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Das Gift des Boesen

Das Gift des Boesen

Titel: Das Gift des Boesen
Autoren: Vampira VA
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als ob dort im Erdreich gewühlt . nach etwas gegraben würde .
    Heilige Madonna, dachte Steen. Er war nicht in der Lage, seine ursprüngliche Absicht in die Tat umzusetzen und den Friedhof auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Er war überhaupt nicht fähig, irgend etwas zu tun.
    Eine ganze Weile stand er unter der Linde und lauschte den Geräuschen - bis sie aufhörten.
    Bis . die kleinwüchsige Gestalt zurückkehrte!
    Sie hatte etwas geschultert, das beinahe so groß war wie sie selbst.
    Steen, der sofort an das Grabgeräusch erinnert wurde, sank haltlos zu Boden und preßte sein Gesicht ins welke Laub. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Aberwitzige, monströse Gedanken, die ihm noch mehr Schweiß als ohnehin schon aus den Poren trieben.
    Nein, dachte er. Niemand tut so etwas!
    Aber hatte er nicht selbst ...?
    Die Erinnerung an das, was er getan hatte, legte erneut einen Schleier über seine Wahrnehmung. Aber auch über seine kurz aufgebrochenen Ängste. Suchend glitt sein Blick durch die mondhelle Nacht.
    Der Unbekannte hatte mit seiner Last den Weg zum Hinterausgang des Kirchhofs angetreten. Obwohl ein Brise aufgekommen war, in der das salzige Aroma des nahen Meeres mitschwang, bewegte sich der Stoff der Vermummung nicht im mindesten. Steif und reglos, als bestünden Umhang und Kapuze aus Holz, verhüllten sie die davoneilende Gestalt.
    Steen kam auf die Knie. Worauf wartest du? Verständige den Pfaffen -oder sag den Bütteln, was du grad' gesehen hast!
    Er wußte, warum er zögerte.
    Aber er wußte nicht, warum er schließlich - statt nach Hause zu-rückzuhinken und einfach so zu tun, als hätte er in dieser schwülwarmen, gewitterträchtigen Nacht seine Wohnung und Werkstatt niemals verlassen - den gleichen Weg einschlug wie das Unheimliche .
    *
    Das Haus stand geduckt und windschief am Ende der Straße, und Raoul Steens erster, natürlich unsinniger Eindruck war, daß die Nacht es über die Jahre hinweg unter ihrem unsichtbaren Gewicht zerquetscht hatte, die Nacht und die erdrückende Nähe der mächtigen Zitadelle .
    Alle Gebäude in der Hauptstadt des Roussilons, die zugleich auch Bischofssitz war, wurden von der gewaltigen Festungsanlage überragt - und fast alle von diesem Monument zur Nichtigkeit degradiert. Die umgebende Landschaft, in der Wein- und Gemüseanbau betrieben wurde, verdankte ihre Fruchtbarkeit dem gemäßigten Klima und einem sich sanft hindurch windenden Flüßchen namens Tet, an dessen Ufer Perpignan sich zum bedeutenden Handelszentrum entwickelt hatte.
    Hier jedoch, in dieser Gasse, war von all dem nichts zu spüren. Die Dunkelheit hatte eine beklemmende Qualität angenommen. Sie schien greifbarer als an irgendeinem anderen Ort, den der Uhrmacher je betreten hatte.
    Steen glaubte nicht, daß es einfach nur daran lag, daß der helle Mond inzwischen von Wolken verhüllt wurde. Der salzige Wind war aufgefrischt und hatte das Gewitter näher heran getrieben.
    Steen zog den Kopf zwischen die mageren Schultern. Auf den Krückstock gestützt, stand er unter einem überhängenden Strauch gegenüber dem Haus, in dem der unheimliche Kerl verschwunden war.
    Daß es ein Kerl war, war für Steen mittlerweile unzweifelhaft. Denn er kannte diese Adresse!
    Obwohl - kennen vielleicht übertrieben war. Er war, wie fast jeder Bürger der Stadt, den die Neugierde dazu verleitet hatte, schon einmal hier vorbeigehumpelt, seit aberwitzige Gerüchte über den neuen Besitzer kursierten, der sich offenbar nie in der Öffentlichkeit zeigte. Die eine Fraktion der Wichtigtuer meinte, er sei ein Mystiker und religiöser Schwärmer, der in der Abgeschiedenheit an einem ketzerischen Schriftsatz gegen die Kirche arbeite. Die Mehrheit aber hielt ihn für einen Alchimisten, der versuchte, den alten Traum zu realisieren und das edelste aller Metalle - Gold! - aus unedlen Stof-fen zu gewinnen.
    Diejenigen, die solches verbreiteten, verfügten angeblich auch über Beweise für ihre Behauptungen. Ein Krämer beispielsweise schwor Stein und Bein, daß sich unter den wöchentlichen Lebensmittellieferungen, die der Hauseigentümer von einem Boten in seinem Laden abholen ließ, auch so auffällige Ingredienzen wie Merkur, Sulphur oder Sal 1 befanden ...
    Der Uhrmacher löste sich von seinem Beobachtungsplatz. Das Haus am Ende der Straße war das einzige, hinter dessen Fenstern um diese Stunde noch Licht brannte. Aber ein Licht mit der absurden Eigenschaft, hinter den Scheiben zu bleiben. Kein noch so vager Schimmer
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