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Das Grab der Königin

Das Grab der Königin

Titel: Das Grab der Königin
Autoren: Jason Dark
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diesen Menschenfreunden?«
    »So könnte man es sehen.«
    »Man braucht es aber nicht.«
    Sie hob die Schultern, ich schaute an ihr vorbei in die Mitte der Teestube hinein und sah dort die neuen Schwaden, die sich über der im Raum befindlichen Kochstelle gebildet hatten und gegen die Nischen trieben. Der Geruch war noch intensiver geworden. Er umwehte mein Gesicht wie ein Schleier.
    Ich trank Tee. Für meinen Geschmack war er etwas zu bitter, auf Zucker jedoch wollte ich verzichten.
    »Welche Bedeutung haben die Rosen für Sie?«
    »Es sind wunderschöne Blumen, Sir.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Deshalb möchte ich Ihnen eine schenken. Diese Blume soll Sie an etwas erinnern.«
    »Bitte.«
    Sie bewegte sich auf ihrem Platz. Die Hand verschwand in ihrem langen Mantel. Draußen war es winterlich kalt. Der erste Schnee hatte London überschüttet, viel Glätte hinterlassen und das Chaos auf den Straßen noch verschlimmert.
    Die Unbekannte holte die langstielige Rose tatsächlich hervor. Ich wollte sie berühren, doch die Frau entzog sie meinem Griff. »Nein, nicht so einfach, Sir.«
    Ich schaute sie skeptisch an. »Was hat das zu bedeuten? Ich will sie haben.«
    »Ich möchte Ihnen etwas sagen«, flüsterte sie mir zu, »und es bleibt mir nicht viel Zeit.«
    »Dann bitte.«
    Eine Bedienung kam und unterbrach unser Gespräch. Das junge Mädchen trug ein Kleid aus Sackleinen. Ich bestellte für die Unbekannte eine Tasse Tee.
    »Es wäre nicht nötig gewesen, Sir.«
    Ich hob die Schultern. »Wollten Sie mir nicht etwas sagen, Madam?«
    »Ja.«
    »Wie heißen Sie eigentlich?«
    Sie winkte ab. Die Haut spannte sich dabei scharf über ihre Handknöchel. »Was sind denn Namen? Sie sind Schall und Rauch. Sehen Sie nur mich an, und freuen Sie sich, daß ich hier bin.«
    »Okay, ich kann sie also nicht haben.«
    »Noch nicht.« Sie hob die Rose an. Daumen und Zeigfinger befanden sich in einer Lücke zwischen zwei Dornen. »Es ist eine wunderschöne Blume, eine herrliche Pracht. Die Natur hat sich etwas einfallen lassen. Schauen Sie sich nur einmal die feinen Blätter an. Sie fühlen sich wie feine Seide an. Es ist die Königin der Blumen - aber, wie alle Königinnen, auch sehr sensibel und empfindlich. Sie dürfen ihr auf keinen Fall ein Leid antun, das wird sie niemals überwinden. Man muß sie hegen und pflegen, Sir, wenn man schon in der glücklichen Lage ist, sie zu besitzen.«
    »Ich habe sie nicht.«
    »Nein, ich will auf etwas anderes hinaus. Wissen Sie…« Der Tee wurde gebracht, und die Frau verstummte. Erst als das Mädchen sich wieder entfernt hatte, redete sie weiter. »Wer eine Rose besitzt, sollte sie hegen und pflegen, denn sie ist nicht nur die Königin unter den Blumen, sie ist auch sehr empfindlich. Schon seit alters her ist sie geliebt worden, das müßten Sie wissen.«
    »Möglich.«
    Sie lächelte schmal. »John Sinclair, ich bin nicht ohne Grund zu Ihnen gekommen, denn ich habe gespürt, daß es soweit ist. Diese Rose sieht äußerlich noch wunderschön aus, doch sie ist bereits dabei zu verfaulen. Diese Blume ist ein Indikator, ein Anzeiger für schlimme Dinge, die sich ereignen können.«
    »Welche besondere Beziehung soll ich zu den Rosen haben?«
    »Wenn Sie nachdenken, werden Sie darauf kommen.«
    »Tut mir leid, aber…«
    »Nicht jetzt, später. Wenn wir einmal nicht mehr sind. Es dauert gar nicht mal lange.«
    Ich runzelte die Stirn. »Was sagen Sie da? Es dauert nicht mehr lange? Rechnen Sie mit Ihrem Tod?«
    »Ja.«
    »Wieso?«
    »Lassen Sie es mich erklären. Die Rose verblüht, und wenn sie verblüht, werde auch ich nicht mehr sein. Dann ist das Grab in einer großen Gefahr, Sir.«
    Ich beugte mich über den Tisch. Die Teetasse rutschte vor. »Von welchem Grab sprechen Sie?«
    »Vom Grab der Königin«, erwiderte sie mit einer Stimme, die bei mir eine Gänsehaut erzeugte.
    Ich runzelte die Stirn, ein Zeichen, daß ich nachdachte. »Königinnen«, murmelte ich, »gibt es viele, das wissen Sie auch.«
    »Ja, sehr viele, tote und noch lebende. Aber ich meine eine bestimmte, Sir.«
    Bei mir klickte es. Eigentlich hätte ich schon früher auf die Lösung kommen müssen, schließlich war ich hier mit Jenna Jensen verabredet.
    »Meinen Sie etwa die Königin von Saba?«
    »Endlich!«
    Ich bekam zwar keinen Schock, doch die zweite Haut auf meinem Rücken verstärkte sich. Das war interessant. Erst Jennas Anruf, das Erscheinen der Unbekannten, was würde noch folgen?
    »Fällt Ihnen jetzt etwas ein,
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