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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen
Autoren: Phil Rickman
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war das Licht so lila wie ein blauer Fleck, der Geruch nach Verwesung war noch schlimmer geworden, und die zwei Bettgestelle sahen aus wie mittelalterliche Folterinstrumente, mit denen man Geständnisse erzwang, dachte Merrily.
    Das Weihwasser glitzerte violett.
    Merrily sagte: «Vater im Himmel, der Du niemals schläfst. Segne dieses Zimmer und beschütze all jene, die in … in diesen Mauern Ruhe suchen.»
    Muriel Morningwood zupfte Spinnweben von Merrilys Albe. Im Nachhinein war die Albe keine gute Idee gewesen.
    In einer Ecke des Zimmers waren Bodendielen, Steine und Zement entfernt worden, sodass das Priesterloch zu sehen war. Aus einem schrägen Winkel konnte man hinunter in den Kamin blicken, wo Murray noch weitere Steine entfernt hatte, damit die Knochen direkt in die bereitstehenden Säcke fielen.
    Merrily ließ sich in die Vertiefung hinab, die sie umschloss wie eine Falle. Schutt, Dreck, ein strenger Geruch. Sie wollte nicht atmen. Es schnürte ihr die Kehle zu, und sie dachte an die Würgemale an Muriels Hals.
    Viel hätte es nicht mehr gebraucht.
    Du würdest mich nicht erkennen Muriel. Von mir ist nichts mehr da so dünn bin ich und mein Kopf fühlt sich manchmal an wie ein faules Ei …
    «Oh Gott, segne diesen Ort, an dem Mary gelegen hat …»
    Die Worte kamen krächzend heraus, und Merrily verspritzte das Weihwasser.
    Mary hatte hier überhaupt nicht gelegen. Wahrscheinlich war ihr Körper einfach nur in das Priesterloch gestopft worden, tot und jeder verbliebenen Würde beraubt.
    «… möge ihr Geist in Frieden ruhen und möge das Licht Jesu Christi auf sie und diesen Ort fallen.»
    Als sie fertig war, hatte Mrs. Morningwood sich abgewandt.
    «Sie hat nie behauptet, eine Heilige zu sein. Wahrscheinlich wollte sie Geld von ihnen. Sie hatte ein Kind zu versorgen, sie wollte ja nicht für immer in Tepee bleiben.»
    «Was uns zu Fuchsia führt», sagte Merrily. «Mit der alles anfing – für uns beide, vermute ich.»
     
    Mrs. Morningwood stand, mit der Brille in der Hand, oben an der Treppe, beleuchtet von einem schrägen Lichtstrahl, der durch ein gesprungenes Dachfenster fiel. Merrily stand drei Stufen unter ihr.
    «Ich war … nicht hundertprozentig ehrlich, was Fuchsia betrifft.»
    «Was Sie nicht sagen.»
    «Als sie zum ersten Mal zu mir kam, mit Barlow …»
    «Und Sie Fuchsia erkannten …»
    «… da musste ich sie natürlich noch mal treffen, allein. Ich hab es ihr zugeflüstert, als sie gingen, und sie kam am selben Nachmittag wieder. Ich hab sie auf die Chaiselongue gesetzt und ihr einen Kräutertee gemacht, zur Entspannung.»
    Mrs. Morningwood trat auf dem Treppenabsatz einen Schritt zurück, offensichtlich aufgewühlt.
    «Ich habe sie gefragt, woher sie ihren Namen hat, Fuchsia, und sie sagte, sie wüsste es nicht. Sie sagte, die Leute hätten ihr gesagt, es sei eine Figur von Mervyn Peake. Sie hatte
Titus
gelesen und mochte diese Art Bücher sehr. Und dann habe ich sie gefragt, ob ihr M. R. James auch gefällt, weil er in Garway gewesen sei, und es stellte sich heraus, dass sie einige seiner Erzählungen gelesen hatte. Und dann habe ich ihr die Geschichte erzählt, die ich Jane erzählt habe, die Geschichte, die ich von meiner Mutter gehört habe.»
    «Warum?»
    «Ich habe ihr mehrere Geschichten aus der Gegend erzählt. Sie haben ihr unheimlich gefallen, sie wollte unbedingt mehr hören. Und ich … ich wollte, dass sie mir vertraut. Wir sind dann zu einem Spaziergang auf dem Hügel aufgebrochen, wo Mary und ich vor all diesen Jahren zusammen langgegangen sind. Und da habe ich es ihr erzählt.»
    Mrs. Morningwood schüttelte traurig den Kopf. Sie trug ein cremefarbenes Baumwollkleid und eine graue Strickjacke und wirkte geradezu sittsam.
    Merrily sagte: «Und?»
    «Und alles wurde anders … Ich dachte, sie nimmt mich auf den Arm … ich dachte, sie meint es nicht ernst, wissen Sie? Ich sehe sie noch vor mir, wie sie rückwärts ging, der Sonne entgegen. Mit ausgestreckten Armen, um mich abzuwehren. Sie wollte es nicht wissen. Sie wollte nichts über ihre Mutter
wissen
. Sie hatte ihre eigene unklare Vorstellung von Mary. Eher Prinzessin als Prostituierte.»
    Eine Zeitlang hat sie auf einer Lichtung im Wald Feuer gemacht
, hatte Felix gesagt,
und im Rauch nach Mary Ausschau gehalten.
    «Was haben Sie ihr gesagt, was mit Mary passiert ist?»
    «Dass sie verschwunden ist. Ich hab versucht, das Elende daran herunterzuspielen, aber der Schaden war schon angerichtet. Sie
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