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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum
Autoren: H. P. Lovecraft
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erreicht hatte. Doch diese Erkenntnis war von
    wachsendem Entsetzen begleitet, denn vor mir gähnte eine riesige, überwölbte Krypta, deren Form mir nur allzu bekannt vorkam; der kreisrunde Saal entsprach bis ins kleinste der Beschreibung in Zamaconas Manuskript.
    Ein Irrtum war so gut wie ausgeschlossen, und wenn ich doch noch irgendwelche Zweifel gehegt hätte, wären diese endgültig durch das beseitigt worden, was ich genau gegenüber auf der anderen Seite der großen Halle sah. Es war eine zweite, ebenfalls von einem Bogen überwölbte Pforte, mit der ein langer, schmaler Gang begann und die zwei riesige, einander gegenüberliegende Nischen mit zwei widerwärtigen, titanischen Bildwerken hatte, die mich auf schockierende Weise an die Beschreibung erinnerten, die ich gelesen hatte. Dort im Dunkeln hockten seit Ewigkeiten der unreine Yig und der fürchterliche Tulu und glotzten einander über den Gang hinweg an, wie sie seit den frühesten Anfängen der menschlichen Welt geglotzt hatten.
    Von nun an erwarte ich nicht mehr, daß man mir glaubt, was ich hier niederschreibe was ich zu sehen ineinte.Es ist zu unnatürlich, zu monströs und unfaßbar, als daß es Gegenstand normaler menschlicher Erfahrung oder Teil der objektiven Realität sein könnte. Der Lichtstrahl meiner Taschenlampe reichte zwar weit, konnte aber die zyklopische Krypta natürlich nicht ganz beleuchten, weshalb ich nun umherzugehen begann, um die riesigen Wände Stück für Stück zu betrachten. Dabei sah ich zu meinem Entsetzen, daß der Raum keineswegs leer war, sondern daß auf dem Boden die merkwürdigsten Geräte und Utensilien sowie ganze Haufen von Gepäckstücken herumlagen, die den Eindruck erweckten, als hätten noch vor kurzem ganze Gruppen von Menschen dort gelagert; es waren keine vermoderten Reliquien aus dunkler Vergangenheit, sondern Objekte aus neuester Zeit, Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Doch während der Strahl meiner Taschenlampe jeden dieser
    Gegenstände oder ganze Gruppen von ihnen erfaßte, begannen deren Umrisse zu verschwinden, bis am Ende kaum noch zu unterscheiden war, ob die Dinge ins Reich der Materie oder ins Reich der Geister gehörten.
    Unterdessen blies mir der widrige Wind mit zunehmender Wut ins Gesicht, und die unsichtbaren Hände zupften und zerrten bösartig an mir und schnappten nach meinem seltsamen magnetischen Talisman. Abenteuerliche Gedanken jagten sich in meinem Kopf. Ich dachte an das Manuskript und an die Bemerkung über die Garnison, die in dieser Halle stationiert war zwölf tote Y’m-bhi-Sklaven und sechs lebende, aber teilweise entmaterialisierte Freie. Das war im Jahre 1545 — vor dreihundertdreiundachtzig Jahren … Was war seither geschehen? Zamacona hatte Veränderung vorhergesagt … Langsamen Verfall… Immer mehr Entmaterialisierung … Schwächer und immer schwächer… War es mein Talisman, der sie in Schach hielt ihr heiliges Tulu-Metall und versuchten sie, es mir abzureißen, um mir dasselbe anzutun, was sie den anderen angetan hatten, die vor mir dagewesen waren? … Mir wurde mit schauriger Deutlichkeit bewußt, daß all diese Spekulationen auf einem uneingeschränkten Glauben an die Zamacona-Handschrift beruhten das durfte nicht sein ich mußte mich zusammenreißen. Doch es war wie verhext, denn jedesmal, wenn ich meine fünf Sinne
    zusammennehmen wollte, sah ich wieder etwas, was mich noch mehr entnervte. Diesmal, gerade als meine Willenskraft die schemenhaften Gegenstände ins Reich der Trugbilder verdrängen wollte, fiel das Licht meiner Taschenlampe auf zwei Dinge sehr verschiedener Art, zwei Dinge, die eindeutig der realen, rationalen Welt entstammten und mich dennoch dem Wahnsinn näherbrachten als alles, was ich bis dahin gesehen hatte, denn ich kannte sie und wußte, daß absolut keine vernünftige Erklärung dafür denkbar war, daß sie sich hier befanden. Es waren meine eigene Hacke und meine Schaufel, Seite an Seite, ordentlich an die blasphemisch behauene Wand dieser höllischen Krypta gelehnt.Gott im Himmel und ich hatte mir etwas über junge Spaßvögel aus Binger vorgemacht!
    Das war zuviel. Von da an verfiel ich endgültig der hypnotischen Kraft des Manuskripts und sahtatsächlich die halbdurchsichtigen Gestalten der Wesen, die mich zurückschoben und an mir zerrten, mich schoben und an mir zerrten diese leprösen Ungeheuer aus grauer Vorzeit, denen noch ein Rest Menschenähnlichkeit anhaftete die vollständigenGestalten und die Gestalten, die auf
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