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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott
Autoren: John Brunner
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scheiterte sowieso an dem Starrkrampf in ihrem Arm. Überdies geschah es keineswegs zum erstenmal in ihrem zwanzigjährigen Leben, daß sie aufwachte und sich von einem Mann bewundert sah, dessen Gesicht sie so wenig kannte wie seinen Namen.
    Da löste sich der Fremde in ein Gestöber aus rosa und purpurnen Schneeflocken auf, und sie erinnerte sich an den HoloSet, den Dan und sein Freund Berry gestern mit viel Geschwitze und Gefluche aus dem Lift und durch den Korridor geschoben hatten. Davor gab es keinen HoloSet im Apartment – bloß einen altertümlichen non-holografischen Fernseher, mit dem nichts Interessanteres als die drei noch existenten 2d-Satellitenprogramme zu empfangen gewesen waren, auf denen die PKK bestand. Weil man sie hauptsächlich nach Indien, Afrika und Lateinamerika ausstrahlte, aber sie und Dan weder Hindi noch Suaheli sprachen und Spanisch nur ganz unzureichend, hatten sie sich selten die Mühe gemacht, den Apparat überhaupt anzuschalten, außer wenn sie im Psychorbit kreisten. Dann spielte es keine Rolle, daß die Programme sich im wesentlichen mit Latrinenaushub, Fischfallen und dem Erkennen der Symptome ansteckender Krankheiten befaßten – einmal hatte Dan sogar darauf aufmerksam gemacht, wenn die Toiletten das nächste Mal verstopft seien, könnten Informationen über Latrinenbau durchaus nützlich sein, vorausgesetzt allerdings, sie besäßen ein Stückchen Land, um dort Latrinen zu buddeln.
    Sie schaute sich nach Dan um und erblickte ihn auf der anderen Seite des Bettes. Er hielt den Barbazar-Set in der Hand und suchte an der Wand nach einer Stelle, wo der Magnetkontakt am Ende der Schnur Strom abnehmen könne, ungefähr wie ein Fixer nach einer tauglichen Vene tasten mochte. Er entdeckte einen Abschnitt der Wand, in dem der Leitungsdraht noch nicht verrostet war, und sein Rasurmat begann zu summen; er fing an, den Makel in seinem Bart zu nivellieren. Dan war geschlagen mit großen, runden Flecken von Kahlheit auf beiden Wangen.
    Zwei Herzschläge später war der Empfang im HoloSet wie durch ein Wunder wieder einwandfrei. Mit einer Miene wie ein Honigkuchenpferd und unter Gestikulieren setzte der Mann im Holo-Schirm seinen unhörbaren Redeschwall fort.
    Lyla setzte sich auf und drückte ihren eingeschlafenen Arm an ihren Busen, massierte den Arm mit den Fingerkuppen der anderen Hand. „Warum machst du nicht endlich eine Markierung an die Wand, damit du das nächstemal nicht wieder suchen mußt?“ meinte sie, ohne Dan anzusehen; statt dessen ließ sie ihren Blick zerstreut über die Einrichtung des Zimmers schweifen. Vorm Heinzelmann-Schrein lag in einer Messingschale aus Benares ein klumpiger Haufen pseudorganischer Materie; offenbar hatte jemand noch im letzten Moment daran gedacht, jene Bücher hineinzulegen, deren Verfallsdatum bevorstand, und da sie sich nicht daran erinnerte, es getan zu haben, mußte das Dans Werk sein. Von der Höhe der Tischkante – der Tisch war zurückgeklappt, zuvor jedoch nicht abgewischt worden – verlief ein getrocknetes Rinnsal von Rotwein an der Wand abwärts. Das Regal, in dem ihr echter siebenarmiger Kerzenleuchter aus dem zwanzigsten Jahrhundert stand, war bedeckt mit einer Schicht pulvriger Asche, weil sie darin unbedingt sieben verschiedene Sorten von agarbati zugleich hatte verbrennen müssen; sie rümpfte die Nase, als sie sich dessen entsann.
    Kurzum, in dem Zimmer sah es aus wie in einem Saustall.
    Dan verhielt in seiner Tätigkeit, dem Andrücken von synthetischem Haar – Strähne um Strähne – auf den Klebstoff, mit dem er seine Wangen eingerieben hatte. „Endlich aufgewacht, hm? Gerade wollte ich dich wachrütteln. Weißt du nicht, wie spät es ist?“ Er wies auf seine Neuanschaffung, den HoloSet, als sei der Apparat eine Uhr.
    Lyla starrte Dan begriffsstutzig an.
    „Siehst du denn nicht, daß das Matthew Flamen ist? Zum Donnerwetter, wieviel Medienkiebitze sind denn im Drei-De-Tele noch übrig? Seine Mittagssendung läuft, über die Hälfte ist schon vorbei. Hör zu!1’ Er streckte ein nacktes Bein und stieß mit dem großen Zeh nach dem Lautstärkeregler an dem niedrigen Gehäuse, von dem der zentimeterdicke holografische Bildschirm aufragte wie ein Segel vom Rumpf einer Yacht. Dabei geriet er aus dem Gleichgewicht und sackte plump auf die Bettkante nieder. Die plötzliche Belastung überforderte den abgenutzten Mechanismus, und Lyla sank abwärts auf die Grundfläche des Betts, begleitet vom Winseln, mit dem das Gas
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