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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum
Autoren: H. P. Lovecraft
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Kolonie aus dem Mittelalter »entdeckte«. Als ich zum Frühstück hinunterging, wußte ich noch nicht, was
    ich Compton und seiner Mutter sowie den neugierigen Besuchern erzählen sollte, die sich bereits einfanden. Immer noch wie betäubt, durchschnitt ich den Gordischen Knoten, indem ich ein paar Stellen aus meinen Aufzeichnungen vorlas und vor mich hinmurmelte, wir hätten es hier wohl mit einem raffinierten Schwindel zu tun, den irgendein früherer Erforscher des Hügels dort hinterlassen habe was mir alle sofort glaubten, als ich ihnen in Umrissen den Inhalt des Manuskripts skizzierte. Es war merkwürdig, daß all die Leute, die da um den Frühstückstisch saßen und alle, die hinterher von dem Gespräch erfuhren -, die Erklärung, irgend jemand habe sich einen dummen Scherz erlaubt, mitoffenkundiger Erleichterung aufnahmen. Für einen Augenblick vergaßen wir alle miteinander, daß die bekannte jüngere Geschichte des Hügels ja Geheimnisse enthielt, die mindestens genauso merkwürdig waren wie der Inhalt des Manuskripts und sich nach wie vor jeder halbwegs plausiblen Erklärung entzogen.
    Die Ängste und Zweifel kehrten zurück, als ich fragte, wer sich freiwillig bereit erklären würde, mich zum Hügel hinaus zu begleiten. Ich hätte eine größere Mannschaft zum Graben gebraucht, aber der Gedanke, an diesen unheimlichen Ort zu gehen, war den Leuten von Binger offenbar noch genauso zuwider wie am Tag zuvor. Ich selbst empfand wachsendes Grauen, wenn ich zu dem Hügel
    hinüberschaute und den beweglichen Punkt sah, der, wie ich wußte, der TagesWächter war, denn trotz aller meiner Skepsis blieben mir die Abstrusitäten dieses Manuskripts gegenwärtig und erfüllten alles, was mit diesem Ort zusammenhing, mit neuer, monströser Bedeutung. Ich konnte mich einfach nicht überwinden, den beweglichen Punkt durch das Fernglas zu beobachten. Statt dessen brach ich einfach auf, mit einer Tollkühnheit, wie wir sie manchmal in Alpträumen haben, in denen wir uns der Tatsache, daß wir träumen, durchaus bewußt verzweifelt in noch größere Gefahren stürzen, um das ganze möglichst schnell hinter uns zu bringen. Meine Hacke und meine Schaufel lagen ja schon draußen, so brauchte ich nur die Tasche mit den kleineren Utensilien mitzunehmen. In diese legte ich auch den seltsamen Zylinder mit dem Manuskript, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, ich könnte vielleicht noch etwas finden, was ich anhand des in grünen Buchstaben
    geschriebenen spanischen Textes würde überprüfen können. Selbst wenn es sich um einen raffinierten Ulk handelte, konnte dieser ja auf einer tatsächlichen Eigenschaft des Hügels beruhen, die ein früherer Forscher entdeckt hatte; das magnetische Metall beispielsweise war ja wirklich verdammt merkwürdig! Den geheimnisvollen Talisman, den ich von Grauer Adler bekommen hatte, trug ich immer noch an dem Lederriemen um den Hals.
    Ich sah nicht allzu genau zu dem Hügel hin, während ich auf ihn zuging, aber als ich ihn erreicht hatte, war niemand zu sehen. Als ich wie am Vortag den Steilhang hinaufkletterte, beunruhigte mich der Gedanke, was hier ganz in der Nähe lauern mochte, fallsan dem Manuskript etwas Wahres sein sollte. In diesem Fall, so überlegte ich unwillkürlich, mußte der Spanier Zamacona, wenn es ihn denn tatsächlich gegeben hatte, kaum die Außenwelt erreicht haben, als er von irgendeinem Unglück ereilt wurde, vielleicht einer unfreiwilligen Rematerialisierung. In diesem Fall wäre er zweifellos von dem Wächter, der gerade Dienst hatte, ergriffen worden, entweder einem der in Ungnade gefallenen Freien oder höchste Ironie des Schicksals sogar von eben jener T’la-yub, die seinen ersten Fluchtversuch geplant und unterstützt hatte, und bei dem Handgemenge, das dann sicherlich entstand, war vielleicht der Zylinder mit dem Manuskript auf dem Gipfel des Hügels unbemerkt auf die Erde gefallen und allmählich begraben worden, so daß er Jahrhunderte hindurch dort oben liegenblieb. Aber, so dachte ich weiter, als ich das Plateau erreichte, man durfte sich nicht so extravaganten Vorstellungen hingeben. Und doch, wenn nun wirklich etwas an der Geschichte war, mußte Zamacona ein wahrhaft fürchterliches Schicksal ereilt haben … das Amphitheater …
    Verstümmelung … Wachdienst irgendwo in dem feuchten, salpeterverkrusteten Tunnel, als tot-lebendiger Sklave … ein verstümmelter Leichnam als RoboterWächter im Innern der Erde …
    Jähes Erschrecken verscheuchte diese morbiden
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