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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen
Autoren: Phil Rickman
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Nicks Stimme voll düsterer Verzweiflung. Lol hatte die Musik ausgemacht, ehe er die Tür öffnete. Merrily hatte ihn alarmiert angestarrt, in seinen Augen aber keine Verzweiflung gesehen, nur eine gewisse Verwirrung.
    «Davon abgesehen», sagte sie, «soll ich beim Ortsgeistlichen wohnen. Sie haben in Garway im Moment keinen Pfarrer, deshalb übernimmt ein pensionierter Typ so lange die Gottesdienste. Er und seine Frau bieten Bed & Breakfast an. Wie sieht das denn aus, wenn ich da mit meinem Freund auftauche?»
    «Was ist mit Jane?»
    «Jane bleibt hier. Sie darf im Moment in der Schule nichts verpassen. Eine Hilfspfarrerin namens Ruth Wisdom soll sich um die Gemeinde kümmern. Berufserfahrung sammeln. Sie ist o.k. Und es ist auch nicht mehr zu befürchten, dass Jane sie zur Selbstverstümmelung treibt, und sie –»
    Merrily sah auf. Hinter Lols Stuhl stand eine Frau.
    «Entschuldigung. Sie müssen einfach Lol Robinson sein.»
    Sie war groß und sehr schlank. Sie gehörte zu einer Gruppe junger Frauen mit schicken Cocktails, die mit dem Rücken zur Bar standen. Sie alle sahen jetzt zu Lol herüber und kicherten hinter vorgehaltener Hand.
    «Niemand muss irgendjemand sein», sagte Lol.
    Mr. Geheimnisvoll. Die Frau beugte sich jetzt über ihn, ihr glänzendes schwarzes Kleid wie Öl an einem Messstab, eine kleine Brust berührte fast seine Wange.
    «Lol, ich wollte nur sagen, wir haben alle
The Baker’s Lament
im
Flicks
gesehen, in der Preview, und es war … absolut toll. Vor allem die Musik, natürlich. Aber, hey, als ich die CD in Hereford kaufen wollte, hatten sie sie nicht. Niemand hatte sie.»
    «Na ja, es … das dauert alles», sagte Lol.
    «Und da hab ich gesagt: Dieser Typ kommt doch von
hier,
oder? Und der Verkäufer hat dann zugegeben, dass er allein an dem Tag fünfzehn Bestellungen hatte! Fünfzehn Bestellungen an einem Vormittag! Ich schätze, Sie brauchen eine bessere Plattenfirma, Mr. Robinson. Ich konnte es nicht mal downloaden.»
    «Na ja, darauf waren sie wohl nicht vorbereitet», sagte Lol. «Waren wir eigentlich alle nicht. Wir hatten eigentlich –»
    «Also, ich muss sagen, ich liebe es. Ich hoffe, es macht nichts, dass ich zu Ihnen rübergekommen bin?»
    «Äh, nein», sagte Lol. «Macht gar nichts. Danke.»
    Die junge Frau richtete sich auf. Genau wie ihre unübersehbaren Brustwarzen. Sie sah Merrily an und lächelte.
    Merrily fühlte sich klein und schäbig und alt.
    «Ist er nicht süß?», sagte die Frau.
     
    Auf dem Rückweg über den Dorfplatz mied Lol das cremige Licht der falschen Gaslaternen; Merrily war einen Schritt hinter ihm.
    «Fünfzehn Bestellungen? An einem Vormittag?»
    «Sie hat vermutlich übertrieben.»
    «Warum sollte sie?» Merrily setzte ihre wollene Baskenmütze auf und zog den Reißverschluss ihrer abgewetzten Fleecejacke zu. «Sie kennt dich nicht. Obwohl sie den Leuten jetzt sicher erzählen wird, dass sie dich kennt.»
    «Ein kleiner Song in einem unwichtigen Film?»
    «So unwichtig ist er jetzt nicht mehr. Und weißt du was? Die Leute werden sich an den Song noch erinnern, wenn sie den Film schon fast vergessen haben. Weil er irgendwie die Stimmung eingefangen hat. Den Zeitgeist … was auch immer. Du bist jetzt angesagt, Laurence.»
    «Das ist total unwirklich.» Lol schüttelte den Kopf, als wollte er ihn klar kriegen nach seinen zwei halben Bier. «Es ist nur ein unwahrscheinlicher Zufall.»
    Manchmal wollte man die Hände um seinen Hals legen und …
    Es war jetzt mehr als ein Jahr her, seit dieser junge Typ, Liam Brown, der gerade erst mit der Filmhochschule fertig war, Lol geschrieben und ihm von seinem selbstfinanzierten Liebesfilm erzählt hatte. Davon, wie dringend er «The Baker’s Lament» auf dem Soundtrack haben wollte, nachdem er das Lied auf Lols Album,
Alien
, gehört hatte. Allerdings war er sich nicht sicher, ob er sich das leisten konnte. Benutz ihn einfach, hatte Lol gesagt, wie Lol es eben so machte. Er hatte ihm drei Versionen des Songs geschickt, inklusive einer unveröffentlichten Instrumentalversion, und das Ganze dann wieder vergessen. Er hatte es nicht mal Merrily gegenüber erwähnt, bis Mitte Juli, als die erste DVD kam.
    The Baker’s Lament.
Dort stand es, auf dem Cover, über einem Brotmesser, das in einem Laib Brot steckte. Der Typ hatte den Film nach dem Song benannt.
    Er hatte ihn mit unbekannten Schauspielern gedreht, die eine Art Arbeitskollektiv gebildet hatten. Lol und Merrily hatten den Film zusammen im Pfarrhaus
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