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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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die übereilt und in
ausweglosen Situationen getroffen wurden. Aldas Schicksal war durch
die Überreaktion verzweifelter Menschen besiegelt worden.
Dóra bedauerte die Hinterbliebenen, die nun mit ihren alten
Sünden konfrontiert wurden. Vor allem Aldas Mutter, die im
Grunde ein Opfer der Umstände war, tat ihr leid. Ihr Mann,
Markús’ Vater, Daði und Valgerður trugen die
Hauptverantwortung, aber keiner von ihnen konnte für seine
Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Zurück blieb eine
alternde Mutter, die vor vielen Jahren in Ereignisse hineingeraten
war, die sie überfordert und dazu geführt hatten, dass
sie jetzt ihre Tochter ins Grab geleitete.
    Dasselbe galt
für Klara, Markús’ Mutter, die laut Aldas Mutter
von den Morden wusste. Es würde jedoch schwierig sein, das zu
beweisen, sofern sie nicht geständig war. Klara wirkte
unnachgiebig, und wie ihr Sohn Leifur würde sie kaum zugeben,
dass sie von diesem längst vergangenen Verbrechen wusste.
Glücklicherweise war das nicht Dóras Problem. Sie hatte
genug von dem Fall.
    Es
blieb jedoch die Frage nach Aldas Mörder, und das gab der
Polizei einen Grund, Markús’ Freilassung
hinauszuzögern. Dóra war klar, dass die Polizei nach
ihren Ausführungen nicht in Aktionismus ausbrechen würde,
war aber dennoch enttäuscht, dass nicht sofort etwas
passierte. Die Polizei musste eingestehen, dass Markús aller
Wahrscheinlichkeit nach nichts mit den Kellerleichen {337 }zu tun
hatte. Der Grund, warum Alda den Kopf ihres Peinigers in einer
Kiste mit sich herumgetragen hatte, würde noch ans Licht
kommen, aber das war unerheblich für Markús. Kein
anderer schien als Aldas Mörder in Frage zu kommen.
Dóra spürte, wie das Druckgefühl in ihrem Kopf,
das in der Kirche als vager Schmerz begonnen hatte, immer
stärker wurde.
    »Ist es
möglich, dass die Frau einfach Selbstmord begangen
hat?«, fragte sie. »Oder gibt es etwas, das eindeutig
auf einen Mord hinweist? Sie muss psychisch ziemlich angeschlagen
gewesen sein.«
    Stefán
schaute von dem Bericht auf, den er gerade überflog.
»Die Obduktion hat eindeutig gezeigt, dass sie ermordet
wurde. Solche Spekulationen sind Unsinn.«
    Dóra
stöhnte leise. »Die Ärztin, bei der Alda gearbeitet
hat, wollte der Polizei Informationen zukommen lassen. So wie ich
sie am Telefon verstanden habe, ging es dabei um Alda.« Sie
machte eine Pause und massierte sich die Stirn. Die Kopfschmerzen
ließen nach, aber sobald Dóra ihre Hand sinken
ließ, kamen sie wieder zurück. »Hat sich durch
diese Informationen etwas geändert, das ich wissen
sollte?«
    »Die
Infos von Aldas Kollegin ändern nichts an Markús’
Position«, sagte Stefán. »Zum jetzigen Zeitpunkt
der Ermittlungen können wir noch nicht sagen, ob sie gut oder
schlecht für ihn sind.«
    »Könnte
der Mörder etwas mit Aldas Arbeit zu tun haben? Das
Medikament, mit dem sie getötet wurde, weist stark darauf
hin.«
    »Nein,
nicht mehr«, entgegnete Stefán ruhig. »Der
Mörder musste sich das Medikament nicht selbst
besorgen.«
    Dóra
schaute ihn nachdenklich an und verfluchte ihre Kopfschmerzen. Sie
hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Die Polizei musste
etwas über das Medikament herausgefunden haben, was darauf
hindeutete, dass es sich in Aldas Haus befunden hatte.
»Verstehe«, sagte sie nur. Mehr würde sie sowieso
nicht erfahren. {338 }»Habt ihr vor, mit dem Opfer in dem
Vergewaltigungsfall zu sprechen? Das Mädchen hatte ein Motiv.
Sie wird kaum glücklich über Aldas plötzliche
Meinungsänderung gewesen sein.«
    Der
Staatsanwalt warf sich in die Brust. Er trug einen dunklen Anzug,
der zweifellos ein Vermögen gekostet hatte. An seiner linken
Hand prangte ein breiter Ring, und Dóra hätte sich
nicht gewundert, wenn er diesen zur Feier des Tages poliert
hätte. Sie hatte dagegen keine Zeit gehabt, sich
zurechtzumachen, und wenn die Polizei nicht von dem Antrag auf
Verlängerung der U-Haft Abstand nahm, musste sie in die
Kanzlei, um sich umzuziehen. Sie bewahrte dort eine weiße
Bluse, eine dunkle Hose und bequeme Schuhe mit Absatz für
solche Notsituationen auf. Es machte schließlich keinen guten
Eindruck, wie eine Vogelscheuche vor Gericht zu erscheinen –
selbst wenn die Anwaltsrobe die Kleidung größtenteils
verdeckte. Aber sie musste wenigstens nicht ihren Ehering polieren.
»Dóra, ich weise dich darauf hin, dass es nicht deine
Aufgabe ist, uns bei den Ermittlungen zur Hand zu gehen«,
raunte der Staatsanwalt. »Das können wir sehr
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