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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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gut
alleine. Konzentrier dich lieber auf deinen
Mandanten.«
    »Du
meinst also, es sei nicht im Sinne meines Mandanten, den wirklichen
Mörder von Alda zu finden?«, blaffte Dóra
zurück. Ihre Wangen wurden heiß, aber ihre Wut
ließ nach. Sie wäre vermutlich auch enttäuscht,
wenn sie sich für nichts und wieder nichts aufgebrezelt und
ihren Schmuck poliert hätte. Dóra legte die Hände
in den Schoß und machte Anstalten aufzustehen. »Also,
wollt ihr eine Verlängerung der U-Haft beantragen? Dann muss
ich mich nämlich vorbereiten.«
     

    Stefán
warf seinem Kollegen einen Blick zu. »Ich würde dich
gerne kurz unter vier Augen sprechen«, sagte er zu dem
Staatsanwalt.
    Die Wirkung
des Kaffees ließ auf sich warten. Dóra hatte zwei
Tassen in sich hineingeschüttet, ohne dass die Kopfschmerzen
besser wurden. Es war kurz vor eins. Markús war jetzt in
Begleitung {339 }eines Wärters auf dem Weg vom Gefängnis
in die Stadt – ein schlechter Zeitpunkt, ihn anzurufen.
Dóra beschloss, seinen Sohn darüber zu informieren,
dass sein Vater womöglich freigelassen würde, ohne vor
Gericht erscheinen zu müssen. Dann konnte sich der Junge die
Fahrt zum Bezirksgericht sparen.  
    Das
Gespräch mit dem Jungen verlief völlig anders, als
Dóra es sich vorgestellt hatte. Er war so hektisch und laut,
dass ihr fast schwindelig wurde. Am Ende musste sie das
Gespräch unter einem Vorwand abbrechen. Wenn alles gutging,
konnte Markús sich hoffentlich bald wieder um ihn
kümmern.
    Zwanzig
Minuten später kam Stefán zurück. Er lehnte sich
an den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der
Brust.
    »Wir
haben eine Entscheidung getroffen.«
    »Und?
Wie lautet die?«
    »Wir
werden keine Verlängerung der Untersuchungshaft beantragen,
aber ein Ausreiseverbot«, antwortete Stefán und wich
ihrem Blick aus.
    »Ein
Ausreiseverbot?« Das war wesentlich besser als U-Haft. Und
ziemlich klug von den Kollegen, Markús freizulassen und ihn
dennoch festzuhalten. Dóra stand auf und presste ein
Lächeln hervor. »Am besten gehe ich mich schnell
umziehen. Bis nachher.«
    Was konnte man
sich innerhalb einer Viertelstunde über Ausreiseverbote
anlesen?
    »Dieses
Ausreiseverbot ist mir so was von egal, Dóra, darüber
brauchen wir gar nicht zu reden«, sagte Markús
triumphierend. »Ich fahre sowieso nicht gerne ins Ausland und
wollte in der nächsten Zeit nicht verreisen. Ich bin heilfroh,
aus dem Gefängnis zu kommen, das genügt mir.« Er
legte ihr die Hand auf die Schulter. »Tausend Dank und
entschuldige mein Misstrauen dir
gegenüber.«
    Dóra
erwiderte sein Lächeln. Ihre Kopfschmerzen waren verschwunden,
und sie fühlte sich ziemlich gut. »Wenn du zufrieden
{340 }bist, Markús, bin ich es auch. Jetzt können wir
nur hoffen, dass die Polizei den Schuldigen findet.«
    »Ganz
bestimmt«, sagte er zuversichtlich. »Sie werden ihn
schon noch finden – und wenn nicht, dann eben nicht.«
Er holte tief Luft. Es hatte aufgehört zu regnen, und die Luft
war nach den Schauern am Morgen klar. Sie gingen zu Dóras
Kanzlei im Skólavörðustígur, wo sein Sohn
wartete. Dóra hatte den Jungen dorthin dirigiert, denn sie
wollte nicht, dass er sich im Gerichtsgebäude aufhielt, falls
etwas schieflief.
    »Ein
wundervoller Tag.« Markús schien nicht nur mit
Dóra, sondern mit sämtlichen Passanten zu sprechen. Er
beklagte das Schicksal seines Vaters nicht länger, zumal
Dóra ihm erklärt hatte, dass sich angesichts von
Magnús’ Zustand nichts für ihn ändern
würde. Am schwierigsten würde es voraussichtlich für
seine Mutter, aber die war zäh und würde schon
darüber hinwegkommen. Außerdem urteilten die Leute nicht
so hart, wenn es sich um Rache für eine Vergewaltigung
handelte. Alda war ja fast noch ein Kind gewesen. Bei sexueller
Gewalt gegen Kinder hatte Dóra schon viele Eltern sagen
hören, dass sie den Täter umbringen
würden.
    »Ein
wirklich wundervoller Tag«, wiederholte Markús laut
und deutlich.
    Dóra
wollte ihm gerade zustimmen, als sie Aldas Mutter und ihre
Schwester Jóhanna von der Fríkirkja die
Lækjargata entlanglaufen sah. Sie hatten die Sarglegung
durchführen können, mussten die Leiche aber
anschließend wieder der Polizei übergeben. Die beiden
Frauen wurden von einem Beamten in Zivil
begleitet.
    Nachdem
Dóra der Polizei den Hergang des Verbrechens geschildert
hatte, erfuhr sie, dass man Alda bei der Obduktion die
Gebärmutter entnommen hatte. Sie war auf Kaiserschnittnarben
untersucht und anschließend wieder
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