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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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vom Grumete zum Matrosen hochzudienen. Oder den Celler zu übernehmen. Er sah das Gesicht von Diego Méndez vor sich, wie er ihm sein kostbares Medaillon geschenkt und ihn mein Sohn genannt hatte. Warum war Fernan so anders?
    »Ich dachte, ich bin dein Freund«, sagte er leise.
    Fernan sah ihn entgeistert an. »Mein Freund? Ja, natürlich bist du das. Also, ich meine, wir waren immerhin in einem Rancho. Und wir haben viel zusammen erlebt. Aber, nun ja, ich bin nun mal der Sohn des Vizekönigs. Ich werde wieder an den königlichen Hof gehen. Verstehst du?«
    Pablo sah ihn an und nickte langsam.
    Der Ausdruck in seinem Gesicht schien Fernan nicht zu gefallen, denn er sagte gereizt: »Ich finde, du könntest froh und dankbar sein über mein Angebot. Immerhin stammst du nur aus einer Schänke.«
    »So wie dein Vater.« Die Worte waren heraus, ehe Pablo sie zurückhalten konnte.
    In Fernans Gesicht schoss eine rote Welle. Er sprang auf. »Was unterstehst du dich? Bist du verrückt geworden?«
    Pablo stand langsam auf und warf den Kopf zurück. »Frag nur deinen Onkel.«
    Auf einmal war Fernan dicht vor ihm, packte ihn mit beiden Fäusten und schüttelte ihn, Tränen der Wut in den Augen. »Sag das nicht noch einmal, du Lügner! Oder ich bringe dich um!«
    Pablo gab ihm einen Stoß vor die Brust, dass er zurücktaumelte. »Du willst mich umbringen? Du bist ja bloß noch am Leben, weil ich dich gerettet habe, du - du Söhnchen.« Er war jetzt genauso wütend wie Fernan.
    Ein paar Augenblicke standen die beiden sich gegenüber, schwer atmend, mit geballten Fäusten.
    Dann wandte Pablo sich abrupt um. »Mit dir bin ich fertig.« »Such dir gefälligst einen anderen Rancho«, zischte Fernan. »Und komm mir bloß nicht mehr unter die Augen.«
    »Grumete Pablo zum Admiral!«, schrie jemand von den Schiffen.
    Pablo ging langsam durch den Sand. Er musste Stimme und Gesicht unter Kontrolle haben, bevor er in die Kajüte trat. Der Admiral saß am Tisch, neben ihm stand sein Bruder und hielt sein Messer in der Hand. Als Pablo auf einen Wink hin näher trat, schob er es in eine reich verzierte Scheide und reichte sie ihm.
    »Bring das dem Kaziken. Erklär ihm, dass wir ihm dankbar sind für seine Hilfe. Das Messer ist so kostbar und wird ihm vor allem so gut gefallen, dass er die Lieferungen von Lebensmitteln wohl erhöhen wird, bis unser Schiff kommt.«
    »Diego Méndez ist nahe. Das spüre ich«, erklärte der Admiral. Pablo warf ihm einen scheuen Blick zu. Er verstand, dass die Matrosen ihm Zauberkünste nachsagten. Seine Stimme war bis unter Deck zu hören gewesen, als er gebetet hatte, und Pablo hatte ebenso wie die Meuterer ein leises Grauen gespürt. Der Admiral sprach mit Gott wie ein... wie ein Auserwählter.
    Der Junge verbeugte sich, steckte das Messer in die Hosentasche, ging durch die Palisadentür, ohne Fernan auch nur anzuschauen, und verschwand im Urwald. Er atmete auf, als er in das warme, feuchte Dämmern tauchte. Hier war es grün und still. Niemand beschuldigte ihn, niemand beleidigte ihn, niemand befahl ihm.
    Nach einiger Zeit zog er die Jacke aus und dann auch das Hemd. Der Schweiß lief ihm über Brust und Rücken, die Stoffe klebten am Körper. Es war eigentlich sehr vernünftig von den Indianern, unbekleidet zu gehen.
    Er folgte dem schmalen Pfad, den die Träger mit den täglichen Lieferungen durch das Unterholz gebahnt hatten. Das gleichmäßige Gehen beruhigte ihn. Er konnte sogar lächeln, als die beiden grauen Papageien über ihm kreischten, und blickte erwartungsvoll den Pfad hinunter. An der nächsten Biegung stieß er fast mit Anacaona zusammen.
    »Das ist gut, dass du kommst«, sagte sie atemlos. »Ich wollte gerade zu dir! Wir haben einen Toten gefunden, und er ist so schrecklich zerhauen, wie du dir das gar nicht vorstellen kannst.«
    Noch während sie sprach, waren beide in einen leichten Trab verfallen, eine Mischung zwischen Gehen und Laufen, in dem man viele Meilen zurücklegen konnte, ohne müde zu werden. Sie liefen im gleichen Rhythmus nebeneinanderher. Pablo spürte, wie der letzte Rest von Zorn von ihm abfiel.
    »Wie hast du den Kaziken dazu gebracht, sich auf die Seite des alten Königs zu stellen?«
    »Ich habe ihm das Gleiche gesagt wie du meinem Vater. Die bösen Weißen wollen den König töten. Wenn ihnen das gelingt, wird das große Kanu mit den weißen Flügeln verschwinden, und die bösen Weißen werden für immer auf Xamayca bleiben.«
    »Sie werden nicht bleiben«, sagte Pablo
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