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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum
Autoren: H. P. Lovecraft
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Vorkehrungen während einer Ruheperiode und führte zunächst so weit wie möglich durch die nur schwach erhellten Gänge unter der Stadt. Zamacona und T’la-yub, die sich als Sklaven verkleidet hatten, Rucksäcke mit ihrem Proviant trugen und die fünf beladenen Tiere zu Fuß führten, wurden als normale Arbeiter angesehen, und sie blieben so lange wie möglich unter der Erde, in einem langen, kaum benutzten Seitengang, in dem früher die
    mechanischen Verkehrsmittel zu der nun verfallenen Vorstadt L’thaa fuhren. In den Ruinen von L’thaa kamen sie an die Oberfläche, um dann so rasch wie möglich über die verlassene, blau erleuchtete Ebene von Nith auf den Gebirgszug Grh-yan zuzusteuern. Dort fand T’la-yub im dichten Unterholz den so lange nicht mehr benutzten, halb legendären Eingang zu dem vergessenen Tunnel, obwohl sie erst ein einziges Mal an dieser Stelle gewesen war, vor langer, langer Zeit, als ihr Vater ihr dieses Monument des Familienstolzes gezeigt hatte. Es war überaus mühsam, die beladenen Gyaa-yothn durch das Dornengestrüpp zu treiben, und eines von ihnen zeigte sich von einer Widerspenstigkeit, die verhängnisvolle Folgen haben sollte: Es riß sich los und trabte auf seinen widerwärtigen Klumpfüßen mitsamt seiner goldenen Last nach Tsath zurück. Im Schein blau leuchtender Fackeln kämpften sich Zamacona und T’la-yub mit den vier verbliebenen Gyaa-yothn aufwärts, abwärts, vorwärts und wieder aufwärts durch einen muffigen, engen Gang, den seit unvordenklichen Zeiten kein Fuß mehr betreten hatte, und an einer Stelle mußte T’layub bei sich selbst, Zamacona und den Packtieren die furchterregende Kunst der Dematerialisierung anwenden, weil sie sonst an einer durch einen Erdrutsch völlig zugeschütteten Stelle nicht vorbeigekommen wären. Für Zamacona war das ein schreckliches Erlebnis, denn obwohl er oft zugesehen hatte, wie andere sich entkörperlichten, und diese Kunst bis zur Traumprojektion sogar selbst ausgeübt hatte, war er selbst nie gänzlich einer solchen Verwandlung unterzogen worden. Aber T’la-yub war bewandert in den Künsten von K’n-yan und bewerkstelligte die mehrfache Metamorphose einwandfrei. Anschließend wühlten sie sich weiter durch Horrorkrypten, die von Stalaktiten starrten und in denen auf Schritt und Tritt monströse, in den Fels gehauene Bilder glotzten. Abwechselnd gehend und rastend, waren sie nach Zamaconas Schätzung drei Tage, wahrscheinlich aber noch nicht so lange, emporgestiegen, als sie an eine sehr enge Stelle kamen, wo die gewachsenen oder nur wenig bearbeiteten Stollenwände von regelrechten Mauern abgelöst wurden, die mit schrecklichen Reliefs bedeckt waren. Diese Mauern endeten nach einem steilen Anstieg von etwa einer Meile mit zwei riesigen Nischen zur Rechten und zur Linken, in denen monströse, salpeterverkrustete Bilder von Yig und Tulu hockten und einander über den Gang hinweg anstarrten, wie sie sich seit den ersten Anfängen der Menschen angestarrt hatten. An dieser Stelle mündete der Gang in einen riesigen, kreisförmigen, von einer Kuppel überwölbten und offenbar von Menschen angelegten Saal, der durchweg mit grauenerregenden Reliefs bedeckt war und an dessen anderem Ende ein nach oben führender Gang mit Treppenstufen begann. T’la-yub wußte aus ihrer Familiengeschichte, daß diese Stelle schon nahe der Erdoberfläche liegen mußte, konnte aber nicht genau sagen, wie nahe. Deshalb machten sie hier noch einmal Rast, zum letztenmal in der unterirdischen Welt, wie sie glaubten. Es mußte Stunden später gewesen sein, als Zamacona und T’la-yub durch das Klirren von Metall und das Getrappel von Tierfüßen geweckt wurden. Ein bläulicher Schein breitete sich von dem schmalen Gang zwischen den Bildern von Yig und Tulu her aus, und Augenblicke später war kein Zweifel mehr möglich. In Tsath war Alarm geschlagen worden wie sich später herausstellte, von dem Gyaa-yoth, das vor dem Gestrüpp am Tunneleingang gescheut hatte und durchgegangen war und ein Trupp schneller Verfolger hatte sich aufgemacht, die Flüchtlinge einzufangen. Widerstand wäre zwecklos gewesen und wurde nicht geleistet. Die zwölf Reiter verhielten sich ausgesucht höflich, und fast ohne ein Wort oder eine Gedankenbotschaft von einer der beiden Seiten trat man den Rückweg an.
    Es war eine schicksalschwere, bedrückende Reise, und die Mühsal der
    Entstofflichung und erneuten Materialisierung an der zugeschütteten Stelle war um so qualvoller, als sie nun
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