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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versuchten den Watzmann im Berchtesgadener Land zu besteigen und fielen einem Steinschlag zum Opfer. Der Traum drehte die wirklichen Ereignisse um, denn ein Steinschlag in der Watzmannostwand war dem Ehemann Nancys zum Verhängnis geworden.
    Der nächste Tag war der letzte der Reise über den Atlantik. Moderne Luxusschiffe überwinden auch eine solche Strecke in relativer kurzer Zeit. Nach dieser Nacht hatte Nancy schon sehr früh von ihrem Bett genug und kam als erste aus ihrer Kabine. Am Frühstückstisch ließ John Miller noch eine Weile auf sich warten. Nancy hatte gerade Platz genommen, als ein Mann von der Besatzung, den sie noch nie gesehen hatte, erschien und den Tisch mit einem herrlichen Blumenstrauß versah. Nachdem es sich dabei um eine Einzelaktion handelte, die anderen Tische also unbedacht blieben, fragte Nancy den Mann: »Warum das?«
    »Auf Veranlassung Ihres Mannes«, antwortete er.
    »Sie meinen Mister Miller?«
    »Ja.«
    »Er ist nicht mein Mann.«
    »Verzeihen Sie«, sagte er überrascht. »Dann hat man mir etwas Falsches gesagt. Ich bin der Gärtner, Ma'am.«
    »Was?« staunte Nancy. »Der Gärtner?«
    »Darüber haben sich schon viele gewundert«, erwiderte er grinsend. »Das ist etwas, das uns die Flugzeuge – unsere Konkurrenz – nicht nachmachen können.«
    »Was geschieht mit den Blumen nach dem Frühstück?«
    »Sie werden weggeworfen, Ma'am.«
    »Können sie nicht zum Mittagessen stehen bleiben?«
    »Zum Mittagessen liegt mir schon wieder ein neuer Auftrag von Mister Miller vor.«
    »Aber das ist doch Verschwendung!« rief Nancy.
    Der Gärtner blickte sie an, als ob sie einen dummen Witz gemacht hätte.
    »Ma'am«, sagte er nachsichtig, »Sie wissen genau, für Mister Miller wäre es vielleicht Verschwendung, wenn er unser Schiff kaufen und es versenken würde.«
    »Das weiß ich nicht!« stieß Nancy hervor.
    »Er ist einer der reichsten Männer Amerikas, Ma'am.«
    Einer der reichsten Männer Amerikas? Wenn das nichts hieß! Nancy Moosrainer verstummte.
    Als John auftauchte, hatte sie sich dann schon wieder gefangen und teilte ihm mit: »Ich hatte bereits ein interessantes Gespräch …«
    »Mit wem?« fragte er, die Serviette auseinanderfaltend.
    »Mit dem Gärtner.«
    »So?«
    »Ich habe ihn gefragt, ob die Blumen nicht zum Mittagessen stehenbleiben können.«
    »Da gibt's neue, Nancy.«
    »Eben«, nickte sie. »Und das möchte ich nicht, John.«
    »Warum nicht? Es ist doch unser letzter Tag auf dem Schiff. Bald nach dem Essen legen wir in New York an. Deshalb habe ich das veranlaßt.«
    »Widerrufen Sie das bitte.«
    »Nancy –«
    »Für meine Begriffe werfen Sie das Geld zum Fenster hinaus, John. Nicht meinetwegen bitte, auch wenn Sie einer der reichsten Männer Amerikas sind.«
    »Wer sagt das?«
    »Der Gärtner.«
    »Der ist ein Idiot!«
    »Diesen Eindruck hatte ich nicht.«
    John Miller war sichtlich verärgert.
    »Wie kommt er dazu, herumzuquatschen«, schimpfte er, »statt einzig und allein seinen Auftrag auszuführen und wieder zu verschwinden!«
    Nancy betrachtete die Blumen und sagte: »Sie sind wunderschön. Es wäre jammerschade um sie. Ich werde sie mir vom Steward geben lassen, ehe ich von Bord gehe. Sie haben mir eine große Freude gemacht, John. Es war nett, Sie kennenzulernen. Vielleicht fällt mir auch noch ein kleines Geschenk für Sie ein, bevor wir uns trennen.«
    John sah sie an. Was er dann sagte, schien er sich schon länger überlegt zu haben.
    »Nancy, reden Sie nicht so, als ob wir uns nie wiedersehen würden.«
    »Glauben Sie denn etwas anderes, John?«
    »Ja, das glaube ich!« erklärte er mit Nachdruck.
    »Ich nicht«, sagte sie. »Man weiß ja, wie das mit Reisebekanntschaften so geht.«
    »Nicht mit allen, Nancy.«
    Plötzlich stand sie rasch auf und sagte: »Moment, John, ich komme gleich wieder, entschuldigen Sie mich eine Minute …«
    Es war ihr eingefallen, was sie ihm schenken könnte. Er sah ihr nach und lachte: Von hinten sieht sie noch jünger aus als von vorn. Darüber freute er sich, weil er wußte, daß diesen Vorzug ganz wenige Frauen im reiferen Alter aufweisen. Dann tadelte er sich innerlich. Als wenn das für mich alten Esel noch wichtig sein dürfte, dachte er.
    Nancy kam zurück und legte ihm mit den Worten »Für Sie« einen Gegenstand auf den Tisch, den er mit Interesse musterte. Er glaubte ihn bei seinem Besuch an den Hüten vieler Männer gesehen zu haben.
    »Ein Gamsbart«, sagte Nancy. »Sie wissen, was das ist?«
    »Man trägt
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