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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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waren nicht zu verstehen, das machte der Hall unmöglich, aber die Stimme war deutlich zu erkennen.
    Es war Dhaggers Stimme. Die Lorvaner antworteten nicht minder heftig. Dazwischen war Merryones bittende Stimme zu vernehmen, und schließlich Tauronds. Und was der Junge sagte, brachte alles zum Schweigen.
    »Baragg… was ist los?« rief Nottr nach oben.
    Die Gruft war voll Echos.
    »Thonensen!« brüllte Dhagger. »Du gehst nicht ohne mich da hinab. Oder bei allen Göttern und Dämonen, ich lasse deine Mannen hinterherwerfen und die Gruft versiegeln…!«
    »Sollen wir ihn erschlagen, Nottr, solange er allein und nicht bei Verstand ist?« rief Baragg.
    »Nein, aber haltet euch an ihn, wenn seine Männer kommen sollten!«
    »Cescatro!« schrie Dhagger, und es klang nach tiefem Haß. »Du Räuber meiner Brut! Ich will dich von Angesicht zu Angesicht sehen…! Thonensen…!«
    »Hol ihn«, sagte Thonensen, »bevor er die Burg weckt. Außerdem ist es sein gutes Recht. Du kannst den Korb an der Kette nach oben ziehen.«
    Der Magier wandte sich dem Tauren zu, während Nottr den Korb nach oben beförderte und rief: »Steigt ein, Ritter!«
    Da war plötzlich ein weißer Schimmer in den Augenhöhlen. Etwas wogte dort im Lichtschein der Lampen, die Thonensen am Gerüst befestigt hatte. Mit einer weiteren in der Hand lehnte er sich vor und kämpfte gegen einen Schauder an.
    Etwas kam aus den Augen, wallte wie heller Rauch. Es wand sich wie etwas Lebendiges und griff mit rauchigen Fingern nach dem Frevler, der es wagte, in diesen heiligen Ort einzudringen. Thonensen fand keine Zeit mehr, auszuweichen oder sich zu wehren.
    Der Rauch war voll Stimmen, die miteinander flüsterten und tuschelten.
    Der Magier versuchte sich freizuwinden aus der Umklammerung der nebelhaften Erscheinung, er versuchte zu schreien, aber nicht mehr als ein würgendes Krächzen kam aus seinem Mund.
    »Ich komme, Freund…!« rief Nottr. Er ließ den Korb mit waghalsiger Geschwindigkeit nach unten gleiten, daß Dhagger sich krampfhaft festhielt und Verwünschungen ausstieß.
    Als der Korb landete, versuchte Nottr den Freund ins Innere zu zerren. Er hatte nur eines im Sinn, augenblicklich von diesem Ort des Grauens zu verschwinden. Aber der weiße Nebel, der Kopf und Schultern des Magiers nun fast einhüllte, gab ihn nicht frei. Nottr sah, daß die Augen des Magiers leer waren, wie die Calutts, des Schamanen, wenn er zu seinen Toten sprach.
    Da stieg er aus, um ihn mit seinen Bärenkräften in den Korb zu heben.
    Doch als er ihn berührte, schnellte der Rauch auf ihn zu wie der Kopf einer Schlange, und all seine Kräfte vermochten die wallenden Stränge nicht mehr zu lösen. Die flüsternden Stimmen drangen tief in sein Hirn, bis er aufhörte, sich zu wehren.
    Dhagger achtete nicht auf Nottr und den Magier. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Knochengesicht des Riesen, der Gnadenlosigkeit der schwarzen leeren Höhlen der Augen, den mächtigen Kiefern, denen das pathetische Grinsen des Todes nicht erspart geblieben war.
    Er haßte diese Überreste, die einer langen Zeit getrotzt hatten.
    »Dein wandelnder Geist, Cescatro, was hat er mit meinen Kindern gemacht… mit meinem Weib? Du Mörder…! Du Ungeheuer!«
    Er wollte nach Nottrs Klinge greifen, um nach den Seilen zu hacken, die die stützenden Stangen hielten, um dieses verhaßte steinerne Gesicht in die Tiefe stürzen zu sehen.
    Aber Nottrs Faust war kalt, der Griff um das Schwert so fest, daß er ihn nicht lösen konnte. Auch schien das Schwert von einem seltsamen Leben erfüllt zu sein, denn es erbebte, als er es berührte, so daß er erschrocken zurückzuckte.
    Nun erst sah er, was mit den beiden Männern geschehen war. Grauen erfaßte ihn. Er stolperte zurück und verlor das Gleichgewicht. Noch während des Fallens umschlang der weiße Nebel ihn. Sein Kopf schlug auf den Stein, und sein Bewußtsein erlosch.
    Nach einem Augenblick gab ihn der Nebel frei und zog seine weißen Finger zurück.
    In Thonensen und Nottr erstarben die flüsternden Stimmen. Einst vor langer Zeit, waren sie die Geister von Menschen gewesen, die Cescatro gedient hatten. Er hatte ihnen Unsterblichkeit versprochen – Unsterblichkeit, solange sein modernder Körper unberührt stand.
    So hatten sie gemordet, jeden, der frevlerisch in die Gruft kam, um Schätze oder alte Geheimnisse zu finden. Die Körper lagen tief unten, zerschmettert. Solcherart hatten sie ihre Unsterblichkeit in dieser Dunkelheit, die schwärzer als der Tod
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