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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman
Autoren: H kan Nesser
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weiß der Teufel, was in seiner Birne los ist, wenn es um Sex und Frauen geht, Münster. Auf jeden Fall verlangt er das Unmögliche. . . weil er das Unmögliche doch einmal erlebt hat. Dann bringt er Ellen Caine um, weil sie ihn enttäuscht hat ... ich weiß nicht, ob sie ihn verlassen wollte, dazu wollte er nichts sagen ... vielleicht kann er einfach kein Liebhaber sein, vielleicht ist auch ganz ehrenwerte, normale Eifersucht mit im Spiel... jedenfalls bringt er sie um. Stößt sie von einer Brücke genau vor einen Lkw, und alle gehen davon aus, dass es sich um einen Unfall handelt. Oder möglicherweise um Selbstmord. Niemand weiß ja, dass er in der Nähe war.«
    »Warum ändert er seinen Namen?«
    »Ich glaube, er hat schon damals mit dem Gedanken gespielt, also gleich nach der Ellen-Geschichte, 1980 oder so ... mit einer neuen Identität nach Europa zurückzukehren. Er zieht zunächst nach New York um. Wird nach einigen Jahren eingebürgert, nimmt den Namen Carl Ferger an ... und führt scheinbar ein einigermaßen normales Leben. Äußerlich gesehen zumindest. Aber wir stehen da vor einem weiteren Rätsel, Münster. Wieso kehrt er im Januar 1986 zurück? Er selber konnte uns keine Erklärung liefern.«
    »Die Determinante vielleicht?«, fragte Münster mit leichtem Lächeln.
    »Was?«, rief Van Veeteren erstaunt. »Ich glaube fast, der Kommissar fängt langsam an, dies oder jenes zu kapieren! Also, er kommt zurück, macht Eva ausfindig, verfolgt sie ... bestimmt verfolgt er sie in jeder Hinsicht. Vermutlich ist ihre plötzliche Nähe für ihn fast unerträglich ... das behauptet er jedenfalls... natürlich empfindet er eine höllenheiße Eifersucht auf Berger, aber dass sie ein Kind hat, ist doch noch
schlimmer. Dass sie mit einem anderen ein Kind hat ... Ja, das ist wirklich eine einzige schwarze Suppe, Münster.«
    »Er bringt das Kind um, um Eva zu bestrafen?«
    »Ja, davon gehe ich aus. Er sieht sich abwechselnd als allmächtigen, strafenden Gott und als verzweifelten, identitätslosen Jungen in der Pubertät.«
    »Und nach dem Mord?«
    »Wieder schützt Eva ihn, obwohl sie selber fast den Verstand verliert. Ich glaube, sie gibt nun ihr Leben auf und sieht ein, dass sie niemals wie andere leben können wird. Vielleicht geht ihr auch auf, dass ihre Bindung an ihren Bruder stärker ist, als sie geglaubt hat. Auch sexuell ... sie nehmen ihre verbotene Beziehung während dieser Jahre einige Male wieder auf. Er lebt in Frankreich, sie will ihn nicht in ihrer Nähe haben, aber sie besucht ihn bisweilen... das behauptet er zumindest. Vielleicht träumt er davon, dass er am Ende doch seinen Willen durchsetzen wird, vielleicht macht sie ihm auch Hoffnungen. . .«
    »Und dann lässt sie ihn wieder fallen.«
    Van Veeteren nickte.
    »Sie zieht nach Maardam. Ein neuer Aufbruch ... vielleicht gibt sie ihm nicht einmal ihre Adresse, aber er macht sie natürlich ausfindig. Schafft es sogar, an ihrer Schule angestellt zu werden. Es muss ein Schock für sie gewesen sein, als der Direktor ihr den neuen Hausmeister vorgestellt hat ...«
    »In diesem Jahr?«
    »Ja. Im Januar. Gleich nach den Weihnachtsferien.«
    »Und sie heiratet Mitter nur, um ihren Bruder in seine Schranken zu weisen?«
    Van Veeteren seufzte.
    »Ja, vielleicht. Vielleicht waren sie beide gleich verrückt. Ich hatte bei Mitter den Eindruck, dass ihre Beziehung etwas war, das ... das sein Fassungsvermögen überstieg. Als ob sie sich die ganze Zeit wie auf Leben und Tod geliebt hätten ...«

    »Warum bringt er sie um und nicht Mitter?«
    »Ich glaube, das geschah aus einem Impuls heraus ... einfach so im Affekt. Vielleicht wollte er damit alles hinter sich bringen... auf jeden Fall war es ein ziemlicher Zufall. Dass Mitter so betrunken war, dass er sich an nichts mehr erinnern konnte, konnte er natürlich nicht erwarten. Er hatte damit gerechnet, dass Mitter uns von seinem Besuch früher an diesem Abend erzählen würde, aber schließlich gab es ja keinen Grund zu der Annahme, dass er noch einmal zurückgekommen war, um Eva zu ermorden. Er hat sich bestimmt den Kopf zerbrochen, als wir ihn nicht zum Verhör bestellt haben.«
    Van Veeteren schüttelte den Kopf.
    »Sechs Stück, sagt er. Ich hatte mit vier gerechnet, oder vielleicht mit fünf... aber es waren sechs.«
    Er verstummte kurz und schaute durch das Seitenfenster in die Dunkelheit.
    »Was glaubst du, warum«, fragte er dann, »die Mutter noch weiterleben kann? Warum, zum Teufel, bringt sie
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