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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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und die sie seit einem Jahr ernährt hatten, brachten sich gegenseitig um. Und warum? Für das verdammte Gold? Das würden die Indianer nicht begreifen.
    Gold gedeiht nur auf dem Boden des Unrechts. Gold ist Gift und deshalb wird Spanien eines Tages daran verenden. Wer hatte das gesagt? Sicher Diego Méndez. Und es war die Wahrheit.
    Nach wenigen Stunden erschien ein keuchender Grumete bei den Schiffen, den Don Bartolomé vorausgeschickt hatte. »Sieg! Wir haben gesiegt!«
    Die Zurückgebliebenen durften zuhören, als er dem Admiral berichtete. »Sie waren wie vom Donner gerührt, als wir plötzlich vor ihnen standen. Kapitän Porras reagierte am schnellsten. ›Alle auf Colón! Schlagt ihn tot! Schlagt ihn tot!‹, schrie er. Aber da lagen schon fünf oder sechs von seinen Leuten am Boden. Der Adelantado durchbohrte Juan Sanchez, sprang über ihn weg und spaltete Juan Barba den Schädel. Da drehten sich die meisten Meuterer um und rannten. Ein paar von unseren Leuten packten Kapitän Porras und fesselten ihn. Der Adelantado wollte die Fliehenden verfolgen, aber der Kapitän hat ihn zurückgehalten. Überall zwischen den Bäumen standen nämlich auf einmal bewaffnete Indianer, und die hätten uns vielleicht umgebracht, wenn wir zu wenige geworden wären.«
    »Umgebracht?« Pablo war so entrüstet, dass er dazwischenrief. »Sie wollten uns helfen!«
    »Helfen? So ein Unsinn!«, sagte jemand heftig. »Indianer sind feige, das weiß doch jeder. Hunderte rennen vor zehn bewaffneten Spaniern davon. Die greifen in keinen Kampf ein.«
    »Das stimmt.« Jetzt mischte sich auch Juan Quintero ein. »Das war schon auf der ersten Reise so und auf jeder anderen auch. Das kann ich bezeugen, denn ich bin immer dabei gewesen.«
    »Das stimmt nicht!« Pablo fragte sich erstaunt, woher er den Mut zum Widerspruch nahm. »In Belén waren sie nicht feige.«
    Eine fassungslose Stille breitete sich aus. Die Flucht aus Belén war eine Art Stachel im Fleisch für alle Beteiligten und wurde nie erwähnt.
    »Da kommen sie!«
    Erleichtert wandten sich alle Köpfe zum Waldrand, wo Don Bartolomé mit seinen Leuten und den gefesselten Brüdern Porras auftauchte. Aber Pablo trafen viele strafende und empörte Blicke, die ihn zu seiner eigenen Verwunderung gleichgültig ließen. Er triumphierte innerlich, als der Adelantado später erzählte, dass der Sieg zum Teil den Indianern zu verdanken war, die die Meuterer mit einem plötzlichen Pfeilhagel in Verwirrung gebracht hatten.
    »Indianer sind gar nicht so feige, wie alle immer tun«, sagte Pablo am nächsten Tag zu Fernan. Er merkte, wie sehr ihm darum zu tun war, dass sein Freund zustimmte.
    Die beiden Jungen saßen in der Öffnung der Palisade, mit Blick auf den Waldrand, wo bald die indianischen Lastträger mit Wasser und Lebensmitteln erscheinen mussten. Am Morgen war ein Abgesandter der Geflohenen erschienen und hatte Unterwerfung angeboten, falls der Admiral ihnen verzeihen und sie wieder aufnehmen würde. Der Admiral hatte zugestimmt, obwohl dann die Lebensmittel wieder knapp werden würden. Zum Entsetzen der Seeleute zahlte er bereits mit dem Gold aus Veragua.
    Fernan gähnte. »Ich verstehe überhaupt nicht, wieso du dich so für die Indianer interessierst. Die sind mir völlig gleichgültig. Ich wünschte, ich müsste keine mehr sehen. Ich kann es kaum erwarten, dass wir hier endlich wegkommen. Jetzt dauert es bestimmt nur noch kurze Zeit. Ach, ich habe alles satt! So schrecklich satt! Immer nur Sommer, immer nur Sonne, immer nur Fische und Früchte.«
    Pablo sah ihn erstaunt an. »Aber das ist doch schön. Findest du Schnee und Kälte etwa besser?«
    Fernan schien ihn gar nicht gehört zu haben. »Ich möchte in einem gepolsterten Sessel an einem brennenden Kamin sitzen, einen ganzen Stapel Bücher neben mir und eine Karaffe mit Wein. Durch die offene Tür sehe ich Leute, die in prächtigen Gewändern tanzen, und höre Harfen-, Flöten- und Lautenspiel. Ich habe einen Tisch vor mir mit vielen Federn und Seiten aus Pergament, denn ich schreibe ein Buch über das Leben meines Vaters. Ein Diener führt meine Jagdhunde herein und…« Er unterbrach sich. »Richtig, darüber wollte ich ja mit dir sprechen. Hättest du nicht Lust, mein Diener zu werden, wenn wir wieder in Spanien sind?«
    Pablo drehte den Kopf und starrte auf die im Sonnenlicht funkelnden kleinen Wellen, die friedlich und gleichmäßig an den Strand rollten. Ein Diener? In Spanien? Das war bestimmt etwas viel Besseres, als sich
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