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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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drehen.
    »Ich sterbe«, sagte er schwach.
    »Was hast du gesagt?«, fragte eine weibliche Stimme.
    »Ich sterbe«, wiederholte er in der Eingeborenensprache. Die Stimme lachte leise. »Du stirbst nicht. Du trinkst schon für zwei und morgen wirst du essen und übermorgen gehen wir zur Lagune und du kannst schwimmen.«
    »Anacaona?« Er öffnete die Augen wieder und sah sie an.
    Sie stand dicht neben ihm und lächelte ihn an, ein goldenes Netz aus Sonnenstrahlen auf der braunen Haut und den schwarzen Haaren.
    »Warum...?« Er krauste die Stirne und versuchte zu denken, aber das tat weh. »Ich weiß gar nichts mehr.«
    »Der Mann hat dich geschlagen und du warst wie tot. Aber du hast geatmet. Da haben wir dich mitgenommen.«
    Das Messer... Pedro de Ledesmo... das Amulett...
    Die Erinnerungen drehten sich in Pablos Kopf. Sein letzter Besitz, seine einzige Verbindung zu Diego Méndez war ihm von einem Landsmann geraubt worden. Ein Christ hatte ihn fast umgebracht. Aber war das noch wichtig? Er war bei Anacaona. Sie hatte ihn mitgenommen.
    »Das war gut«, erwiderte er schläfrig. »Das war sehr gut.«

    Es dauerte viel länger als bis übermorgen, aber eines Tages standen die beiden am Rande der Lagune.
    »Du stinkst«, sagte Anacaona unverblümt. »Komm ins Wasser.«
    Pablo folgte ihr. Schon vor dem Transport durch den Urwald und der Fahrt mit dem Kanu hatte sie ihn wieder mit braunem Pulver eingerieben und seine Kleider in einer geflochtenen Matte versteckt. Er hatte sie seither nicht wieder angezogen. Das lauwarme Wasser strudelte um seinen nackten Körper.
    Pablo rieb Haut und Haare mit Sand ab und tauchte. Er hörte, dass Anacaona etwas schrie, und kam hastig an die Oberfläche. Sie zeigte aufgeregt aufs Meer hinaus.
    Dort fuhren zwei Karavellen in Richtung Española.
    Pablo stand reglos und hielt die Augen unverwandt auf die weiß schimmernden Pyramiden von Segeln gerichtet. Diego Méndez hatte zwei Schiffe geschickt! Die Spanier, die den alto viaje überstanden hatten, waren gerettet! Und den Grumete Pablo hatten sie vergessen. Sie ließen ihn zurück auf einer Insel, an der wahrscheinlich viele Jahre kein Schiff mehr anlegen würde.
    Aber waren sie wirklich gerettet? Hatten nicht auch alle Männer, die vor zwei Jahren in dem fürchterlichen Hurrikan untergegangen waren, an eine Rückkehr nach Spanien geglaubt? Und doch hatten sie ihre Heimat nie wieder gesehen.
    Pablo schloss die Augen. Träumte er eigentlich noch von Spanien? Er sah Sevilla vor sich, den düsteren Celler mit dem trinkenden Vater und der abgearbeiteten Mutter, die engen Gassen, den stinkenden Hafen, die Abfallberge an der Stadtmauer, die Scheiterhaufen der Inquisition, den Galgen vor der Stadt, die zahllosen Bettler und Krüppel. »Wie können all diese geputzten Herrschaften auf ihren Pferden und in ihren Sänften den ständigen Anblick von Elend und Lumpen, von schwärenden Wunden, von verstümmelten Gliedern aushalten, ohne Scham und Reue zu empfinden?« Diesen Satz hatte er von Diego Méndez gelernt und er hatte ihn nie vergessen.
    Was soll ich eigentlich in Spanien?, dachte er. Wenn ich mein ganzes Leben lang arbeiten würde, im Schweiße meines Angesichts, so wie es in der Bibel steht, ob als Diener oder im Celler oder als Matrose, würde ich dann irgendwann in einer Hängematte liegen und schaukeln können?
    »Pahbloh! Bist du traurig?«
    Er öffnete die Augen und lächelte Anacaona an. »Nein, überhaupt nicht. Komm, wir suchen Schildkröteneier.«

Zeittafel Christoph Columbus
    1451
Geburt in Genua, Sohn eines Webers
1476
Übersiedlung nach Lissabon
1479
Heirat mit Felipa Moniz Perestrello, Übersiedlung nach Porto Santo (Madeiragruppe)
1480
Geburt des Sohnes Diego
1485
Übersiedlung nach Kastilien
1486
Audienz bei Königin Isabella und König Ferdinand. Übersiedlung nach Cordoba
1488
Geburt des Sohnes Fernan
1492
Am 3. 8. mit Santa María, Pinta, Niña zu den Kanaren, am 8. 9. Start von Gomera, am 12. 10. in Guanahani (San Salvador), am 27. 10. Kuba, am 6. 12. Española (Haiti)
1493
Am 16. 1. Rückfahrt, am 15. 3. in Palos. Im April triumphaler Empfang in Barcelona. Christóforo Colón wird geadelt, Admiral des Ozeans und Vizekönig von Indien
1493
Am 23. 9. Aufbruch mit 17 Schiffen von Cadiz mit 1200 bis 1500 Mann für Española. Entdeckung von Dominica, Guadalupe, Antigua
1494
Entdeckung von Jamaica, Erkundung der Südküste Kubas
1495
Schwere Niederlage der Indianer in Schlacht auf Española. Am 11. 6. Rückkehr mit Niña und
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