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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman
Autoren: H kan Nesser
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sie hören, müssen sie suchen und mit leichter Hand steuern, um den Weg zu finden. Weißt du, was die Determinante ist?«
    »Die Determinante?«
    »Ja.«
    »Keine Ahnung«, sagte Münster.
    »Die Determinante lenkt uns, sie ist das sammelnde Prinzip, Münster, nach dem wir vorgehen, nach dem wir handeln, nach dem wir unseren Weg einschlagen ... ich gehe davon aus, dass du mir darin zustimmst, dass ein Buch eine Handlung haben sollte?«
    »Sicher.«
    »Dass es in einem Film oder einem Theaterstück eine Geschichte oder zumindest einen roten Faden geben muss?«
    »Ja...«
    »Ein Roman, ein Theaterstück oder ein Film, Münster, sind nichts anderes als ausgestopftes Leben. Eingefangenes und ausgestopftes Leben, das ausgedacht worden ist, damit wir es leicht und auf einfache Weise betrachten können. Damit wir aus dem Augenblick heraustreten und es aus der Ferne betrachten können ... stimmst du mir da zu?«
    »Ja«, sagte Münster. »Vielleicht.«
    »Wenn nun Geschichten und rote Fäden nötig sind, um dieses ausgestopfte Leben, dieses Künstliche, am Zerfall zu hindern, dann gilt das natürlich auch für die echte Ware, für das wirkliche Leben. Das ist der Punkt.«
    »Der Punkt?«
    »Ja, der Punkt.«
    Verdammt, dachte Münster. Sagt er das alles wirklich, oder träume ich?

    »Deshalb bin ich auch etwas irritiert«, meinte Van Veeteren. »Die müssten ihn heute Abend finden. Ich will ihn morgen hier haben und ihn mit den Antworten auf unsere Faxe konfrontieren. . . und mit einer bestimmten Person. Wir haben es mit einem Massenmörder zu tun, Münster, ist dir das bewusst? Mit einer Rarität also.«
    Ich träume, entschied Münster.
    Jemand klopfte an die Tür, und Wachtmeister Beygens schaute herein.
    »Entschuldigung, Hauptkommissar, wir haben gerade ein Auslandsfax bekommen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Van Veeteren. »Her damit.«

42
    »Habe die Ehre«, sagte Ulich.
    Eigentlich hatte Thomas Heckel erst um zehn Uhr Dienst, aber für diesen Abend hatten sie eine Verabredung getroffen. Wenn Ulich um Viertel vor neun ging, konnte er rechtzeitig zum Boxkampf eintreffen, wo er im Halbschwergewicht einem dunkelhäutigen Engländer namens Whitecock gegenübertreten wollte.
    Es war natürlich nicht die Hauptnummer, sondern nur einer der Vorkämpfe, aber der junge Ulich war wie einst sein Vater ein vielversprechendes Talent. Und konnte ganz schön viel einstecken.
    Heckel, der im vierten Semester Medizin studierte, wusste so einiges über die Gefahren, die es mit sich brachte, sich gegen Bezahlung auf den Kopf schlagen zu lassen, aber er hatte diesen Job als Nachtportier noch nicht lange genug, um eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Was gingen ihn schon die Gehirnzellen seines Kollegen an. An diesem Abend hatte er neben Broten und Kaffee drei dicke Bücher über Anatomie mitgebracht.
Er wollte wach bleiben und die ganze Nacht lang büffeln. . . die nächste Prüfung war schon in sechs Tagen.
    »Habe die Ehre«, sagte Ulich noch einmal und bugsierte seinen umfangreichen Körper aus der engen Portiersloge. »Ich geb einen aus, wenn ich gewinne.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Heckel. »Muss ich irgendwas wissen?«
    Ulich überlegte.
    »Handballmannschaft aus Kopenhagen im dritten«, sagte er. »Behalt sie ein bisschen im Auge ... außerdem muss einer sein Auto anderswo hinstellen. Die haben so geparkt, dass die Müllkutscher morgen nicht durchkommen. Prawitz hat das Auto entdeckt. Beim Telefon liegt ein Zettel. Ich glaube, er ist für diesen Czerpinski in Nr. 26 ... ich habe versucht, ihn anzurufen, aber er war nicht auf dem Zimmer.«
    »Alles klar«, sagte Heckel. »Schönen Abend also. Hoffentlich geht alles gut.«
    »Wenn’s der Teufel so will«, sagte Ulich und lief schattenboxend durch die Drehtür.
    Heckel setzte sich und blätterte im Gästebuch. Zweiunddreißig von sechsunddreißig Zimmern waren belegt. Nicht schlecht für einen Montag im Dezember. Er schaltete Ulichs winzigen Fernseher ein. Die Nachrichten konnte er sich ja wohl noch ansehen, ehe er sich in die Anatomie vertiefte. Vor Mitternacht hatte er hier sowieso nur selten genug Ruhe zum Lesen.
    Noch zwei Minuten. Im Moment zeigten sie noch eine blöde Quizsendung. Was hatte Ulich noch gesagt? Falsch geparkter Wagen?
    Die Nachrichten fingen an. Zuerst wurde natürlich über die Mörderjagd berichtet ... er hatte am Nachmittag schon mehrere Male die Suchmeldung gehört. Und auch die Zeitungen auf dem Tresen berichteten darüber: Carl Ferger ... drei
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