Freiheitsberaubung. Freilassen!«
    Er wandte sich zum Käfig, in dem Wuschel hockte und atemlos, mit offenem Mund, dem Gespräch lauschte. Schon rüttelte der Polizeichef an der Tür   – da fuhr Zacharias Löwenherz dazwischen. Er vergaß vor Zorn, mit wem er es zu tun hatte, packte den Polizeichef an der Uniform und wollte ihn zurückreißen.
    Das aber lässt sich kein Polizeichef auf der ganzen Welt gefallen. So ein Benehmen ist Widerstand gegen die Staatsgewalt.
    »Lassen Sie mich los!«, brüllte er. »Sofort!«
    Als Zacharias Löwenherz nicht gehorchte, packte der Polizeichef ihn an seinem roten Bart, um ihn tüchtig durchzuschütteln. Doch das gelang ihm nicht. Denn was geschah? Der Bart ging ab! Da stand der Polizeichef, den roten Bart in der Hand, und ihm gegenüber stand Zacharias Löwenherz. Ohne Bart aber war er nicht mehr Zacharias Löwenherz, sondern   …

    »Kluck!«, schrie Polizeichef Stockmeier. »Anton Kluck! Der Autodieb! Habe ich Sie endlich erwischt?«
    Und ehe der sogenannte Zacharias Löwenherz sich von seinem Schrecken erholen konnte, schnappten schon die Handschellen zu, die Polizeischef Stockmeier vorsichtshalber immer in der Tasche trug.
    Ja, nun drehte sich der Spieß um. Zacharias Löwenherz, der in Wirklichkeit Anton Kluck hieß, wurde von dem Hilfspolizisten ins Gefängnis abgeführt und Wuschel bekam seine Freiheit wieder. Der Polizeichef persönlich schloss den Käfig auf, holte Wuschel heraus und setzte ihn zu Wischel in die Einkaufstasche. Dort fiel Wischel ihm um den Hals und Wuschel fiel Wischel um den Hals und sie hopsten so wild hin und her, dass beinahe die Tasche kaputtging. In ihrer Seligkeit merkten sie nicht einmal, wie gefährlich es für sie wurde. Haufenweise nämlich drängten die Menschen heran, um ihrer Wiedersehensfreude zuzuschauen. Sie waren drauf und dran, die Tasche samt Inhalt zu zerdrücken. Ein Glück, dass der pflichtbewusste Polizeichef Stockmeier noch danebenstand.
    »Alles zurück!«, schnarrte er. »Platz gemacht!«
    Energisch schob er die Menge zur Seite, brachte das Menschenmädchen mit Wuschel und Wischel zu seinem Wagen und fuhr sie bis an den Stadtrand.
    »Nun geht nach Haus«, schnarrte er. »Alles Gute.«
    Damit verschwand der Polizeichef, ohne sich weiter zu wundern oder den Kopf zu zerbrechen. Er hatte seine Pflicht getan, das genügte.
    Wuschel und Wischel waren eine Weile still gewesen. Sie hatten sich nur bei den Händen gehalten und gedacht. Wuschel hatte gedacht: »Ich bin frei, ich bin frei, ich bin frei!« Und Wischel hatte gedacht: »Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft!«
    Jetzt aber fingen sie plötzlich an zu reden, beide wieein Wasserfall. Wischel erzählte, wie der Mamoffel aus dem Baum gesprungen war, sie erzählte von ihrer Wanderung durch den fremden Wald, von den Korksen und Kirksen und vom Bürgermeister, und Wuschel erzählte von seiner Fahrt auf dem Zugdach, von seiner Flucht vor der dicken Menschenfrau und von dem schrecklichen Zacharias Löwenherz.
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