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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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überzeugt. »Sie sind besiegt und ihr Anführer ist gefangen. Sie sind jetzt alle auf den Schiffen und bald werden sie für immer verschwinden.«
    Anacaona blieb auf einmal stehen. »Und du, Pahbloh?«
    Auch Pablo hörte auf zu laufen. Er sah sie unsicher an.
    Sie streckte eine Hand aus und legte sie auf seine nackte Brust. »Verschwindest du auch, Pahbloh? Oder bleibst du bei mir?«
    Es klang nicht wie eine Bitte. Sie hatte auch keine Tränen in den Augen. Es war eine ruhige Frage und die Entscheidung musste er alleine treffen, das wusste er.
    »Lasst mich in Ruhe, ihr Zwerge!«, brüllte jemand so laut, dass die Papageien kreischend in die Höhe schossen. »Sonst stehe ich auf, und dann werdet ihr sehen, was ich mit euch anstelle!«
    Wortlos setzten sich Anacaona und Pablo wieder in Bewegung. Nach wenigen Schritten rannten ihnen die Männer entgegen, die das Kanu gepaddelt hatten, mit allen Anzeichen von Panik in den Gesichtern.
    »Er ist gar nicht tot!«
    »Er lebt noch!«
    »Er hat gesprochen!«
    »Er hat eine Stimme wie der Donnergott.«
    »Das kann nur sein Geist sein, der da gesprochen hat.« Anacaona war trotz ihrer braunen Haut blass geworden. »Er kann nicht leben mit diesen Wunden. Er muss tot sein.«
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, fragte Pablo.
    »Wir haben ihn untersucht.«
    »Wir haben noch nie solche langen, tiefen Schnitte gesehen.«
    »Die müssen von den langen Messern sein, die die Weißen um den Bauch tragen.«
    »Wie habt ihr ihn untersucht?«, fragte Pablo.
    »Wir haben Stöckchen genommen und kleine Zweige.«
    »Wir haben sie in die Schnitte geschoben.«
    »Wir wollten sehen, wie tief sie sind.«
    »Wir haben doch gedacht, er ist tot.«
    Die Männer und Anacaona blieben zurück, als Pablo langsam weiterging. Jemand stöhnte.
    Der Junge sah sich suchend um. Er war umgeben von dicken, mit Lianen übersponnenen Stämmen, von mannshohen Farnkräutern, von dichten Sträuchern, übersät mit weißen und rosa Blüten, die einen erstickenden Duft verströmten. Ein Blinken traf seine Augen. Er ging zögernd näher. Da lag ein zerhauener Helm. Er bog die Farnkräuter auseinander und prallte zurück.
    Am Boden lag ein Spanier. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, denn ein Säbelhieb hatte ihm den Kopf gespalten. Die Stirnhaut war über die Augen geklappt, das Gehirn lag frei. Entsetzt ließ Pablo seine Blicke abwärts wandern. Eine Schulter war fast gänzlich durchgehauen, der Arm lag eigentümlich verdreht neben dem Körper. Ein Oberschenkel war der Länge nach aufgeschlitzt, Pablo sah den weißen Knochen unter dem blutigen Fleisch. Am anderen Bein war der Stiefel durchschnitten, die Haut war vom Knöchel bis zu den Zehen heruntergefetzt.
    Wieder stöhnte der Mann. Es war ein Wunder, dass er mit diesen Verletzungen den gestrigen Tag und die Nacht überlebt hatte, aber jetzt lag er gewiss im Sterben. Er musste einer von den Meuterern sein, denn die Leute des Adelantado waren alle zurückgekommen, und zwar mit relativ geringen Verletzungen, nur einer hatte einen gefährlichen Lanzenstich erhalten.
    Pablo kniete neben dem Mann nieder. Er mochte ein Meuterer sein, aber größere Sünder als er bekamen geistlichen Beistand, wenn sie bald vor Gottes Richtstuhl treten mussten.
    »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«, betete er laut und feierlich. »In Demut und Reue bekenne ich meine Schuld. Vergib mir, Herr, meine Missetaten und lass mich nicht zuschanden werden. Denn Du...«
    »Sieh mal einer an! Der Eselsschiss! Betätigst dich wohl gerne als Kaplan, was?« Pedro de Ledesmo hob den Kopf aus dem dichten Gras neben dem Verwundeten. »Spar dir das Beten. Mein alter Kumpel Alejo ist ein zäher Bursche. Genau wie ich. Wir kommen durch, da geh ich jede Wette ein.«
    Pablo fuhr zurück. Der Bordschütze hatte eine klaffende Wunde auf der Stirn, dick verkrustet von Blut, übersät von Fliegen.
    »Wo ist der Kapitän, Eselsschiss? Und die anderen?«
    »Porras ist gefangen. Die anderen haben sich ergeben und der Herr Admiral hat sie begnadigt. Sie sind auf den Schiffen.«
    »Und was willst du hier?«
    Pablo war so erschrocken über das plötzliche Erscheinen seines ärgsten Feindes, dass er gar nicht an eine Ausrede dachte.
    »Ich bringe dem Kaziken ein Geschenk.«
    »Zeig her.« Pedro stand auf einmal auf beiden Füßen.
    Mit einem Schritt war er neben dem Jungen. Sein rechtes Hosenbein war blutdurchtränkt, aber Arme und Hände schienen unverletzt.
    Er packte Pablo am Arm. »Na los,
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