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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman
Autoren: David Baldacci
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und vereisten Tragflächen rechnen, doch für den unerschütterlichen Cap hatten solche Unbilden der Witterung keine Bedeutung – sein Ziel hieß weiterhin Chicago. Toms Lebensgeister unternahmen einen Höhenflug; der Beginn jeder Reise ließ seinen Adrenalinspiegel gewaltig steigen. Sein letzter veröffentlichter Artikel – er war in einem Gesundheitsmagazin erschienen – hatte die wundersame Wirksamkeit einer sechswöchigen Diät behandelt, die ausschließlich aus reifen Pflaumen und der ständigen unmittelbaren Nähe zur nächsten Toilette bestand. Deshalb war Tom jetzt geradezu begierig auf alles, was auch nur halbwegs ein Abenteuer zu werden versprach.
    Er ging zum vorderen Zugende und sah die beiden dieselelektrischen Lokomotiven, die den Cap ziehen würden. Er hatte einiges über diese Ungetüme gelesen. Es waren P-42er von General Electric, jeweils fantastische 130 Tonnen schwer und ausgestattet mit 16 Zylindern, die 4250 PS erzeugten. Während Toms Blick auf diesen mächtigen Lokomotiven ruhte, stellte er sich vor, wie wirkungsvoll sie auf dem verstopfen Washingtoner Autobahnring einzusetzen wären: Was eine P-42 nicht überholen konnte, rollte sie platt.
    Als er auf einem Nebengleis zurückging, erblickte er einen alten, jagdgrünen Eisenbahnwaggon, der sein Interesse weckte. Ein Amtrak-Angestellter hielt sich in der Nähe auf. Tom erkundigte sich bei ihm, um was für einen Waggon es sich handelte. »Das ist der alte Eisenbahnwaggon von Franklin D. Roosevelt, der Marco Polo , Zug Nummer sieben«, antwortete der Eisenbahner. »Er gehört jetzt der Norfolk and Southern. Dort, auf dem Gleis, bewirten sie immer ihre VIPs.«
    Während sie den Wagen betrachteten, hielt eine Stretchlimousine unter dem Fußgängertunnel unweit des ehemaligen Roosevelt-Waggons.
    Tom zeigte auf die Limousine. »Gibt Roosevelt heute ein frühes Abendessen? Mal wieder mit Churchill und Stalin?«, fügte er mit einem Grinsen hinzu.
    Der Mann verstand den Witz nicht. »Nee, das ist irgendein hohes Tier, das mit dem Cap Limited fährt. Die bringen die Promis immer auf diesem Weg her. Unter dem Bahnhof ist ’ne Rampe, da kann die Limousine dann wieder rausfahren. Wir bieten diesen Service, wenn Fahrgäste unbemerkt bleiben wollen, ähnlich wie auf Flughäfen, wo schon mal Filmstars ohne Aufsehen in die Maschinen geschmuggelt werden.«
    »Wer ist denn dieses hohe Tier, das in meinen Zug steigt? Wahrscheinlich irgendein Politiker, stimmt’s?«
    Der Mann sah Tom kopfschüttelnd an. Er schien ein Eisenbahnveteran zu sein und konnte sicherlich jede Menge sensationelle Geschichten erzählen, wenn Tom nur die Zeit gehabt hätte, ihm zuzuhören. »Wenn ich Ihnen das verraten würde, wär’s ja kein Geheimnis mehr, oder?«
    Tom wartete noch ein paar Sekunden, um zu sehen, wer aus der Limousine stieg, doch niemand ließ sich blicken. Allerdings waren die Aussichten, den Betreffenden irgendwann doch noch zu Gesicht zu bekommen, sehr günstig, denn sobald der Star sich im Zug befand, würde er Schwierigkeiten haben, sich ständig zu verstecken. Was brauchte ein Reporter mehr als einen Zug in voller Fahrt, einen Kugelschreiber, Papier, ein gutes Fernglas und vielleicht noch die Zusicherung, vor gerichtlichen Klagen verschont zu werden, um jeden Tag mindestens einen VIP an die Öffentlichkeit zu zerren?
    Diesmal bestand die Anordnung des Cap – in der Eisenbahnersprache »Wagenstand« genannt – aus zwei Lokomotiven, einem Gepäckwagen, drei Personenwagen, einem Speisewagen, zwei Schlafwagen und einem kombinierten Liege- und Übergangswagen. Im Übergangswagen war der größte Teil des Zugbegleitpersonals untergebracht. Der Wagen verfügte über verschiedene Treppen und Türen, die es ermöglichten, von den Doppelstock-Waggons in die normalen, einstöckigen Waggons zu gelangen – daher die Bezeichnung »Übergangswagen«. Tom ging weiter bis zu einem Schlafwagenbegleiter, dem er seine Fahrkarte zeigte.
    »Einen Schlafwagen weiter, Sir. Regina wird sich um Sie kümmern«, erklärte der Angestellte.
    Tom setzte seinen Weg fort. Regina stand vor einem imponierend großen, ungefähr fünf Meter hohen, doppelstöckigen Eisenbahnwaggon, der in der Amtrak-Sprache »Superliner« genannt wurde. Diese Superliner waren die schwersten Personenwaggons der Welt. Zwar wurden Eisenbahnen von vielen Leuten als antiquiertes Transportmittel betrachtet, für Tom jedoch hatten sie unbestreitbar etwas Besonderes. Er hatte die meisten klassischen Spannungsromane
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