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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)
Autoren: Peter Orullian
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später entrang sich Quietus’ Kehle ein ohrenbetäubendes Geheul. Wogen aus Hell und Dunkel schossen durch die Luft und wurden von jeder Oberfläche zurückgeworfen. Wie ein lebendiges, rasendes Untier tobte dieser urtümliche Schrei, verschonte nichts, riss ohne Unterschied an allem und jedem. Binnen eines Wimpernschlags wurden Materie und Energie zu einem neuen Nutzen gezwungen und mit unvorstellbarer Geschwindigkeit hinausgeschleudert, auf dass sie das Land verwüsteten und das vielfältige Leben vernichteten, das darauf seinen Platz erhalten hatte.
    Einer nach dem anderen erhoben sich die Mitglieder des Rates. Jeder von ihnen bildete mit den Händen ein persönliches Zeichen, um Dossolum zu unterstützen. Alle fügten ihre Kraft seiner Macht im Allwillen hinzu. Damit erstickten sie Quietus’ gewaltigen Schrei, ehe dieser die junge Welt vollends vernichten konnte.
    »Dies wird das sichtbare Mal deiner Schande sein, dass du nach außen hin vorgabst, im Interesse anderer zu handeln, doch im Geheimen deine eigenen frevelhaften Pläne hegtest«, verkündete Dossolum mit schallender Stimme. »Von diesem Augenblick an wirst du Ars und Arsa nicht mehr von allein lenken. Nur um einen persönlichen Preis wirst du die Macht gebrauchen können.«
    Inmitten des Tumults begann alle Farbe aus Quietus zu rinnen. Seine Gewänder wurden weiß gebleicht, aller Lebendigkeit beraubt. Bald darauf zogen sich alabasterne Strähnen durch sein Haar, von den Wurzeln bis zu den Spitzen. Während der Wind heulte, wand sich Quietus im Kampf darum, die Herrschaft über seine körperliche Gestalt nicht zu verlieren. Mit einer letzten Kraftanstrengung drängte er das Weiß zurück und brachte Farbe in sein Haar, Grau auf seinen Umhang. Er bleckte die Zähne und kniff vor geballter Konzentration die Augen zusammen.
    Die Stille bäumte sich gegen die vereinten Kräfte des Rates auf. Maldaea suchte dieser jungen Welt seinen eigenen Willen aufzuzwingen, ihr alle Hoffnung und alles Potenzial zu rauben. Dann erlahmte die Kraft des Einen abrupt. Der Klang vieler Stimmen, die sich in rhythmischen Versen erhoben, übertönte den Lärm des Windes und des ächzenden Steins, und Maldaeas – Quietus’ – Haut färbte sich wieder blass. Dampf quoll aus seinen Poren, der rasch vom tosenden Wind erfasst und davongeweht wurde. Er schauderte, schleuderte seinen Brüdern Verwünschungen entgegen und verfluchte jeden Einzelnen von ihnen. Schließlich war keinerlei Farbe mehr an ihm, außer in seinen Augen. Er fiel hart auf die Knie.
    Dossolum sprach erneut mit einer Stimme wie tosende Wasser. »Die abscheulichen Kreaturen, die du hervorgebracht hast, werden wie Tiere zusammengetrieben und in die Tiefen des Borns im Westen und Norden verbannt: Bar’dyn, Fe’Rhal, Velle, all jene, die dir nach Abstammung oder Gefolgschaft angehören.«
    Quietus, halb zerstört an Körper und Stimme, stieß heisere Vorwürfe gegen Dossolum hervor. »Und eure eigenen Schöpfungen? Was kümmert euch ihr Schicksal, wenn ihr diese Welt im Stich lasst?«
    Ein Anflug von Kummer huschte über Dossolums Gesicht, als er gen Himmel blickte. »Manche von ihnen werden mit deinen Stilletreuen in die Einöde verbannt.«
    »Ich verstehe«, brachte Quietus sarkastisch heraus. »Eure eigenen Werke, von denen ihr euch nicht allzu viel versprecht, werden mit jenen weggeschlossen, die ich hervorgebracht habe. Ihr seid erbärmlich!« Wieder zeigte er mit ausgestrecktem Arm in einem zornigen Halbkreis auf den gesamten Rat. »Was, wenn sich ein Teil davon weigert, sich von euch zu etwas zwingen zu lassen?«
    Dossolum senkte den Kopf und begegnete Quietus’ Blick. »Dann werden sie vernichtet. Wir umgeben den Born mit einem Schleier, der die Übrigen darin einschließen wird. Und schenken damit jenen, die in den Ostlanden verbleiben, zumindest ein wenig Frieden und Hoffnung.«
    »Und was wird aus mir?« Quietus erhob sich, und von der Anstrengung brannte seine Haut.
    »Du wirst in Bande geschlagen und mitsamt dem Abschaum, den du erschaffen hast, hinter den Schleier verbannt bis in alle Ewigkeit.«
    Während er diesem Urteil lauschte, leuchtete sein abscheuliches Antlitz vor gleißendem Hass auf den Rat, umso schrecklicher anzuschauen wegen der verbliebenen Farbe in seinen Augen – wie ein verkümmerter Rest des Edlen, der er einst gewesen war.
    »Ich bin so ewig und unvergänglich wie ihr. Ihr könnt mich zeichnen und mir den Ruhm und die Herrlichkeit der Gestaltung künftiger Welten nehmen. Doch
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