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Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)

Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)

Titel: Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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verlieren? Das sieht bei Ihnen anders aus. Ich würde Ihnen sogar empfehlen, an der Anrufung nicht teilzunehmen. Sie sind ein Fremder und haben mit der Sache nichts zu tun.“
    „ Ich liebe diese Frau, genügt das?“
    Cecilia hatte aufmerksam gelauscht, jetzt fuhr sie hoch.
    Lady Shellborne lächelte still. „Allerdings ist das ein Grund! Einen besseren Grund gibt es nicht!“
    Sie blickten sich an. Evans war ein Schatten zwischen den Vorhängen. Stanley nahm Cecilias Hand und drückte sie. Lady Shellborne brach das Schweigen.
    „ Für uns alle ist heute ein wichtiger Tag. Ich erinnere mich, wie mein geliebter Theodorus reagierte, als ich begann, mich mit der Magie zu beschäftigen. Er ließ mich zwar gewähren, nahm mich aber nie ernst. Irgendwann war es dann soweit: Ich traute mir selber nicht mehr. Um ehrlich zu sein ... hin und wieder flunkerte ich bei Seancen um meine Gäste nicht zu enttäuschen. Nachdem mein Mann im Krieg geblieben war, las ich alle diese Bücher, bildete mich weiter. Vermutlich wollte ich mir nur etwas beweisen, wer weiß ...“ Sie zuckte mit den Achseln. „Jedenfalls hatte ich Erfolg. Ein Blick in die Wasserschale sagte mir, daß dieser Tag kommen würde. Als ich Cecilia das erste Mal traf, wußte ich, daß sie für mich wichtig sein würde und ich für sie. Ich verfolgte den Mordprozeß und wurde unsicher. Hatte ich mich getäuscht? Erneut zweifelte ich an mir und meinen Fähigkeiten. Wäre der gute Evans nicht gewesen, wer weiß ... vielleicht hätte ich alle Bücher verbrannt und mich der Stickerei zugewandt, wie es einer alten Frau geziemt.“
    „ Evans?“, fragte Cecilia.
    „ Er ermunterte mich. Er besorgte mir seltene Bücher. Ja, er ist eine treue Stütze.“
    Der Butler regte sich nicht.
    Der Raum duftete nach Weihrauch. Der Kerzenschein schaffte weiche Konturen und flackernde Schatten.
    „ Genug geredet“, sagte die Lady. „Ich weiss gar nicht, was in mich gefahren ist. Komme mir vor wie ein seniles Schwatzweib.“ Sie hob ihre Hände. „Setzen wir uns.“
    In diesem Moment explodierte das Zimmer.
    Licht schoss aus den Wänden, die Tür sprang auf und krachte zu. Der Tisch bebte, und Bücher fielen aus den Regalen.
    Geblendet schloss Cecilia ihre Augen. Lady Shellborne sprang zurück. Ihr rotes Gewand schien in Flammen zu stehen. Ihre weißen Haare standen vom Kopf ab und knisterten. Ihre Augen waren groß wie Untertassen, und ihre Lippen bebten. „Allmächtiger ...“, stöhnte sie.
    Die Lichtblitze verloschen. Es roch metallisch. Die Luft hatte sich aufgeheizt.
    „ Was ist los?“, schrie Stanley.
    Nebel sank von der Decke, wabernd wie ein lebendes Wesen. Winzige Blitze schossen hin und her, und leuchtende Schlieren umsponnen die Menschen. Der Nebel brachte eine kristalline Kühle mit sich, so trocken wie blaues Quellwasser.
    Eine Gestalt materialisierte sich.
    Stanley sprang zur Seite und zog Cecilia mit sich. Er drängte sich mit dem Rücken an die Bücherwand. Cecilia stolperte über ein Buch und fing sich. Lady Shellborne hatte ihre Fassung zurückgewonnen, hielt die Arme von sich gestreckt und murmelte beschwörende Formeln. Evans stand nach wie vor wie angewurzelt vor dem Vorhang.
    Es war da.
    Das Cecilia-Wesen gewann Form, festigte sich, und trat aus dem Nebel.
    Das rosafarbene Chiffonkleid wischte über den Boden. Cecilia Bettencourts Ebenbild legte den Kopf schräg, lächelte und sagte mit unsicherer Stimme: „Du hast genug ge-litten, Cecilia! Ich wer-de dich jetzt er-lösen!“
    Mit einer fließenden Bewegung, schneller als ein menschliches Auge es wahrnehmen konnte, schlug sie nach links. Die alte Lady brach zusammen. Sie stieß Stanley wie ein Spielzeug zur Seite, während sie mit der Rechten Evans abwehrte.
    Cecilia war, als blicke sie in einen Spiegel. Dasselbe goldene Haar, wellig über die Schultern fallend, große braune Augen, ungezupfte Brauen, eine kecke Nase, volle Lippen und hohe Wangenknochen.
    Finger aus Stahl schlossen sich um ihre Kehle.
     

11
     
    Über der Themse wallten im weißen Licht des Vollmonds zerfließende Wattebäusche. Kutter schlingerten im Strom und zerrten an ihren Tauen. Schwarzes Wasser schwemmte Fischleichen und anderes in den Schlick. Hinter Stahlgittern, die wie Skelette von Minotauren aus dem Schlamm ragten, kauerte eine windschiefe Holzhütte auf Stützpfeilern. Durch die Ritzen der Wände drang phosphoreszierendes Licht in die Nacht. Sogar die Ratten zogen ihre Schädel ein und huschten ängstlich davon, als sie
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