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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman
Autoren: H kan Nesser
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tiefere stellte fest.
    »Sie sind wohl zu keinen neuen Erkenntnissen gekommen«, bemerkte er. »Bitte, würden Sie die Zigarette ausmachen? Ich will hier schließlich nicht vergiftet werden.«
    Er schaltete das Tonbandgerät ein. Mitter drückte die Zigarette im Waschbecken aus. Ging dann zum Bett und legte sich auf den Rücken.
    »Mein Anwalt hat mir davon abgeraten, auf Ihre Fragen zu antworten.«
    »Wirklich? Wie Sie wollen, ich werde Sie ja doch überführen. Sechs Stunden oder zwanzig Minuten, mir ist das egal ... ich habe Zeit.«
    Er schwieg. Mitter lauschte auf das Belüftungssystem und wartete. Der Kommissar rührte sich nicht.
    »Fehlt Ihnen Ihre Frau?«, fragte er nach einigen Minuten.
    »Natürlich.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Das ist mir egal.«
    »Jetzt lügen Sie wieder. Wenn es Ihnen egal ist, was ich
glaube, wieso tischen Sie mir dann dermaßen idiotische Lügen auf? Versuchen Sie doch mal Ihr Hirn einzuschalten, Mann!«
    Mitter gab keine Antwort. Der Kommissar kehrte zu seiner tieferen Stimmlage zurück.
    »Sie wissen, dass ich recht habe. Sie wollen mir einreden, dass Sie Ihre Frau vermissen. Aber das tun Sie nicht, und Sie wissen, dass ich das weiß. Wenn Sie die Wahrheit sagen, brauchen Sie sich wenigstens nicht vor sich selber zu schämen.«
    Das war keine Kritik. Van Veeteren stellte nur Tatsachen fest. Mitter schwieg. Schaute zur Decke hoch. Schloss die Augen. Vielleicht sollte er den Rat seines Anwalts konsequent befolgen. Wenn er keinen Ton sagte und jeglichen Blickkontakt vermied, wäre das sicher genau das Richtige ...
     
    Hinter geschlossenen Augenlidern wurden andere Dinge deutlich.
    Andere Dinge drängten ihn dann an die Wand. Immer gab es irgendetwas.
    Und hatte Van Veeteren im Grunde nicht sogar recht?
    Diese Frage ließ ihn nicht mehr los.
    Seine Frau fehlte ihm doch gar nicht?
    Er wusste es wirklich nicht. Sie war einfach in sein Leben getreten. Hatte eine offene Tür eingerannt, war weitergestürmt und hatte ihn in ihre Gewalt genommen. Und wie!
    Ihn genommen, ihn gehalten ... und dann war sie verschwunden.
    War das so gewesen?
    Es ließ sich sicher so darstellen, und wenn er erst einmal anfinge, Sachen und Dinge in Worte zu fassen, würde es kein Zurück mehr geben ... im vierzehnten Kapitel seines Lebens war Eva Ringmar aufgetaucht. Etwa zwischen den Seiten 275 und 300 spielte sie die alles überschattende Hauptrolle; die Priesterin der Liebe ... die große Leidenschaft ... dann verschwand
sie, sie würde wohl noch für einige Zeit zwischen den Zeilen eine Art Leben haben, bald aber würde sie vergessen sein. Ihre Liebe war so stark gewesen, dass sie zum Untergang verdammt gewesen war.
    Ende des Nachrufs. Klammer zu.
    Der Kommissar rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Mitter fuhr zusammen. Natürlich, es lag ... es war dieses Gefühl, gelähmt zu sein, der Schockzustand, der ihn so denken ließ. Der alles zerfetzte, der es ihm unmöglich machte, das Geschehene zu erfassen. Auch das, was mit ihm jetzt geschah?
     
    »Habe ich nicht recht?«
    Der Kommissar spuckte den Zahnstocher aus und zog einen neuen aus der Brusttasche.
    »Doch, sicher. Ich hatte sie satt und habe sie in der Badewanne ertränkt. Warum sollte sie mir also fehlen?«
    »Gut. Genau wie ich gedacht hatte. Aber jetzt zu etwas anderem. Sie war ziemlich gut gebaut, stimmt’s?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich stelle die Fragen. War sie stark?«
    »Stark?«
    »War sie stark? Ist es leichter für Sie, wenn ich jede Frage wiederhole?«
    »Warum wollen Sie wissen, ob sie stark war?«
    »Um die Möglichkeit ausschließen zu können, dass sie von einem Kind oder einem Behinderten ertränkt worden ist.«
    »Sie war nicht besonders stark.«
    »Woher wissen Sie das? Haben Sie sich geprügelt?«
    »Nur aus Langeweile.«
    »Passiert es leicht, dass Sie gewalttätig werden, Herr Mitter?«
    »Nein, Sie brauchen keine Angst zu haben.«
    »Können Sie mir sechs Kandidaten nennen?«
    »Was?«

    »Sechs Menschen, die sie ermordet haben könnten, wenn Sie es wirklich nicht waren.«
    »Ich habe schon verschiedene Vorschläge gemacht ...«
    »Ich will wissen, ob Ihnen einfällt, welche Namen Sie genannt haben.«
    »Ich verstehe nicht, wieso.«
    »Das macht nichts.«
    »Danke.«
    »Bitte. Ich will es Ihnen erklären — sagen Sie Bescheid, wenn das zu schnell für Sie geht. In sieben von zehn Fällen ist die Ehefrau von ihrem Mann umgebracht worden. In zwei von zehn Fällen von irgendeinem
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