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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro
Autoren: Andreas Izquierdo
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Leben war vergangen, aber es war, als wären sie nie getrennt gewesen. Genau wie Georg es gesagt hatte. Albert drehte sich zur Seite und hörte, wie die Zimmertür leise ins Schloss fiel.
    Draußen schwebten die Flocken durch die Nacht.
    Wie schön das doch war!

63.
    Anna machte aus ihrem Bild ein großes Geheimnis, und so sehr Albert auch darum bat, mal einen Blick darauf werfen zu dürfen, sie schmetterte jeden Versuch kategorisch ab. Er würde es erst zu sehen bekommen, wenn es fertig war, aber, so versprach sie, es würde etwas ganz Neues sein. Sie malte ihn so, wie sie ihn sah.
    »In einem Krankenbett?«, fragte Albert.
    Sie antwortete nur: »Lass dich überraschen.«
    Die Tage verliefen harmonisch.
    Anna ignorierte schlicht und ergreifend, dass Albert immer schwächer wurde, und Albert ignorierte das auch. Susanne kam immer noch jeden Tag und übernahm Aufgaben, für die Anna keine Zeit mehr hatte, denn sie musste mit dem Bild fertig werden, und als Susanne es sehen durfte, nickte sie und sagte genau wie Georg: »Das ist schön.«
    Etwa zur selben Zeit klingelte es an Mike Schulzes Wohnungstür. Er öffnete übermüdet und deprimiert die Tür und sah zu seiner großen Überraschung eine Krankenschwester, die auf einen Antragszettel sah und ihn fragte: »Herr Schulze?«
    »Ja?«
    »Sie haben Hilfe beantragt.«
    Mike war völlig verwirrt: »Ich?«
    Die Krankenschwester sah wieder auf ihren Zettel und antwortete: »Ja, Antragsteller: Mike Schulze. Das sind Sie, oder?«
    Mike konnte nicht anders als zu lächeln: Dieser Albert Glück hatte es doch tatsächlich geschafft! Er ließ die Schwester durch: »Oh, bitte, kommen Sie rein. Meine Mutter ist im Wohnzimmer.«
    Sie marschierte an ihm vorbei, während Mike noch einen Moment in der Tür stehen blieb und an Albert dachte.
    Dieser Glück! So ein Glück.

64.
    Der erste Advent kam.
    Susanne hatte einen Kranz gebracht und Anna den ganzen Tag gemalt. Als die Dunkelheit hereinbrach, stellte Anna eine Lampe neben das Bild und richtete den Schein auf die Leinwand aus. Der Rest des Zimmers lag bis auf eine einsam flackernde Adventskerze im Dunkeln.
    Albert ging es nicht gut, aber er klagte nicht. Er verschlief die Tage, weil ihn das Licht schmerzte. Nachts fühlte er sich zu erschöpft, um zu schlafen, so lag er nur auf der Seite und beobachtete Anna beim Malen.
    »Was macht eigentlich das Haus?«, fragte er.
    Anna blickte von der Staffelei auf: »Es wird toll. Sie kommen gut voran.«
    »Auch im Winter?«, fragte Albert.
    »Das ist heute alles kein Problem mehr. Im Januar können wir einziehen.«
    Albert antwortete nicht.
    »Wir werden einziehen«, betonte Anna.
    »Natürlich werden wir einziehen!«, lächelte Albert.
    Sie nickte zufrieden und widmete sich wieder ihrem Bild. Eine Weile sprach niemand etwas, dann sagte Albert: »Ich wünschte, ich hätte mein Leben nicht so verschwendet.«
    Anna blickte ihn erstaunt an: »Hast du?«
    »Hab ich nicht?«, fragte Albert zurück.
    »Nein, Albert, das hat alles seinen Sinn gemacht. Du bist deinen Weg gegangen, und nur so konnten wir uns finden. Du bist das, was du jetzt bist, nur, weil du vorher jemand anderes warst. Es gehört alles zusammen, verstehst du?«
    Albert war nicht sicher, ob er das verstand, aber Anna hatte so überzeugend geklungen, dass sie wissen musste, wovon sie sprach.
    »Macht es dir eigentlich etwas aus, dass wir nie geheiratet haben?«
    Anna zog konzentriert einen Strich über die Leinwand und antwortete fast beiläufig: »Wir sind verheiratet, Albert. Ich brauche keinen Ring, um das zu wissen.«
    Albert nickte. So einfach konnten Dinge sein!
    Er beobachtete Anna beim Malen und schlief zum letzten Mal in seinem Leben ein.

65.
    Albert erwachte am nächsten Vormittag und fühlte sich so gut wie seit Wochen nicht. Ja, es war ihm, als strotze er nur so vor Kraft, und weil Anna nicht im Raum war, beschloss er, die Morgentoilette ohne jede Hilfe zu erledigen, was ihm problemlos gelang.
    Anschließend stand er vor seinem Bett und hatte nicht die geringste Lust, wieder hineinzuklettern, denn die nackten Füße auf dem Boden fühlten sich gut an, das leichte Frösteln fühlte sich gut an, und wenn er seine Hände zu Fäusten ballte, fühlte sich das auch gut an.
    Sein Blick fiel auf die Staffelei.
    Die Gelegenheit war günstig, denn Anna würde sicher bald zurückkehren, und er war sehr gespannt auf ihre neue Kunst. Er ging auf das Fenster zu, blickte auf den Rücken der Leinwand und fragte sich, was sie wohl
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