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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott
Autoren: John Brunner
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haben, daß er geschlagen war. In doppelter Hinsicht. Ich meine, sie muß es begriffen haben – die Maschine. Das ganze Jahrhundert zusätzlicher Erfahrungen, die ihr im Jahre zweitausend-einhundertdreizehn zur Verfügung standen, sah sie auf einmal aufgewogen und zunichte gemacht durch die Tatsache, daß ihr eigenes Gedächtnis anzeigte, sie selbst hatte so gehandelt, daß die Sorte von Publizität unterblieb, die den Lauf der Geschichte geändert und infolgedessen genug wohlhabende Leute übriggelassen hätte, die sich die System-C-Bewaffnung zu kaufen imstande gewesen wären, sobald sie angeboten werden konnten. Ping-pong, ping-pong, ping-pong …“ Sie bewegte die Hände, als würfe sie dazwischen einen an einem Strang befestigten Ball hin und her. Als sie den Ausdruck von Unglauben in Conroys Gesicht sah, verstummte sie und seufzte.
    „Tut mir leid, Professor. Es ist nun mal etwas, das werde ich niemals erklären können. Sie hätten in meiner Haut stecken müssen, als ich bei Mikki Baxendale eine subkritische Dosis aus einer SibyllPille geschluckt hatte und alle diese unmittelbaren Erlebnisse des Kämpfern und Tötens wahrnahm, so wie sie durch Harrys Bewußtsein rasten. Kein Mensch kann innerhalb einer normalen Lebensdauer derartige Informationen sammeln. Er müßte sich dermaßen der Gewalt gewidmet haben, daß er siebenmal umgekommen sein könnte. Aber für mich war’s deutlicher als Worte. Mir hat’s verraten – oder etwas hinter ihm hat’s mir gezeigt –, daß irgend etwas ihn in eine Mordmaschine verwandelt. Und er hat getötet. Er hat einen Mann im fünfundvierzigsten Stockwerk aus dem Fenster geworfen, oder vielleicht nicht? Ich habe mich seitdem unentwegt mit Nachforschungen befaßt. Ich weiß sogar, was verursacht hat, daß ich mich am Ende noch übergeben mußte. Von allen Leuten, die sich jemals dem Töten verschrieben haben, war am schlimmsten eine herätische Zen-Sekte im Japan und Korea des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, die das Töten buchstäblich als Kunstform gepflegt hat. Wenn Sie sich die Verzückung vorstellen können, die Malerei, Musik und Dichtung alle zusammengenommen bereiten können, und plötzlich merken sie, da wird das Leben eines Menschen beendet, dann verstehen Sie womöglich, warum mir auf einmal so übel war.“
    „Sie haben sich sehr ernsthaft mit dieser ganzen verzwickten Geschichte beschäftigt, was?“ meinte Conroy bedächtig, sprach jedoch gleich weiter, ohne eine Erwiderung abzuwarten. „Ich bekomme allmählich das gleiche Gefühl der Beunruhigung, das mich, wie ich mich erinnere, in Flamens Büro befallen hat – einen Eindruck, als schauten aus etwas, das man normalerweise als kompletten Blödsinn verwirft, Wahrheiten hervor. Ihre Idee, daß dieser Computer durchgedreht haben soll, weil bei ihm eine instabile Rückkoppelung zwischen Gegenwart und Zukunft entstand …“
    „Richtig, so meine ich’s“, rief Lyla.
    „Aber es überfordert mich“, fügte er hinzu, als sei ihre Zwischenbemerkung nicht gefallen, „mit einem herkömmlichen Gewohnheitsmuster in solchen Begriffen zu denken. Könnte Ihnen das möglich sein?“ Er musterte ihr Abbild voller Zweifel. „Ja, ich wüßte nicht, warum Sie das nicht fertigbringen sollten. Wie alt sind Sie, Miß Clay?“
    „Heute ist mein einundzwanzigster Geburtstag.“
    „Und schon können Sie auf Erlebnisse zurückblicken, die andere Menschen niemals kennen werden. Das Pythonessen-Talent ist einmal als die Fähigkeit definiert worden, mit dem Geist anderer Menschen zu denken. Kommt das hin?“
    „Ja, ich pflege das selber so zu sagen.“
    „In diesem Fall dürfte es unter Umständen, falls ich Sie nicht versehentlich in konformistische Bahnen lenke, möglich sein, daß ich Ihnen dabei zu helfen vermag, das zu finden, woran Ihnen nach Ihren eigenen Worten so gelegen ist. Und ich war immer gegen geistige Erstarrung auf der Hut.“
    „Sie sind geistig offener, als alle anderen Leute, die ich kenne“, versicherte Lyla herzlich. Conroy senkte sein zottiges Haupt.
    „Ich habe seit Jahren kein aufrichtigeres Kompliment zu Ohren bekommen, Miß Clay. Ich freue mich darauf, Sie meinen Kursus besuchen zu sehen, und ich verspreche Ihnen, daß ich mein Bestes für Sie tun werde. Wir brauchen Leute wie Sie unerhört dringend, und wir werden solche Menschen in den nächsten Jahrzehnten dringender denn je benötigen. Mit dem Verschwinden der Heinzelmännchen AG vom Markt als Auswirkung der Anti-Niebs-Panik, mit
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